Sternenlaeufer
von den beiden jungen Männern aufgehoben und fortgebracht. Er war völlig ohne Bewusstsein.
»Was ist denn bloß in ihn gefahren, so etwas auszuprobieren?«, überlegte Hollis. »Er weiß doch, wie schwierig es ist …«
»Ihr habt Euch Eure Frage soeben selbst beantwortet«, sagte die Höchste Prinzessin. »Wenn er sich in den Farben dieses Drachen verfangen hätte …«
»Er wollte nach Elisel fragen«, murmelte Sionell.
»Vielleicht«, lenkte Sioned ein. »Aber was er wirklich wollte, was er schon immer gewollt hat, ist, selbst einen Drachen im Geiste zu berühren.«
Rohan fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Wenn er nicht schon all die kommenden Tage mit Kopfschmerzen gestraft wäre, dann würde ich ihn übers Knie legen.«
»Ich würde ihn an den Ohren ziehen und ein bisschen Vernunft in ihn hineinschütteln – wenn ich so weit hinauflangen könnte«, gab Sioned zurück. »Hat sich denn der arme Drache schon wieder beruhigt?«
»Er liegt in der Sonne und frisst«, berichtete Arlis. »Geht es Euch jetzt besser, Herrin?«
Sionell brachte ein schwaches Lächeln für den künftigen Prinz von Kierst-Isel zustande. »Danke, Mylord.«
Pol wachte rechtzeitig zum Abendessen auf. Er setzte sich auf, stöhnte, umklammerte seinen schmerzenden Schädel mit beiden Händen und sank in die Kissen zurück. Tallain kam nach unten, um die anderen zu informieren, dass der Prinz sich klugerweise entschlossen hatte, in seinen eigenen Gemächern zu bleiben.
»Wie lange hast du gebraucht, ihm das einzureden?«, erkundigte sich Rohan neugierig.
Tallain grinste. »Zwei Versuche aufzustehen, einen, die Hose anzuziehen, dazu noch ein paar sehr kreative Flüche, Herr. Ich musste eigentlich gar nichts sagen.«
»Gut gemacht. Du hast also einfach zugelassen, dass er sich selbst überzeugt. Walvis, ich vermute, Feylin ist wieder in ihre Statistiken vertieft und wird nicht mit uns speisen?«
An diesem Abend waren sie nur eine kleine Gruppe, die um einen Tisch in der zukünftigen Messe der Wachtposten saß. Sioned hatte sich entschlossen, oben zu bleiben und auf das erste Licht des Mondes zu warten, um Verbindung mit Riyan in Skybowl aufzunehmen; vielleicht wusste er über Elisel Bescheid. Chay, Tobin und Maarken waren in den Stallungen, wo sie sich um eine Stute kümmerten, die anscheinend Koliken hatte. So bediente Arlis Rohan, Walvis, Sionell, Tallain und Hollis aus einer Schüssel mit dampfendem Eintopf, der aus den Resten des Banketts des Letzten Tages zubereitet worden war. Nachdem er am Ende des Mahls Süßigkeiten und Taze aufgetragen hatte, wurde der junge Prinz entlassen, damit er selbst etwas aß.
Trotz der Ereignisse dieses Tages drehte sich die Unterhaltung weder um Drachen noch um Lichtreisen. Rohan überschüttete Tallain mit Fragen bezüglich eines Abkommens, das erst vor wenigen Tagen mit Miyon von Cunaxa unterzeichnet worden war und die Grenze zwischen den Prinzentümern betraf. Der Hauptpunkt der Angelegenheit war, ob Tallain unter diesen Bedingungen leben konnte?
»Kabil aus Tuath und ich hatten im Frühjahr eine lange Unterredung. Mit Lichtläufern in unseren Häusern, die jederzeit Riyan erreichen können, fühlen wir uns ziemlich sicher. Und wir sind froh, dass unsere Leute jetzt etwas Besseres tun können, als zu patrouillieren.«
»Aber du kannst dich darauf verlassen, dass mein Sohn mehr Eisen benötigt, als selbst Sioned aus Miyon herauslocken konnte«, seufzte Rohan. »Und die einzige Möglichkeit, es von Miyon zu bekommen, ist mit einer Reduzierung der Truppen an der Grenze verbunden.«
»Das ist nicht ganz fair«, bemerkte Walvis. »Sorin hat durch den Bau von Feruche so viel gelernt, dass für Drachenruh einfach mehr Eisen nötig wurde – und außerdem ist es viel größer.«
»Und wessen Schuld ist das? Wieder die meines Sohnes.« Der Hoheprinz zuckte mit den Achseln. »Nun ja. Die Reduzierung der Patrouillen verringert schließlich auch die Möglichkeit ›kleiner Zwischenfälle‹ wie im vergangenen Winter.«
Sionell nippte heißen Taze und dachte daran, wie nah sie einem Krieg mit Cunaxa gewesen waren. Ein Zusammenstoß an der Grenze hatte zum Streit darüber geführt, wer auf wessen Gebiet geraten war, und alles hatte mit einigen Toten auf beiden Seiten geendet, ehe alle den Rückzug antraten. In jener Nacht war ein Kurier nach Tiglath galoppiert und Tallain ritt sofort mit einer Eskorte aus. Seine ruhige, diplomatische Art, unterstützt von einer Karte, die die Lichtläufer der
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