Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
Angst fortzuschieben. Es dauerte eine Weile, aber schließlich schaffte er es einzuschlafen.
Als er wieder zu sich kam, fiel sein Blick auf ein Paar Stiefel vor seinem Gesicht, und er hatte keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte. Pfeilschnell stieß Kieran sich vom Boden ab, um dem erwarteten Tritt auszuweichen – oder zumindest versuchte er das. Stattdessen verlor er, kaum in der Senkrechten, das Gleichgewicht und musste sich an der Metallliege festhalten.
Seth stand über ihm, die Arme vor der Brust verschränkt. »Nun.«
»Du musst stolz auf dich sein.« Kieran ließ sich auf die Liege gleiten. Kurz dachte er darüber nach, sich auf Seth zu stürzen und ihn bewusstlos zu schlagen, aber dann verwarf er den Gedanken wieder. Er war zu schwach. Und außerdem hielten zwei weitere Jungen auf der anderen Seite des Gitters Landungswaffen, Gewehre, in Händen, wie sie die Crew der
New Horizon
benutzt hatte. Also hatten sie das Arsenal im Frachtraum gefunden.
»Was willst du, Seth?«
»Ich habe alles, was ich will. Du bist aus dem Weg, und das Schiff wird endlich so geführt, wie es sich gehört.«
»Brauchst du deswegen die Gewehre?« Gott, wie viele hatten sie?
Seth grinste. »Gewehre machen es einfacher.«
Furcht brannte sich durch Kierans Brust wie glühendes Eisen. Seth war verrückt geworden.
»Was hast du mit mir vor?«, fragte er und versuchte, seine Angst zu verbergen.
Seth setzte sich neben ihn auf die Liege, die Hände auf den Knien. Jetzt, da er das Kommando hatte, war er weniger verdrießlich und wirkte eher arrogant, fast schon beschwingt, und fast glaubte Kieran, ein joviales Zwinkern erkannt zu haben. Alles an ihm schien unpassend, der Situation nicht angemessen.
»Was ich mit dir vorhabe? Das habe ich noch nicht entschieden«, sagte Seth.
»Meinst du, alle sind mit dem einverstanden, was du entscheidest?«
»Wen interessiert es schon, womit alle einverstanden sind?«
»Euch sollte es interessieren. Sie sind mehr als ihr«, sagte Kieran.
Kurz glaubte er, Zweifel in Seths Augen aufflackern zu sehen, aber sie erloschen sofort wieder. »Im Moment bist du derjenige, der sich Sorgen machen sollte.«
»Wieso? Du bist mein einziger Feind. Aber wie viele Feinde hast du dir inzwischen schon gemacht, du Schläger?«
Seths Faust schnellte auf Kierans Auge zu, und eine schmerzende Explosion raste von seinem Kopf den Nacken hinunter und biss sich in seiner Schulter fest. Er fiel rückwärts von der Liege, rollte über den Boden, und es gelang ihm nicht, ein Wimmern zu unterdrücken.
»Nenn mich nicht Schläger!«, schrie Seth. Der ganze Schmerz über den Verlust seines Vaters lag darin und schien ihn mit sich zu reißen, hinab in einen bodenlosen Abgrund. Doch dann biss er sich energisch auf die Lippe und zügelte seine Gefühle. »Ich will dich nicht noch einmal schlagen, Kieran. Aber ich werde es tun, wenn du mich weiterhin beschimpfst.«
Kieran wartete, bis der Schmerz zu einem rötlichen Dunst hinter seinen Augen zusammengesunken war, dann zog er sich auf die Füße. Er musste sich gegen die Metallwand lehnen, um nicht umzufallen, aber der Stahl lag kühl an seinem Rücken und belebte ihn ein wenig. Er brauchte Essen. Er brauchte Wasser. Er brauchte so viele Dinge.
»Du weißt, was an Bord des Shuttles passiert ist, Seth. Du warst da. Du hast alles gesehen. Ich habe uns zurück zur
Empyrean
gebracht.«
»Wenn ich die Steuerung nicht übernommen hätte, hätten wir die Atmosphärenkontrolle verloren«, insistierte Seth. Er spielte vor einem Publikum aus zwei Leuten: Sealy Arndt, der mit missmutigem Gesichtsausdruck auf dem Boden saß, und Max Brent, dessen Augen zu glühen schienen, als er Seth plötzlich mit gespannter Aufmerksamkeit beobachtete.
»Ich weiß, was ich getan habe«, beharrte Kieran.
»O ja. Du hast den Steuerknüppel zehn Sekunden in der Hand gehabt. Du hast den Knopf gedrückt, um den Frachtraum zu schließen. Das hast du getan. Wir versuchen immer noch, den Schaden zu beheben, den du an der Atmosphärenkontrolle angerichtet hast, als du mit dem Shuttle reingekracht bist.«
Kieran seufzte. Immerhin traute Seth sich ihm gegenüber nicht, diese vollkommen hirnrissige Erklärung mit dem Notfallparagraphen aufzurollen. Vielleicht konnte er ihn doch noch zur Vernunft bringen, wenn er auf die vermeintlich sachliche Ebene einging. »Ich habe kaum die Oberfläche angekratzt. Muss sie überhaupt repariert werden?«
»Du hast das Kontrollsystem außer Betrieb
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