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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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Umschwung in ihrer Stimmung hatte ihn offensichtlich argwöhnisch gemacht. »Ich habe es schon vor langer Zeit beschlossen.«
    »Mich zu fragen?«
    »Daß ich es wünschte, dich zu fragen.«
    Vielleicht hatte er es sich bereits in der Holzrauchnacht vorgenommen, als sie beinahe miteinander getanzt hätten. »Hat es einen Preis?« erkundigte sie sich.
    Seine angespannten Gesichtszüge verloren etwas von ihrer Starre. »Es ist deine Sache, einen Preis festzulegen, nicht meine.«
    Es sollte an ihr sein, einen Preis von einem Jäger zu verlangen. Das amüsierte sie.
    »Dann habe ich ihn schon genannt«, sagte sie. »Wenn du mich unterrichtest, werde ich ... werde ich ein Jahr lang in deinem Palast leben.«
    Die Berge. Sie benötigte keine Bedenkzeit. Sie hatte nie daran gedacht, sich einen Gefährten zu nehmen. Das war für sie immer eine Selbstverständlichkeit für die Zukunft gewesen; mehr eine Pflicht als eine Wunscherfüllung.
    Sie konnte schon die kalte Bergluft schmecken. Sie konnte das Prasseln des Lagerfeuers hören und den würzigen Geruch dessen riechen, was sie sich zubereiten würden. Sie
    würden sich jeden Tag so unterhalten, wie sie es heute getan hatten – würden miteinander lachen und ihre gemeinsamen
    Interessen erfahren. Und ihre unterschiedlichen Ansichten. Nach Ablauf des Jahres würden sie möglicherweise beschließen, noch ein Jahr zusammen zu verbringen. Oder vielleicht würden sie sich auch trennen. Aber wenn ihre Mutter Einwände vorbrächte, wenn es sie schmerzte ...
    »Meine Mutter ...« fing sie zögernd an.
    Er schüttelte den Kopf. »Sie wird es verstehen.«
    Reyna nickte langsam. Er hatte recht. Ihre Mutter hatte Juaren nie in ihr Herz geschlossen, nicht länger als einige Minuten, und dann nur, weil Iahn in der Wüste war. Falls sie Neuigkeiten über Birnam Rauth brächten, und wenn ihr Vater in den Palast zurückkehrte, würde Juaren für Khira nichts anderes mehr bedeuten als die übrigen Männer in den Hallen. Als Reyna das erkannte, blickte sie rasch auf. »Jetzt kennst du meinen Preis.«
    Erb lächelte deutlich erleichtert. »Er entspricht genau dem Preis, den ich verlangt hätte.« Er blickte in die Richtung zurück, in der ihr Schiff war. »Ich werde gleich anfangen, ihn zu entrichten, wenn du bereit bist, dich mir als Lehrling zu verdichten.«
    »Ich bin bereit.«
    Er dachte angestrengt nach. »Es gibt Pflichten. Du mußt dir die alten Worte merken. Und du mußt in allen Dingen auf mich hören.«
    »Oh? Muß ich es schwören?« neckte sie ihn.
    Er ging nicht auf ihren launigen Ton ein, nur auf ihre Worte. »Nein, du mußt nur zuhören; aber genau.«
    »Ich werde es tun«, versprach sie und lachte über seine Ernsthaftigkeit.
    Er entspannte sich. Sie bewegten sich kreisförmig von ihrem Lagerplatz fort und untersuchten gemeinsam den Boden. Juaren benutzte Reynas Spieß dazu, auf einzelne Spuren zu deuten, und sie versuchte zu erraten, was sie bedeuteten. Allzuoft fielen ihr die Zeichen nicht einmal auf, bis sie sich auf den Boden kniete und sie ganz genau betrachtete. Juaren wartete wortlos, als wäre sie blind und bemühte sich darum, ihren Weg zu finden; als wollte er ihr Gelegenheit geben, die Spuren ohne aufdringliche Hilfe zu finden.
    »Ich kann nicht begreifen, wie du gestern überhaupt etwas sehen konntest«, sagte sie schließlich und schlug sich den Staub von den Knien. »Wir sind so schnell gegangen.«
    »Wenn du Schriftrollen entzifferst, hältst du dann bei jedem Zeichen inne und studierst es für sich?«
    »Nein«, erwiderte sie. »Aber ...«
    »Es ist so viel schwieriger, die Bedeutung eines Textes zu verstehen. Ich weiß es, weil ich auf diese Art gelesen habe, bevor mir Komas beibrachte, meine Augen rasch zu bewegen und sie als Fenster zu betrachten, an dem die Zeichen schnell vorüberhuschten, so daß mein Gehirn ihr Muster mitbekam und es mir meldete. Anfangs mußt du bei jeder Spur anhalten und sie für sich betrachten. Du mußt deinem Kopf Vorschläge dazu machen, wie sie zu interpretieren ist. Aber später mußt du rasch vorgehen und darüber hinwegsehen; dann kannst du die Zeichen als Teile eines größeren Musters erkennen.«
    Die Gesamtheit der Dinge sehen.
Sie dachte scharf nach und fragte sich, ob das möglicherweise die wichtigste Aussage des Unterrichts darstellte. Sie fragte sich, wann sie bereit sein würde, diese Erkenntnis in der Praxis anzuwenden. Rasch schwenkten ihre Gedanken in eine zweifelhafte Richtung ab.
    »Juaren ...«
    Er war im Wald

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