Sternenfinsternis (German Edition)
gemacht hätte.«
»In Ordnung. Dann sehen wir uns an der Landefähre. Ich werde wohl auch vorher noch duschen und mir saubere Klamotten anziehen.«
Cameron erhob sich von dem Sessel und war im Begriff, das Krankenzimmer zu verlassen, als Lucas ihn noch einmal ansprach.
»Hey Cam«, sagte er und der Colonel wandte sich ihm ein letztes Mal zu.
»Danke! Du weißt schon, dass du bei mir geblieben bist.«
Cameron grinste.
»Keine Ursache. Für einen Freund immer.«
Kapitel 16
Das Ritual des Tiarak
Wenig später befanden sich alle Besatzungsmitglieder, ausgenommen Joey, der eine ganze Menge Schlaf nachzuholen hatte, in der Landefähre und waren im Anflug auf die Hauptstadt von Gol.
Ungeduldig drückte Lucas seine Nase an die, von seinem Atem leicht beschlagene Glasscheibe, als sie durch die dicke Wolkendecke brachen. Schnell machte sich jedoch Enttäuschung in dem Jungen breit, denn durch den herrschenden Schneesturm konnte er rein gar nichts auf der Oberfläche des Planeten erkennen. Weder die meterdicken und weit emporragenden Mauern, welche Vegkri wie eine gewaltige Festung erschienen ließen, noch die zahlreichen, viel höher ragenden Türme, von denen der Golar ihm berichtet hatte. Dennoch schaute er weiter angestrengt aus dem Fenster, in der Hoffnung doch noch etwas zu erspähen.
Zu gerne hätte er Vegkri bereits von Weitem gesehen, um sich ein Bild von der über viertausend Jahre alten Stadt zu machen, welche vor der Zeit der Raumfahrt hart umkämpft wurde. Hunderte von Schlachten, wenn nicht gar tausende wurden angeblich bereits vor den Toren ausgetragen. Doch Lucas war das Glück nicht gewogen. Er vergaß, dass Kri‘Warth ihm dies bereits im Vorfeld prophezeit hatte, denn der radikale Klimawandel, den Gol vor etwa zweitausend Jahren durchlief, sorgte für einschneidende Veränderungen. Seit diesem Zeitpunkt stieg die Temperatur auf dem Planet niemals mehr über -40° Celsius. Wütende Blizzards wie dieser waren demnach vollkommen alltäglich.
Für einen Moment dachte Lucas, etwas im Augenwinkel gesehen zu haben, nachdem er seinen Blick von dieser unwirklichen Welt abgewandt hatte. Doch nach erneutem Hinsehen sah er nichts als das dichte Schneegestöber, als dieses plötzlich abrupt endete. Stockfinster war es auf einmal um sie herum. Nur noch die schwache Innenbeleuchtung der Fähre bot ihnen Licht.
Lucas vermutete, dass sie sich nun in der Höhle befanden, von der man ihm ebenfalls berichtete. Sie diente als eine Art Einflugschneise, um in die gewaltige Golarstadt Vegkri zu gelangen.
Mit einem rasanten Tempo schossen sie aus dem Zugangstunnel. Sofort zog Kri’Warth, der die Landefähre lenkte, diese steil nach oben, sodass sich Lucas ein Anblick bot, wie er ihn sich nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorzustellen vermochte.
Vor ihnen erstreckten sich weite Alleen und kleine bis mittelgroße Parkanlagen. Keine Spur von Schnee, nicht einmal eine einzelne Flocke war zu sehen.
Neben den gewöhnlichen Tausenden und Abertausenden aus Lehm errichteten Flachdachbehausungen wurde Vegkri von imposanten architektonischen Bauten beherrscht, welche sich Hunderte von Metern in die Höhe erstreckten und dem Himmel zu trotzen versuchten. Man konnte die Festung ein wenig mit dem prunkvollen mittelalterlichen Jerusalem vergleichen, wobei die Hauptstadt der Golar um ein Tausendfaches größer war, als die einstmalige Zentralstadt Judäas.
Kri’Warth hatte Lucas davon erzählt, dass die Stadt von heißen Quellen aus dem Untergrund gewärmt wurde. Doch er hatte es sich nicht so paradiesisch ausgemalt. Ein verrückter Gedanke war das, wenn man bedachte, dass niemand außerhalb dieser Mauern länger als ein paar Tage überleben konnte. Wenn nicht sogar nur Stunden.
Der Hüne hielt Kurs auf das Zentrum der Stadt, wo sich das Ministerium befand. Auch wenn all die spitzen, meterhohen Türme faszinierten, waren sie nichts, gemessen am Anblick des prunkvollen Ministeriums. Die Architektur war gewaltig und wunderschön zugleich. Trotz der immensen Größe wirkte es dennoch anmutig und mit seinen gewaltigen Warten und den vielen, liebevoll eingearbeiteten Rundbögen, hatte es etwas gotisches an sich. Notre Dame wirkte im Gegensatz hierzu wie eine niedliche Nachahmung. Jedenfalls war die historische Pariser Kathedrale das Einzige, was Lucas kannte, mit dem es annähernd zu vergleichen war.
Kri’Warth steuerte den mächtigen Vorplatz des Ministeriums an, welcher von exotisch aussehenden Bäumen gesäumt war und
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