Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
Vom Netzwerk:
ich nicht verstand, was ich zu verstehen glaubte. Meine Auffassung von Richtig und Falsch, von Schuld und Gerechtigkeit wurde völlig durcheinandergewirbelt und ich fragte mich: Gab es sie überhaupt, die wahre Moral? Heiligte der Zweck wirklich die Mittel? Was wog ein einzelnes Leben? Ich hatte verstanden, es ging hier nicht um Klara oder mich oder sonst irgendwen. Jeder Einzelne von uns war ein Rädchen im Kampf gegen den Untergang. Wir waren dabei nichts als Werkzeuge. Es ging allein darum, dass der Großteil überlebte. Wie ich schon sagte, wo es ums Überleben ging, spielten Rücksicht und Mitgefühl wohl keine Rolle mehr. Die Frage war nur: Wenn wir selbst diese sozialen Grundwerte über Bord warfen, was würde dann aus denen, die diesen Krieg überlebten? Barg eine dermaßen verrohte Gesellschaft nicht jede Menge Futter für neue Gewalt, für einen neuen Krieg?
    In diesem Moment trat Klara wieder nach draußen. Sie hatte alles gehört.
    Skyto drehte sich zu ihr. »Lassen wir sie selbst entscheiden.«
    Klara legte neues Holz aufs Feuer. Das bernsteinfarbene Lodern fachte auf, wurde größer. Sie wendete sich zu uns um. Stiebende Flammen schossen in den schwarzen Himmel hinaus und der Geruch von zerplatzendem Harz und Holzkohle schlich hinter ihr hervor. »Lokondra hat mir meine Familie genommen. Und er hält meine kleine Schwester gefangen. Ich will genau wie ihr, dass dieser Krieg ein Ende findet, und bin da, wenn ihr mich braucht, das ist mein Sinn.«
    Eine merkwürdige Stille legte sich über ihre Worte. Über den Platz. Über alles hier.
    Ich konnte es noch immer nicht fassen und sah zu dem engelsgleichen Wesen, das ich als Gefahr sehen wollte, das ich gern hassen wollte, in dieser Situation aber spürte ich einfach nur eine alles überlagernde Angst um sie.
    »Und was geschieht jetzt mit Mia?«, fragte Lyra.
    Skyto schenkte mir einen langen Blick. »Das Schicksal hat sie hierhergeführt«, sagte er schließlich. »Dann lassen wir ihm jetzt auch seinen Lauf.«
    Skyto und Iason schauten sich an. Eine wortlose Unterhaltung, bis Skyto den Blickkontakt abbrach, weil er sein Trejas aufspießte und über das Feuer hielt. »Ich brauche drei Tage für Klaras Langzeitinitiation, denn ich muss ihr auch einen vermeintlich neuen Sinn suggerieren. Geht ihr inzwischen zu euren Clans und seht dort nach dem Rechten. Wir treffen uns in vier Tagen in der Höhle nahe des Delos.«
    »Und welcher Sinn soll das sein?«, erkundigte Iason sich.
    Skytos Hand griff fester um den Stock in seiner Hand. »Rache.«
    Die anderen nickten. Rache, das Wort hallte in meinem Kopf nach. Ich nahm den leeren Wasserkrug, um ihn aufzufüllen. Und dann reihten sich vor meinem inneren Auge die Einzelheiten des heutigen Abends wie eine Kette aneinander. »Irgendetwas verschweigt ihr mir doch. Was ist so besonders an Lokondras Stadt? Und was hat Trom bei dem Treffen zu euch gesagt?«
    Iason kam zu mir und wollte mir den Krug abnehmen, aber ich drückte ihn an mich. » Nos ej dvaS . Nichts von Bedeutung.«
    Das war gelogen, und genau so sah ich ihn jetzt auch an. Aber auch er weitete mahnend die Pupillen. Sein Leuchten wurde ein zorniges Funkeln, während er mir so nahe kam, dass ich nicht nur seinen Herzschlag spürte, sondern auch, wie das Blut in seinen Adern rauschte. Entschieden telekinierte er mir den Krug aus der Hand. »Lass mich das machen. Loduunische Waschbecken brauchen eine sensible Behandlung.«
    Also, das war ja … dieser sture … da fehlten mir echt die Worte. Stattdessen jagte ich ihm hinterher und fasste ihn an der Jacke. »Raus damit, sonst bekommst du meine Entschlossenheit gleich so heftig zu spüren, dass dir schwindlig wird. Ich werde nicht nachgeben.«
    Er fuhr zu mir herum. »Schluss jetzt, Mia!« Eine kalte Welle der Wut schwappte mir entgegen. »Dass du hier bist, ist schlimm genug! Falls du doch in Lokondras Hände gerätst und zu viel weißt, wäre das nicht nur für dich gefährlich!« Mit einer ruckartigen Bewegung zeigte er auf die beiden Linien seines Shanjas, die besagten, dass irgendwann eine alles bestimmende Entscheidung anstand. Meine Entscheidung, von der eines Tages abhängen würde, ob er oder Lokondra ihren Sinn erfüllten.
    Wie hatte ich das nur außer Acht lassen können?
    »Wenn wir etwas erfahren, das auch für deine Ohren bestimmt ist, sagen wir dir Bescheid.« Er ging an mir vorbei in die Hütte.
    Fassungslos blickte ich ihm nach und drehte mich schließlich zu den anderen, die jedoch alle meinem

Weitere Kostenlose Bücher