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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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Vorsicht musterte wenn sie nicht schaute.
    Aber schließlich genas er, stellte allerdings keine Fragen mehr. Er hielt seine Neugierde im Zaum, ebenso wie die ihre. Die Anstrengung schuf eine befangene Atmosphäre zwischen ihnen. Sie beugten sich Tag für schweigend über das Spielbrett, angespannt in dem Bemühen, den anderen nicht zu verletzen. Manchmal machte sich Dunkeljunge allein auf, um den Palast zu erforschen, versuchte, seine eigenen Fragen zu beantworten, und Khira sah ihn die meiste Zeit des Tages nicht. Gelegentlich versuchten sie eine kurze Wiederbelebung der unbekümmerten Freundlichkeit, rannten schreiend und lachend durch die Flure, bis sie erschöpft waren. Aber selbst dann, beim Atemholen fand Khira, wenn sie aufblickte, daß Dunkeljunge sie aufmerksam und besorgt anstarrte
    Sie beobachtete ihn auch gelegentlich. Seit der Sache im Turm schien er sich auf einen Zustand innerer Waffenruhe eingestellt zu haben. Er sprach stets mit seiner eigenen Stimme, nie in der rauhen, fordernden, die er manchmal benutzt hatte, nachdem die Arnimi zurückgekehrt waren. Selten bewegte er sich in der steifen, unbeholfenen Haltung die sie während des gleichen Zeitraumes beobachtet hatte. Aber die Mühe, den inneren Waffenstillstand aufrecht erhalten, kostete ihn offensichtlich Lebenskraft. Er bewegte sich in allem langsamer, als würde er sich bewußt zurück halten.
    Als Khira achtzig Tage an ihre Zimmerwand gezeichnet hatte, war es Zeit, die Fensterläden hoch im Gewölbe des Thronsaales zu öffnen. Sie tat es widerstrebend. Trotz Spannung zwischen ihr und Dunkeljunge schätzte sie ihre Winterisolation. Sie konnte nicht ahnen, was der Frühling für jeden von ihnen bringen würde.
    Nach dem Öffnen der Fensterläden beobachtete sie drei Tage lang die Spiegel im Thronsaal und erblickte kein Zeichen. Am vierten Tage blitzten sie einmal auf und am fünften dreimal. Am sechsten Tag kam das Licht in einem ständigen Strahl, der den dunklen Thron für Augenblicke überflutete. Nachdem das Licht verblaßt war, glühte der Thron eine Weile weiter, und Khira zog sich in ihr Zimmer zurück, um Dunkeljunges stummen Fragen zu entgehen. Er hatte die Schriftrollen gelesen. Er wußte, daß das Aufblitzen der Spiegel das Ende des Winters bedeutete. Es gab nichts, was sie ihm hätte erzählen können.
    In dieser Nacht standen sie Seite an Seite im Wachturm und blickten schweigend hinaus über das vereiste Tal. Schnee hatte sich unterhalb des zerbrochenen Fensters auf dem Steinboden angehäuft, und ein kalter Wind blies in den Turm. Dennoch war es Khira, als spüre sie den ersten Balsam des Frühlings in der Luft, und der klare Nachthimmel offenbarte ein Universum von Sternen.
    »Von einem davon kommst du«, sagte Khira schließlich. »Du kommst von einem dieser Sterne, nicht wahr?«
    Dunkeljunges Haltung versteifte sich. Er drehte sich stumm um und verließ den Turm. Khiras Hände ballten sich zu Fäusten. Es war die erste Frage, die sie ihm gestellt hatte, seit er genesen war, und er war vor ihr geflüchtet. Wäre Adar noch am Winterhimmel gewesen, hätte sie Wut empfunden.
    Aber Adar war fort, und sie empfand nur Leere.
    Fünf Tage danach saßen sie zusammen über dem Spielbrett, als ein beharrliches Klopfen von der Metalltür erklang, die zur zentralen Plaza führte. Dunkeljunges Kopf richtete sich auf, seine Augen verdunkelten sich in jäher Furcht.
    »Es sind die Diener«, beruhigte sie ihn und eilte, um die Tür zu entriegeln.
    Fünf der Palastaufseher waren bereits erwacht und hatten sich von ihrer Steinhalle her durch den Schnee gegraben. Gewöhnliche robuste Menschen, waren sie jetzt mager vom Winterschlaf, die Augen eingefallen, die Hände knorrig. Sie nickten Khira feierlich zu. »Wir werden jetzt damit beginnen, die Plaza zu säubern, Erbin«, sagte ihr Palus, der älteste der Gruppe, Vorsteher seiner Halle, wie es der Vorschrift entsprach. »Wir fühlen die Kraft. Die Barohna steigt vom Berg hinab.«
    »Sie kommt«, bestätigte Khira. Auch sie fühlte die Kraft durch ihr Nervensystem vibrieren. Sie hatte sie in den vergangen drei Tagen mit wachsender Unruhe durch den Palast getrieben. »Grabt!«
    Als sie die Tür verschloß, tauchte Dunkeljunge neben ihr auf. Sein starrer Blick war gespannt. »Deine Mutter wird bald hier eintreffen.«
    »In wenigen Tagen.« Sie war verblüfft über die Traurigkeit in ihren Worten. Sie und Alzaja hatten stets gefeiert, wenn das Aufblitzen der Spiegel anzeigte, daß Tiahna den Schnee von

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