Sternenstaub
er hat angeboten, mich zu begleiten, weil er Chronist ist und weil er weiß, wie sehr man sich danach sehnen kann, nach seinen Wurzeln zu suchen, wenn jeder alles an dir falsch findet.«
Da wurde ja die Aubergine in Berts Pfanne verrückt! Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, suchte und kramte nach irgendwelchen Worten, aber mir wollte einfach nichts einfallen.
»Weißt du, Mia, vielleicht kann ich mit manchen Situationen nicht so richtig umgehen und sage oder tue daher oft das Falsche, aber das heißt nicht, dass sie mich nicht berühren.«
»Mit einigen sogar.«
Sie schenkte mir einen Seitenblick. »Was?«
»Du gehst mit einigen Situationen spooky um, nicht nur mit manchen.«
Sie grinste, und da hoben sich unweigerlich auch meine Mundwinkel.
Tja, da denkt man, man sei so mitfühlend, und merkt gar nicht, dass man auch nur aus einer Richtung blickt, oder blicken will. Etwas hilflos stocherte ich in meinem Kopf herum, weil ich noch immer nicht genau wusste, was ich jetzt sagen sollte. Und dann kam mir eine ganz einfache Rechnung: Sie war fremd hier + ich war fremd hier = … na ja, eben gleich.
Ich hielt ihr die Hand hin. »Schwamm über alles, was war, okay?«
»Komm schon, Mia. Du weißt genauso gut wie ich, dass wir niemals richtige Freundinnen werden.«
Okay, ich war noch nie gut in Mathe. Doch dann fügte sie ihren klaren Worten noch etwas hinzu: »Aber wir könnten versuchen, uns gegenseitig zu respektieren.«
»Was?«
Mirjam zuckte mit den Achseln. »Jetzt sind wir beide hier, und Iasons Verschwinden verbindet uns. Lass uns wenigstens da zusammenhalten.«
Moment mal! DAS war das Stichwort! Nie hätte ich gedacht, dass ausgerechnet sie der Schlüssel zur Lösung sein könnte.
»Mirjam, du bist meine letzte Hoffnung, weißt du das?«
Jetzt war sie diejenige, die stutzte. »Alles klar mit dir, Wiedemann?«
»Meinst du das ernst, das mit dem Zusammenhalten?«
»Ähm, was hast du vor?«, fragte sie misstrauisch.
Ich erzählte es ihr, und Mirjam regte sich erst mal so richtig gummihuhnmäßig auf, mit kleinen Hüpfern, hektischem Handwedeln und so weiter. »Das willst du nicht wirklich machen, du nimmst mich auf den Arm!«
Meine Gedanken schweiften zurück zu Iason. »Sehe ich so aus?«
Oh Mann, sie musterte mich tatsächlich. »Nee, du heulst ja fast.«
»Blitzmerker.«
»Aber warum gehst du dann nicht hin und fragst ihn selbst?«
»Weil ich ihn nicht dazu bringen könnte. Dir vertraut er.«
Mirjam verschränkte die Arme vor der Brust und musterte mich skeptisch. »Da staunst du, hm? Dass mir jemand vertraut.«
Ich war nicht in der Lage zu streiten. Die Gedanken an Iason begannen erneut, mich zu verschlingen. »Stimmt, ich verstehe es nicht, aber wenn ihn jemand überzeugen kann, dann du.«
»Das stimmt«, fiel sie in ihren alten überheblichen Duktus zurück.
Sie schüttelte mit dem Kopf. »Aber Mia, das ist Wahnsinn! Ich meine, es würde dir ja mal recht geschehen, dass du richtig auf der Nase landest, aber …«
Müde sah ich zu ihr hin. »Das bin ich doch schon längst.«
Sie begegnete meinem Blick und ich spürte einen schmerzhaften Stich in meiner Magengrube. »Iason ist bei Lokondra, Mirjam. Nur Gott weiß, was man ihm dort gerade antut.« Ich gab ein kehliges Seufzen von mir. »Und bei Tony ist nicht mal sicher, ob er überhaupt noch lebt.«
Einen endlos scheinenden Moment sahen wir uns an. Sahen uns einfach nur an. »Entschuldige«, sagte sie schließlich, »so habe ich das nicht gemeint.« Sie kam zu mir und tätschelte unbeholfen meine Schulter. »Ich sagte doch, ich bin manchmal echt ein Trampel.« Wie wahr, aber gerade spielte das keine Rolle. Ihre Stimme bekam einen seltsamen Klang. »Was du da planst, ist Harakiri, Mia, das ist dir doch hoffentlich klar.«
Und genau deshalb bist du genau die Richtige. Denn alle, denen etwas an mir liegt, die würden mich das niemals tun lassen!
35
A rghiii! Ich hänge fest!«
Sind wir doch mal ehrlich. Auch wenn ich Miss Mirjam von Gummiburg jetzt in einem anderen Licht sah, so war und blieb sie doch eine Nervensäge.
Hell durchtrennte mit einem Eiskristallstrahl aus seinen Augen den Dornenstrang, der sich um Mirjams Bein unterhalb des Minirocks schlang. Nicht zu fassen, in welchen Klamotten sich das gute Kind auf Dschungeltour begeben hatte.
»Verflixt, das war meine letzte Strumpfhose ohne Laufmasche!«
Ich rollte mit den Augen und schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Möge, welcher Gott auch immer, mir die Kraft
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