Sternenfeuer
Captain?«
»Schalten Sie Sar-Say auf die Haupt-Befehlsleitung. Er soll unseren Fortschritt beobachten. Falls er einen Rat für uns hat, möchte ich, dass Sie ihn weitergeben. Sie übernehmen die gesamte Kommunikation — nicht er. Verstanden?«
»Verstanden, Sir. Sar-Say wird nur beobachten, und wenn es etwas gibt, von dem er glaubt, dass Sie es wissen sollten, werde ich es an Sie weiterleiten.«
»Gut. Und nun schaffen Sie ihn hier raus. Ich kann die Schaltung erst dann öffnen, wenn ich weiß, dass er hinter Schloss und Riegel ist.«
»Bin schon unterwegs, Captain.«
Landon schaute ihr nach, wie sie aus dem Kontrollraum schwebte, gefolgt von der kleinen haarigen Gestalt, die sich in der Mikrogravitation weitaus gewandter zu bewegen vermochte als jeder Mensch. Dann vergaß er Lisa und ihr außerirdisches Mündel und konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe.
»Eine Minute, Captain«, sagte sein Funkoffizier.
Plötzlich war die Spannung im Kontrollraum spürbar. Es war eine schwerere Last als die 2,5 g, die sie vor Kurzem erfahren hatten. Anders als bei der Verzögerung war dieser Druck mental.
Bei dreißig Sekunden bis null meldete Lisa, dass Sar-Say in seiner Koje angeschnallt war und die beiden sicher in der Kabine des Aliens eingeschlossen waren. Landon warf einen Blick auf die Anzeigen. Das Sicherheitssystem meldete, dass alle Zugänge zu und vom Bereich des Aliens gesperrt waren. Die Kabine erfüllte zwar nicht ganz die Standards eines modernen Bank-Tresorraums, aber allzu viel fehlte nicht.
»Zehn Sekunden, Captain. Soll ich runterzählen?«
»Nur keine Hektik, Mr Peale.«
Noch während er diese Worte sprach, wurde Landon sich der Widersprüchlichkeit seiner Äußerung bewusst. Wenn es je einen wirklich dramatischen Moment in der Geschichte der Menschheit gegeben hatte, dann war es dieser. Plötzlich kam ihm eine Lektion aus der Schulzeit in den Sinn.
Sie hatten in der zehnten Klasse eine Dokumentation über den ersten Einsatz einer Atombombe angeschaut. Er erinnerte sich, dass sie über einer japanischen Stadt mit einem Namen abgeworfen worden war, der wie ein Niesen klang und den er immer wieder vergaß. Als der alte Bomber sich der Stadt näherte, hatte der Pilot seiner Besatzung verkündet, dass alles für die Nachwelt aufgezeichnet würde und sie auf ihre Worte achten sollten.
In gewisser Weise befand er sich in der gleichen Position wie dieser längst tote Bomberpilot. Wie die Welt nach dieser ersten Atombombe nicht mehr dieselbe gewesen war, so würde auch das menschliche Universum sich ändern. Ob Sar-Say ihnen die Wahrheit gesagt hatte, spielte nun keine Rolle mehr. Denn in wenigen Minuten wäre die menschliche Rasse auch nicht mehr dieselbe wie zuvor. Eine Galaxis mit nur einer intelligenten Spezies war dem Untergang geweiht, und eine andere, in der es von intelligenten Wesen nur so wimmelte, wurde aus der Taufe gehoben. Der göttliche Finger hatte geschrieben und würde weiterwandern.
Dan Landon räusperte sich - wobei er sich wünschte, er wäre wirklich der souveräne Kapitän, den er herauskehrte - und wandte sich an den Funker. »Beenden Sie die elektromagnetische Isolation und geben Sie mir einen gebündelten Strahl mit Richtung auf die Planeten.«
»Strahl wird erzeugt, Sir. Strahl bei voller Leistung. Modulator ist aktiv. Warte auf Ihr Kommando.«
Landon holte tief Luft und sagte in wohl gesetzter broanischer Handelssprache: »Planetarische Flugsicherung. Dies ist der Weltraumfrachter Wanderer. Wir sind soeben aus dem Sternentor herausgekommen und bitten um Landeanweisungen. Wir warten auf Ihre Antwort. Ende der Nachricht.«
Es herrschte Schweigen auf den Kommunikations-Schaltkreisen. Sie hatten aber auch nichts anderes erwartet. Orpheus III war schließlich eine ganze Lichtminute vom Sternentor entfernt. Ein Funkspruch brauchte sechzig Sekunden, um dorthin zu gelangen, und noch einmal sechzig Sekunden, um zu ihm zurückzukehren. Mit einer Antwort war frühestens in zwei Minuten zu rechnen, und auch nur unter der Voraussetzung, dass die Instanzen am anderen Ende sofort antworteten.
Dan Landon lehnte sich auf dem Sitz zurück und wartete auf die Antwort. Trotz seiner äußerlichen Ruhe spürte er Schweißperlen im Gesicht und zwischen den Schulterblättern. Dies waren die längsten zwei Minuten seines Lebens.
36
»Wie viel Zeit ist verstrichen, Funker?«
»Zwei Minuten und zweiundzwanzig Sekunden, Captain.«
»Was meinen Sie, Raoul? Sollen wir sie noch einmal
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