Sternenfeuer
sie schon vor über einem Monat zurückgekehrt war. Das Schiff war jenseits des Jupiter materialisiert und dann ganz normal weitergeflogen, bis es schließlich in eine polare statt in eine äquatoriale Parkbahn gegangen war. Die Polarbahn wurde von Forschungs-Satelliten und solchen »Sputniks« genutzt, die die gesamte Erdoberfläche abtasten mussten, aber doch nicht von Raumschiffen. Das lag daran, dass es verdammt kostspielig war, in eine polare Umlaufbahn zu gehen. Außerdem stand die PoleStar in einer stark elliptischen Bahn — um von den äquatorialen Orbits dorthin zu gelangen, musste man noch tiefer in die Tasche greifen.
Dennoch hatte — trotz des aufwendigen und schwierigen Manövers des Ebenenwechsels, der zum Erreichen der PoleStar erforderlich war - jemand einen regelmäßigen Zubringerdienst dorthin eingerichtet. Das hatte Vasloffs Neugier geweckt, als er davon erfahren hatte. Es war doch kostengünstiger, die Polarbahn von der Erdoberfläche zu erreichen als von der Äquatorialbahn - wieso sollte also eine kostenbewusste Gesellschaft einen Fährdienst von der Bahn aus einrichten?
Und dann waren da noch die Wissenschaftler, die erst zur Aquatorialstation flogen und dann im Vakuum des Raums zu verschwinden schienen. Zunächst hatte das mysteriös genug angemutet, um Stoff für einen ordentlichen Techno-Thriller zu bieten. Vasloffs Computer hatte ihre Buchungen rekonstruiert und das Umsteigen in die Aquatorialstation bestätigt, aber keinen Anschlussbestimmungsort gefunden. Sie schienen nicht nach Luna, zu den äußeren Planeten oder einem der anderen üblichen Ziele unterwegs gewesen zu sein. Letztlich war es auch die Suche nach dem Verbleib der vermissten Wissenschaftler gewesen, wodurch er auf den Zubringerdienst zur PoleStar aufmerksam geworden war.
Anscheinend war PoleStar der Standort eines geheimen Forschungsprojekts, das von den höchsten Führungsebenen der Sternenforschung betrieben wurde. Außer Rheinhardt hatten sie noch zehn weitere Personen identifiziert: alles Spitzenkräfte auf ihrem jeweiligen Fachgebiet, die für den Auftrag abgestellt worden waren. Es war ein Glückstreffer gewesen, als eine Computerüberprüfung ergeben hatte, dass Salli Rheinhardt Mitglied einer der Sektionen von Terra Nostra war.
Vasloff saß da und dachte darüber nach, was Salli ihm erzählt hatte. Er hatte in einem Geschichtsbuch gelesen, dass die Deutschen dem Manhattanprojekt vielleicht auf die Schliche gekommen wären, wenn sie registriert hätten, wie viele Physiker mit der Bahn von Princeton, New Jersey, nach Alamogordo, New Mexico, gereist waren ...
»Na, Claris, was meinen Sie?«
Claris Beaufort, Vasloffs Stellvertreterin, war eine charismatische blonde Frau Anfang dreißig. Sie hatte den gleichen Gesichtsausdruck wie Vasloff, nur dass ihr Stirnrunzeln dauerhaft war. »Unser Verdacht ist bestätigt worden.«
»Aber was wissen wir wirklich?«
Claris zuckte die Achseln. »Sie haben etwas so Wichtiges gefunden, dass sie es nicht wagen, die Ressourcen der Hochstation zu nutzen.«
»Wieso?«
»Aus Sicherheitsgründen. Es ist zu schwierig, dort ein Geheimnis zu bewahren.«
Er nickte. »Und was noch wichtiger ist, sie holen das Personal für das Projekt von der Erde. Das sagt mir, dass sie die Existenz des Projekts an sich geheim halten wollen und nicht nur seinen Gegenstand. Was wiederum bedeutet, dass sie Unterstützung von ganz oben haben — vielleicht sogar von der Welt-Koordinatorin. Sie verbrauchen zu viele Ressourcen, als dass es sich nur um eine Operation der Sternenforschung handeln könnte. Was haben sie ergo so Wichtiges gefunden?«
»Dieser mysteriöse erdähnliche Planet, den unsere Leute im Hauptquartier der Sternenforschung gemeldet haben?«
»Vielleicht«, sagte Vasloff mit einem Kopfnicken. Trotz seines Vortrags bezüglich der Unmöglichkeit anderer terrestrischer Welten, den er Mark Rykand im letzten Monat gehalten hatte, war er doch nicht so davon überzeugt, wie er es die Leute glauben machte. »Falls jemals ein Zwilling der Erde entdeckt würde, wäre das ein Schlag ins Kontor für die Weltwirtschaft. Bedenken Sie nur die Spekulation, die dann losbrechen würde, das Gerangel um die vorderen Startpositionen, die blinde Gier. Worum könnte es sich denn noch handeln?«
»Die Leute, die umgekommen sind. Vielleicht hatten sie sich eine tödliche Krankheit zugezogen.«
»Möglich«, sagte er nachdenklich. »Das würde auch die Geheimhaltung erklären. Wenn die Öffentlichkeit
Weitere Kostenlose Bücher