Sternenfaust - 177 - Verräter unter uns!
oder Mrs. Xü etwas hören, verständigen Sie mich bitte.«
»Selbstverständlich, Mrs. Barnes.«
Margaret wollte sich schon umdrehen, als die Sekretärin einen Speicherchip ergriff und ihr hinhielt.
»Übrigens, hier sind die Reaktionen auf die gestrige Pressekonferenz«, sagte Tonios Sekretärin mit verdächtig zuckenden Mundwinkeln. »Besonders die Letzte ist interessant – Far Horizon hat Ihnen ein Jobangebot gemacht.«
Darüber konnte Margaret nun überhaupt nicht lachen. Sie schnappte den Chip und eilte in ihr Büro.
Ihr knurrte der Magen. Zu Hause hatte sie keine Lust auf ein Frühstück gehabt, zu sehr hatte sie sich über den Kühlschrank geärgert, der erneut einen Liter Frischmilch für Tonio über die Rohrpost bestellt hatte.
»Charles!«, rief sie, noch ehe die Tür ganz aufgeschwungen war, doch sein ergebenes »Ja, Mrs. Barnes?« blieb aus. Noch ein Vermisster?
Margaret konnte sich das beim besten Willen nicht vorstellen, und die sorgfältig parallel zur Schreibtischkante ausgerichtete Warmhaltebox von Hot’n’Cold bestätigte denn auch, dass Charles zumindest im Haus war. Die Abwesenheitsnotiz des e-Pads auf seinem Schreibtisch besagte, dass er sich in der Kantine befand.
Bevor sie darauf wartete, dass Charles zurückkehrte, konnte sie auch genauso gut in die Kantine gehen, um dort eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen. Der Speicherchip lief ihr nicht weg.
*
Als sie im 43. Stock aus dem Lift stieg, sah sie auf den ersten Blick, dass keine besonders gute Stimmung herrschte. Eine Gruppe von zwanzig Personen saß um zusammengeschobene Tische und machte lautstark ihrer Wut Luft.
»Bernhard hat mich gestern versetzt«, sagte Charles weinerlich. »Könnt ihr euch das vorstellen?«
»Mich hat mein Verlobter gestern auch versetzt«, sagte eine Frau in Gärtnerskluft, die im Graslabor arbeitete. »Er hat nicht einmal angerufen! Dabei habe ich extra sein Lieblingsessen bestellt.«
»Ich habe sogar für ihn gekocht!« Das war typisch für Charles. Erst spielte er das Hausmütterchen für seine Liebhaber und dann wunderte er sich, wenn sie sich von seiner Fürsorge erdrückt fühlten.
»Vielleicht hat Bernhard es sich nach dem Angriff der Fremden anders überlegt«, sagte Margaret.
»Oh, Mrs. … Barnes«, stotterte Charles. »Ich … habe Sie gar nicht kommen sehen. Brauchen Sie mich?«
»Nein, schon gut«, sagte Margaret. »Ich kann mich hier selbst versorgen. Aber wie war das mit Bernhard?«
»Gleich nach dem Angriff hat Bernhard mich angerufen, ob es bei unserer Verabredung bleibt, aber dann ist er nicht gekommen und erreicht habe ich ihn auch nicht mehr. Erst am Morgen hat er sich bei mir gemeldet. Er hat von einem Licht gefaselt und dass er eingeschlafen sei.«
Margaret zog die Augenbrauen hoch. »Das ist ja keine besonders originelle Ausrede.«
Charles nickte, und sein Gesichtsausdruck verriet, dass er ähnlich dachte.
»Das ist noch gar nichts!«, ereiferte sich Tom Weber, ein Mann um die Vierzig im maßgeschneiderten Business-Nadelstreif aus Yün Xüs Abteilung. »Meine Frau und ich wollten gestern unseren Hochzeitstag mit Freunden in der Rooftop-Bar des Sheraton on Fourth feiern. Vierzig Gäste – und wer kommt nicht? Sie!«
»Das darf doch nicht wahr sein«, sagte Charles.
»Doch«, sagte Weber. »Ich sitze zwischen den Gästen, kann nicht weg, und erreiche sie nicht einmal über ihr Armband-Kom. Und wie ich um drei nach Hause komme, liegt sie seelenruhig im Bett und sagt, sie hätte verschlafen!«
»Heute Nacht müssen wohl einige verrückte Sachen passiert sein«, überlegte Margaret laut und erzählte, was sie in der Nacht erlebt hatte.
Die meisten schüttelten verwundert den Kopf, nur Charles grinste dreckig, was aber glücklicherweise niemandem außer ihr auffiel.
Margaret ging zum Getränkeautomaten und drückte sich einen Syntho-Drink. Nachdenklich ging sie zurück in ihr Büro.
*
Durch die Sonnenblenden blickte Margaret auf den Regierungsberg, der mit dem Regierungspalast annähernd so hoch wie die höchsten Gebäude von Central City war.
Gab es noch mehr solcher Fälle, wie sie eben gehört hatte? Margaret setzte sich an den Schreibtisch und aktivierte den großen in der Tischplatte eingelassenen 3D-Schirm. Vielleicht wusste das Wega-Netz mehr?
Normalerweise war sie ein Profi im Auffinden von relevanten Informationen, sonst hätte sie damals als Journalistin nicht bestehen können, aber heute fühlte sie sich von Spam-Einträgen verfolgt. Wie auch
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