Sternenfinsternis (German Edition)
Treppe seitlich der Kanzel heruntergelaufen kam.
Freudig nahm er den Syka in seine Arme. Das Bild konnte man mit einem Vater, der seinen zweijährigen Sohn packte und sich mit ihm auf der Stelle drehte, um ihm ein Lachen zu entlocken, vergleichen. Nym’Sec maß weit über zwei Meter. Selbst Lucas sah neben ihm noch wie ein Kleinkind aus. Dann setzte er den ebenso erfreuten Jaro wieder ab.
»Mein Freund, seit wann bist du wieder zurück. Ich hatte dich hier nicht erwartet«, fragte Jaro den Administrator beschwingt.
»Vor nicht einmal vier Monden. Ich konnte es kaum erwarten, wieder meine Arbeit aufzunehmen. Was führt dich zu mir? Ist Kri’Warth auch mit dir gekommen? Und wer ist dein Freund?«
Nym’Sec kam auf Lucas zugelaufen, der bei jedem Schritt den er auf den Jungen zuging, zunehmend bedrohlicher wirkte. Er wollte zurückweichen, doch der Gigant packte auch ihn und drückte ihn ebenso freundschaftlich an sich, wie zuvor den Syka.
Nym’Sec passte rein gar nicht in das Bild, das sich Lucas zwischenzeitlich von den Golar gemacht hatte. Argwohn und Skepsis, welche Kri’Warth beherrschten, spiegelten sich nicht im Charakter des Administrators wider.
»Mein Name ist Lucas«, krächzte der Junge, als ob Nym’Sec das letzte Quäntchen Luft aus ihm herausgepresst hätte.
»Lucas! Ein seltsamer Name – klingt mir nicht kriegerisch genug. Ich werde mir bei Gelegenheit einen besseren für dich einfallen lassen«, sagte er und entließ Lucas wieder aus der Umklammerung.
Doch nur um ihm sogleich einen starken Klaps auf seinen Rücken zu geben, sodass die eben wiedererlangte Luft erneut dahin war.
Nym’Sec lachte laut schallend.
»Ein paar Muskeln mehr könnten dir auch nicht schaden. Du fällst ja schon bei dem kleinsten Windhauch um, mein Junge. Vielleicht stelle ich dir nachher meine Frauen vor. Womöglich gefällt dir eine davon, dann macht sie dich zu einem richtigen Mann.«
Lucas grinste verlegen und wusste nicht, was er entgegnen sollte, ohne den Administrator zu beleidigen. Alleine der Gedanke, ein sexuelles ›Opfer‹ einer seiner Golarfrauen zu werden, ließ ihn erschaudern. Bei dem bloßen Gedanken packte ihn bereits der Ekel, wenn er nur über die körperliche Hygiene der Golar nachdachte und wären weibliche Golar nur halb so stark und ruppig wie Nym’Sec oder Kri‘Warth, würde er, statt zu einem Mann zu reifen, wohl eher entmannt werden.
Lucas war froh, als Jaro sich einmischte, um das Gespräch in die richtigen Bahnen zu lenken.
»Nym’Sec, so leid es mir tut, aber ich denke, dafür haben wir keine Zeit.«
»Für ein nettes Beisammensein mit einer Frau hat man doch immer Zeit«, entgegnete er und klopfte Lucas abermals auf den Rücken, was den Jungen beinahe in die Knie zwang.
Er grinste verkrampft und nickte Nym’Sec freundlich zu. Erst als der Administrator seine Blicke wieder Jaro zuwandte, ließ Lucas seinem Schmerz in Form einer verzerrten Grimasse freien Lauf.
»Ich muss gestehen, dass mein Besuch nicht ohne Grund zustande kam. Ich komme in einer überaus wichtigen Angelegenheit zu dir. Deine Hilfe und die deines Volkes sind dabei von existenziellem Belang.«
»Das hört sich in der Tat wichtig an. Muss ich dafür wieder in meine Kanzel klettern? Denn eigentlich bin ich froh, einmal von dort oben runterzukommen. Fünfunddreißig Frags dort oben sind eine lange Zeit, musst du wissen.«
»Nein, ich denke, das wird nicht nötig sein. Wenn es dir keine allzu großen Umstände macht, würde ich es sogar begrüßen, wenn wir uns in den Ministeriumsgarten begeben könnten. Dort kann ich dir dann alles ausführlich erzählen.«
»Einverstanden!«, stimmte Nym’Sec zu.
Nym‘Sec und Jaro kannten sich bereits seit langer Zeit. Die beiden waren es, die das Handelsabkommen zwischen ihren Völkern führten und erfolgreich abschlossen. Jaro war froh, dass er es war, der sein Anliegen prüfte und nicht einer seiner Administratoren-Kollegen. Wenn ihm jemand in der Golar Administration glauben schenkte, dann war er es.
Der Garten war wunderschön. Noch nie hatte Lucas eine solche Blumenpracht gesehen. Es gab keine Farbe, welche die Grünanlage nicht zu bieten hatte. Ganz im Gegenteil, einige Blüten trugen Kolorierungen, die er bislang noch nie in seinem Leben zu Gesicht bekam oder sich gar hätte vorstellen können. Die meisten Bäume und Sträucher glichen im Ansatz denen der Erde. Dennoch trübte dies den Flair der Anlage keineswegs.
Die Steinchen des Schotterweges, auf dem sie
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