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Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied

Titel: Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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besitzt ihn niemand«, räumte er ein. »Wenn du eine Barohna wärst, würde ich sagen, es ist nicht möglich, daß ein Stein lebt, der zu einem Paar gehört, wenn der andere keinen Besitzer hat. Aber du bist keine Barohna. Du bist nicht einmal eine Palasttochter. Dennoch brennt der Stein für dich. So ist der gewöhnliche Gang der Ereignisse außer Kraft gesetzt, und ich habe keine Antwort darauf. Hast du ungewöhnliche Träume erlebt, seit du den Stein zum erstenmal berührt hast? Träume, in denen du in den Verstand von jemandem eintratest? Das ist für gewöhnlich das erste Zeichen dafür, daß eine Verbindung hergestellt wurde.«
    »Nein. «
Aber was wäre, dachte er mit einem plötzlichen Kältegefühl, wenn jemand den zweiten Stein dazu benutzte, mit ihm Kontakt aufzunehmen? Wenn jemand seine Gedanken so selbstverständlich läse, als hätte er sie auf eine Rolle geschrieben und an der Wand angeschlagen? Seine Hände verkrampften sich, er kämpfte gegen den Impuls, den Stein aus dem Beutel zu nehmen, ihn auf die Fliesen zu schleudern und zu zermalmen. Falls jemand erführe, wie klein er hinter der Maske seines Gesichtsausdrucks war, wie unsicher er war – falls jemand seine intimsten Gedanken erführe, und seine Befürchtungen ...
    Wieder rieb er die Schläfen, jetzt stärker, und hielt sich an etwas fest, das der Edelsteinmeister gesagt hatte. Hielt sich so daran fest, als wäre es seine Rettung. »Ihr habt keine Antworten. Ihr habt überhaupt keine Antworten.«
    »Nein, ich habe keine«, stimmte der Mann zu, seine Augen waren von Schatten umgeben. »Ich bin nur ein Handwerker. Ich gehe auf die Berge und entdecke dort frische Adern. Ich breche die Steine. Dann enthülle ich mit meinen Werkzeugen ihre lebenden Kerne. Ich schneide und schleife, bis der Stein für die Barohna bereit ist, die ihn in Auftrag gegeben hat. Ich schneide Sonnensteine. Ich schneide Paarungssteine. Einmal schnitt ich einen Augenstein für eine Barohna, die mich zu ihrem zeitweiligen Gefährten nahm. Aber er zerbrach, als sie ihn an ihrem Winterpalast angebracht hat. Und wir bekamen keine Tochter.
    Ich weiß, wie man eine Platte in Scheiben zerlegt und wie man einen Stein schneidet und schleift. Aber mein Meister hat mir nie beigebracht, die Fertigkeiten zu begreifen, die er in meine Hände gelegt hat. Ich weiß nicht, weshalb ein fertiger Sonnenstein Sonnenlicht einfängt, und weshalb er es nur für eine Barohna tut. Ich weiß auch nicht, weshalb eine Palasttochter auf ein Tier treffen muß, um eine Barohna zu werden. Warum der Körper der Palasttöchter eine derartige Stimulation benötigt, um sich zu verändern. Und warum die Veränderung so schnell und so gründlich vor sich geht.
    Ich weiß, daß es früher keine Barohnas gab. Es gab auch keine Sonnen- und Paarungssteine, bis eines Tages ein Mann namens Lensar erkannte, daß sich etwas im Inneren eines Steinblocks befand, der aus dem Berghang gebrochen war. Als er es herausschnitt und schliff, als er fand, was er suchte, und es in den Facetten eines Edelsteins einfing, stellte sich heraus, daß die Frau, die ihn liebte, wußte, was sie mit dem Edelstein anfangen konnte. Sie wußte, wie man das Sonnenlicht in ihn konzentrieren und später abrufen konnte.«
    »Sie verbrannte ihn«, sagte Danior lustlos. Er wollte nicht mehr darüber nachdenken, was geschehen konnte, wenn man einen Stein ohne Erfahrung benutzte.
    »Ja, sie verwandelte ihn in Asche, bevor sie begriff, was sie getan hatte. Bevor sie erkannte, wie heiß Sonnenlicht sein kann, wenn es in einem Sonnenstein gespeichert worden ist. Sie begriff nie, weshalb sie gewußt hatte, daß man das Sonnenlicht im Stein speichern und wieder daraus befreien konnte. Nicht mehr, als deine Mutter das Verfahren begreift, durch das sie jedes Frühjahr Sonnenlicht von den Berghängen anzieht, um die Felder für die Aussaat aufzutauen. Sie nutzt den Prozeß, ohne ihn zu verstehen. Wenn sie wartete, bis sie ihn verstünde, würde sie sterben, ohne den Stein je benutzt zu haben.«
    Er richtete seine leuchtenden Augen voll auf Danior. »Verstehst du, was ich damit sagen will?«
    Danior musterte die intensiven Augen, das verwitterte Gesicht. Sie waren wie Erde und Himmel, das eine abgenutzt und ausgewaschen, die anderen so klar, daß es weh tat, wenn man direkt in sie schaute. »Ihr könnt mir nicht sagen, ob jemand den anderen Paarungsstein besitzt?«
    »Ich kann es dir nicht sagen.«
    »Ihr könnt mir auch nicht sagen, weshalb dieser hier für

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