Sternenfaust - 179 - Zwei Schicksale für Shesha'a
war es natürlich unvermeidlich. Dana Frost wird immer am Brennpunkt eingesetzt.«
»Wenn es nach euch gegangen wäre, säße ich doch schon längst nicht mehr hier. Nachdem eure kleine Eingreiftruppe mein Schiff enterte, wären wir beinahe vernichtet worden.«
»Nicht immer bevorzugen wir es, das Original auszulöschen.«
»Was wollen Sie noch von mir? Sie haben mich bereits kopiert.«
Nummer 8 stellte in einer bedächtigen Bewegung das Wasserglas zurück auf den Tisch. Auf ihren Lippen lag nun der Hauch eines Lächelns. »Das ist eine gute Frage. Ich war in der Tat neugierig.«
Die Müdigkeit war mittlerweile vollständig verschwunden und Dana fiel es zunehmend leichter, klare Gedanken zu fassen.
Eine Fluchtmöglichkeit sah sie nicht. Mit Sicherheit hatten die Gemini Wachen vor ihrer Zelle postiert. Zudem konnte Nummer 8 vermutlich jeden Fluchtgedanken vorausahnen.
»Ist es die Sehnsucht, das Original kennenzulernen? Weil Sie wissen, dass alles, woran Sie sich erinnern, ich tatsächlich erlebt habe? Weil Sie tief in Ihrem Inneren ahnen, dass eine Kopie nicht an das Original herankommt?«
Nummer 8 zuckte mit den Schultern. »Wir sehen das natürlich etwas anders. Wir sind die Weiterentwicklung. Verbunden mit dem HIVE entfalten wir erst unser wahres Potenzial.«
»Warum sind Sie uns so feindlich gesinnt?«
Das Gesicht von Nummer 8 bekam einen abwesenden Ausdruck. Jedoch nur für einen kurzen Moment. Dana hatte das Gefühl, dass man ihr gerade die Anweisung erteilt hatte, ihre Frage nicht zu beantworten.
»Wann haben Sie mich geklont?«
Die Augen ihres Klons bekamen erneut einen weggetretenen Ausdruck, während sie in einem inneren Monolog gefangen schien. Dann ging ein Ruck durch ihren Körper. »Also gut. Sie sollen es erfahren.«
»Ich höre.«
»Wir haben die Solaren Welten schon lange beobachtet. Die Sieben haben viele Jahre aus dem Verbogenen heraus geplant und gehandelt. Auch Sie, Dana Frost, hatten wir im Fokus. Doch wir sahen in Ihnen nichts Besonderes.« Gedankenverloren rieb sich Nummer 8 mit dem Zeigefinger der rechten Hand über das Kinn. Eine typische Geste, die Dana oft benutzte, wenn sie intensiv nachdachte. »Aber dann wurde alles anders, als Sie die STERNENFAUST opferten.«
Eine Gänsehaut überzog Danas Arme, als sie an jenen Tag zurückdachte. Um den Vormarsch der parasitären Dronte aufzuhalten, hatte sie die erste STERNENFAUST in der Porta von Wurmloch Alpha durch die Selbstzerstörung gesprengt { * } . Dies hatte den Solaren Welten einige Monate erkauft, in denen Taktiken gegen die Dronte ausgearbeitet werden konnten.
»Die Opferung meines Schiffes hat mich wertvoll gemacht?«
»In der Tat«, bestätigte Nummer 8. »Sie haben Ihr Schiff für die Gemeinschaft geopfert und hätten – das wissen wir beide – auch Ihr Leben gegeben, wenn das die Dronte aufgehalten hätte.«
»Das hätte jeder andere Offizier der Star Corps wohl genauso getan.«
Nummer 8 lachte.
Dana kniff die Augen zusammen. »Was ist daran so komisch?«
»Ich habe diese Diskussion bereits mit Nummer 1 geführt. Meine Antwort ist dieselbe gewesen. Was wieder einmal beweist, dass ich Sie bin.«
Dana schüttelte den Kopf. »Sie haben mein Wissen, aber Sie sind nicht ich.«
»Ich fürchte, in dieser Frage werden wir keinen Konsens erreichen.« Nummer 8 erhob sich, wandte sich um und schritt ohne ein weiteres Wort zur Tür.
»Wer ist Nummer 1?«
»Darauf erwarten Sie doch nicht ernsthaft eine Antwort?«
»Wenn Sie tatsächlich so sind wie ich, wenn Sie wissen, wie ich denke, dann sagen Sie mir: Wäre ich ohne einen Plan B auf ein so riskantes Unternehmen gegangen?«
Das Schott zur Zelle öffnete sich zischend, doch Nummer 8 hielt ruckartig inne. Langsam drehte sie sich um und musterte Dana, die nun ihrerseits mit übereinandergeschlagenen Beinen und verschränkten Armen auf der Konturenliege saß.
»Was haben Sie vor?« Die Stimme von Nummer 8 klang eisig.
Wenn es hier ein »Eisbiest« gibt, dann bin ich das, du Miststück. Dana lächelte böse. »Wie Sie schon sagten, ich bin bereit, mich für das Wohl der Allgemeinheit zu opfern.«
Und sie konnte ihrem Klon am Gesicht ablesen, dass Nummer 8 genau wusste, dass Dana nicht bluffte.
*
SEK AMSTERDAM
Shush-System
16. Dezember 2257
Alte Zeitlinie
Wie tote Körper schwebten die feindlichen Schiffe mit dem vertrauten Äußeren im All.
»Das ist gespenstisch«, meinte Lieutenant Commander Niedermayer. »Eben noch hätten die uns mit einem
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