Sternenstaub
eingesperrt!«
»Überzeuge dich selbst.« Lokondra nickte und gab seinem Drohnen eine Anweisung auf loduunisch, woraufhin der in das Mikrofon eines Headsets sprach.
»Ihr seid hier vernetzt?«
Während Lokondra zu seinem XXL-Schreibtisch schlenderte, zuckte er mit den Schultern. »Wir leben hier ähnlich wie auf der Erde.« Er kehrte mit einer runden Scheibe zurück, die ich so ähnlich schon mal bei Iason gesehen hatte. Was machte er denn jetzt damit? Mit einem kurzen Flimmerblick auf die Hardware löste er eine kleine kameraversehene Libelle aus der Verschalung, die schneller als ein Lidschlag aus dem Fenster verschwunden war. Wenige Augenblicke später erschien vor der Fensterfront das Hologramm einer Waldlandschaft, die jetzt im Turbo von der Libelle durchflogen wurde. Sauste das Ding etwa schnurstracks zum Domestikationslager? Wenn ja, dann zog unser iCommplete im Vergleich damit aber ganz klar den Kürzeren.
Lokondra bedachte mein Staunen mit einem Schmunzeln. »Du siehst, ich ziehe gern aus jedem Lebensmodell die Vorzüge.«
Jetzt erreichte die Libelle den Zaun, schlüpfte durch eine Raute und hielt im Eiltempo auf eine der vielen kleinen Hütten zu.
Weiter ging es durch die Tür. Mehrere Reihen Fünfstockbetten taten sich vor uns auf, in der dritten Reihe auf Etage zwei drehte ein zarter blonder Junge seine Daumen umeinander und baumelte dabei mit den Beinen. Der Kleine hob den Blick.
»Tony!« Ich drückte meinen Handrücken vor den Mund, während mir Freudentränen in die Augen schossen. Mein Tony! Er war am Leben!
»Ist er das?«, erkundigte sich Lokondra leise.
Ich nickte und rang meinen Stimmbändern ein zittriges »Ja« ab, während ich wie gebannt auf das Hologramm starrte.
Den Blick ebenfalls nach vorn gerichtet stand Lokondra mit locker verschränkten Armen neben mir. »Er kann dich nicht sehen, aber wenn du mit ihm sprechen magst, nur zu.«
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich näherte mich dem Hologramm. »Tony! Tony, hörst du mich?«
Verdutzt blickte sich der Kleine um. »Mia?«, fragte er zunächst noch unsicher. Aber dann sprang er aufgeregt vom Bett und rief aus vollen Lungen, sodass seine Schultern bebten: »Mia! Bist du hier?«
Ein wehmütiges Lächeln stahl sich auch in meine Stimme. »Nein, aber ich kann dich durch dieses elektronische Ding vor dir sehen – zumindest wenn du mal an einem Platz stehen bleiben würdest.«
»Ach so.« Seufzend kletterte er wieder auf sein Bett.
»Bekommst du genug zu essen?«, fragte ich besorgt.
»Ja.«
»Und ist auch sonst so weit erst mal alles okay mit dir?«
Unschlüssig kratzte er sich an der Wange. »Och, geht so. Ich wollte eigentlich nach Hause, aber die Tante hier meint, dass es dort nicht sicher genug wäre und dass ich deshalb erst mal hier wohnen müsste. Du«, er zog die Nase kraus, »ich weiß nicht, ob ich ihr das glaube. Kennst du sie vielleicht?«
Ich kämpfte um meine Stimme. »Nein, tue ich nicht. Aber was ist denn überhaupt passiert?«
Ratlos hob er seine kleinen Hände. »Das kann ich mir auch nicht erklären. Eben war ich noch unterwegs nach Hause und dann«, er hob die Schultern bis zu den Ohren hoch und ließ sie gleich darauf wieder fallen, »schwupps, war ich hier. Auch an das, was davor war, erinnere ich mich nicht genau.«
Sie hatten ihm die Erinnerung genommen. Vielleicht war das auch besser so.
»Wo bist du denn eigentlich, wenn du mich sehen kannst?«
Ich rang um eine feste Stimme. »Das spielt doch jetzt keine Rolle«, antwortete ich leise. Lokondra gab mir mit einem Nicken zu verstehen, dass ich jetzt zum Ende kommen sollte.
»Du, ich muss Schluss machen, aber ich verspreche dir, ich komme dich so bald wie möglich besuchen.«
»Au fein!« Tony klatschte in die Hände, auf seinem Gesicht breitete sich das von mir so geliebte Strahlen aus. Dann löste sich das Hologramm auf und gab wieder den Blick auf die Skyline hinter dem Fenster frei.
Irgendwo hatte ich einmal gehört: Verlassen zu werden, ist zu verlieren, wen man braucht. Ich brauchte Iason und ich brauchte Tony. Ohne sie war es, als läge ein Tuch aus Schmerz über mir. Es ließ mich nur noch trübe sehen, trübe fühlen, ja sogar trübe atmen.
»Sobald du dich stark genug für die Verbindung fühlst, bringe ich dich zu ihm«, versprach Lokondra.
Ich senkte die Lider. »Ich fühle mich stark genug.«
Mit gekonntem Griff richtete Lokondra sein Jackett. »Wie schön. Dann lasse ich alles vorbereiten.«
43
G erome, der
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