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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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die der anderen, alles, was ihn seit dem Tag, an dem sein künftiges Ich in der Bogen-Basis angelegt hatte, dermaßen beeindruckt hatte. Und hier war ein Silbergeist, direkt vor seiner Nase. Aus einem Impuls heraus sagte er: »Vielleicht hat Mara Recht. Vielleicht muss ich etwas über euch lernen, so wie ihr etwas über die Menschen gelernt habt.«
    Mara war beunruhigt. »Was tun Sie da, Ensign?«
    »Entferne deine Haut. Zerlege dich. Zeig mir, was du bist.«
    Mara legte Pirius eine behandschuhte Hand auf den Arm. Ihre Augen leuchteten vor Zorn. »Ich wusste, ich hätte Sie nicht hierher bringen sollen.«
    Pirius schüttelte sie ab. »Ich gebiete über diesen Geist. Ich bin ein Mensch.«
    Der Geist hing reglos in der Luft, schwankte nur wie üblich leicht hin und her, und Pirius fragte sich zornbebend, was er machen würde, wenn der Geist sich weigerte. Er erinnerte sich an seine Ausbildung, wie man gegen einen Geist kämpfte. Diese Haut war zäh, aber wenn man all seine Kraft einsetzte, konnte man sein Messer hineinrammen und dann die Eigenrotation des Geistes gegen ihn benutzen und ihn aufschlitzen…
    Die Haut des Geistes runzelte sich. Flache Fugen entstanden, die von einem Pol der glänzenden Kugel zum anderen liefen und die Oberfläche segmentierten. Der Geist erzitterte kurz – dann brach eine Fuge auf. Ein Schwall einer zinnoberroten Flüssigkeit schoss heraus, die verblüffende Ähnlichkeit mit menschlichem Blut hatte. Sie gefror zu Kristallen, lange bevor sie das Eis des Pluto erreichte.
    Ein virtuelles Bild von Nilis formte sich mit einem klickenden Geräusch. »Schluss damit.« Er trat zwischen Pirius und den Geist. »Du, Botschafter. Heile dich.«
    Der klaffende Spalt in der Haut des Geistes schloss sich. Nur eine helle Narbe blieb zurück. Ein harter Teppich gefrorenen Blutes zeigte, wie viel davon er in diesen kurzen Augenblicken verloren hatte.
    Nilis drehte sich zu Pirius um. »Was haben Sie sich dabei gedacht, Ensign?«, donnerte er. »Wegen dieser Sache musste ich eine Besprechung verlassen, zu der ich quer durchs ganze Sonnensystem angereist bin! Ist es wirklich Ihr höchstes Bestreben – die höchste Errungenschaft der Menschheit nach zwanzigtausend langen Jahren interstellarer Eroberungen –, ein anderes intelligentes Geschöpf mit Ihrer schäbigen Macht zum Selbstmord zu zwingen? Weshalb?«
    Weil ich dazu ausgebildet worden bin, dachte Pirius hilflos. Aber er wich vor Nilis’ zornigem Blick zurück.
    »Auf wen sind Sie so wütend, Ensign?«, fragte Mara. »Auf den Geist? Oder ist der Geist nur ein Ersatzobjekt? Vielleicht sind Sie wütend über die Lügen, die man Ihnen Ihr Leben lang erzählt hat. Jetzt hat man Sie ins Sol-System gebracht und Ihnen die Wahrheit gezeigt, und nun können Sie nicht mit Ihrem Zorn umgehen. Und Sie wissen nicht, wem Sie die Schuld geben sollen.«
    »Halten Sie den Mund«, sagte Pirius.
    »Vielleicht wären Sie lieber im Kampf gestorben, ohne sich mit solch komplexen Wahrheiten herumschlagen zu müssen…«
    »Halten Sie den Mund.«
    Zu aller Überraschung sprach auf einmal der Geist. Seine übersetzten Worte waren so tonlos wie eh und je. »Ich habe den Befehl des Ensign gern befolgt. Ich fürchte mich nicht vor dem Tod.«
    Nilis drehte sich um und musterte den Geist. »Ist das wirklich wahr?« Von einem Moment auf den anderen hatte er Pirius vergessen, wie dieser grollend bemerkte, und wurde erneut von seiner niemals nachlassenden Neugier beherrscht. »Aber welchen Trost kann es für den Tod geben? Sag mir, Geist – habt ihr Götter?«
    »Alles, was er von seiner Kultur weiß, ist das, was wir ihnen beigebracht haben«, warnte Mara. »Das ist so, als hätten die Geister eine menschliche Religion studiert, sie durch ihre eigenen Vorstellungen gefiltert und uns zurückgegeben.«
    »Ja, ja«, sagte Nilis ungeduldig. »Das ist mir klar. Trotzdem…«
    Der Geist sagte: »Keine Götter der Vergangenheit.«
    »Nein«, sagte Nilis rasch. »Natürlich nicht. Menschliche Götter waren Schöpfer. Aber eure Welt hat euch im Stich gelassen, nicht wahr? Welcher Schöpfergott würde so etwas tun?«
    »Die Vergangenheit ist ein Verrat. Die Zukunft ist ein Versprechen.«
    »Wir haben die Geisterphilosophie studiert, so weit es in unserer Möglichkeit stand, Kommissar«, sagte Mara. »Die Geister haben eine andere Wahrnehmung des Universums als wir, eine andere Geschichte ihrer Spezies. Niemand weiß genau, ob Begriffe wie Religion wirklich auf derart fremdartige

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