Sternenwind - Roman
nach vorn und ließen den Hals vor- und zurückschaukeln, als würden sie auf der Ebene neue Kraft tanken.
Akashi ließ uns fünfzig Meter vor dem Raumhafen auf einer breiten felsigen Ausbuchtung des Weges anhalten. »Bleibt hier. Ich reite voraus und werde mich überzeugen, dass der Raumhafen leer ist.«
»Sei vorsichtig«, sagte Liam.
»Es ist noch nicht so schlimm, dass jemand auf mich schießen würde«, sagte Akashi. »Aber seid auf der Hut und steigt nicht ab.« Er drehte sich um und ritt auf den Raumhafen zu. Er wurde unsichtbar, doch wir hörten noch eine ganz Weile seinen knirschenden Sattel und die Schritte des Gebras.
Mondlicht erhellte die kleinen Schmerzfalten auf Palomas Stirn. Sie hob eine Hand. »Liam. Was ist sonst noch passiert? Wir wissen von der Schlägerei, der ersten, aber entweder hat Tom kaum etwas von Nava erfahren …« Sie hielt kurz mit gerunzelter Stirn inne. »… oder er hat mir nicht alles weitererzählt.«
Liam räusperte sich und nahm einen Schluck Wasser aus der Flasche, die an seinem Sattel hing. »Ruth. Ruth kehrte nach Artistos zurück und wartete nur so lange, bis wir die Gabelung erreicht hatten und außer Sichtweite waren.«
Ich stöhnte, als ich wieder das Bild vor mir sah, wie sie und Nava in unserer Küche gelacht hatten, am gleichen Tag, als sie Alicia angeklagt hatte und man uns beinahe aus der Stadt geworfen hätte.
Liam sprach weiter. »Ruth nahm sich ein paar Leute aus ihrer Sippe, auf die sie sich am meisten verlassen kann, und ließ die anderen allein das Winterquartier aufschlagen. Sobald sie in Artistos war, diskutierte sie mit jedem, der ihr zuhören wollte, und verlangte eine Entscheidung, dass ihr alle unter so etwas wie Hausarrest gestellt werdet, wenn ihr zurückkehrt. Wei-Wei unterstützte ihre Forderung, Lyssa war dagegen, aber sie kann sich nicht annähernd so viel Gehör verschaffen. Hunter und Nava wollten sich nicht festlegen, soviel ich weiß. Nava war die Einzige, die mit Akashi gesprochen hat, und sie sagte, dass ihre Meinung gespalten ist.«
»Das stimmt«, sagte ich. »Ihr habt sie gesehen. Wäre sie wirklich gewillt gewesen, uns gefangen zu nehmen, hätte sie sich größere Mühe gegeben.«
»Aber sie setzt sich auch nicht für uns ein«, sagte Liam. »Akashi ist stinksauer auf sie. Ich glaube, er ist auf sie alle stinksauer. Weil sie euch so schändlich betrogen haben.«
»Sonst noch etwas?«, fragte Paloma.
Liam schüttelte den Kopf. »Nichts, wovon ich wüsste. Vergiss nicht, dass auch wir nicht dabei waren.«
Eine Weile schwiegen wir alle. Der erste Hauch Tageslicht zeigte sich am Himmel. Ein kühler Morgenwind blies mir ins Gesicht und zerzauste Tigers Fell, das immer dichter wurde, je näher der Winter kam.
»Wann werden Joseph und Alicia zu uns stoßen?«, fragte Kayleen.
»Ich weiß es nicht.« Liam wandte sich an Kayleen. »Was ist mit deinem Fuß passiert?«
Wir berichteten ihm von unserer Rundreise um den See und ließen nur die Höhle, das Stirnband und die Datenspeicher aus. Als wir von der Jagd erzählten, lachte er. »Ich jage schon seit Jahren. Akashi ermutigt mich, meine Fähigkeiten zu entwickeln.« Er warf mir einen Seitenblick zu. »Hat es dir Spaß gemacht?«
Ich lachte, gerührt, dass er dachte, es könnte nicht so gewesen sein, und dass es ihn interessierte, was ich empfand. »Nicht so viel wie Joseph.«
Die Teile auszulassen, die wir Paloma noch nicht erzählen konnten, ließen den Ausflug wesentlich uninteressanter erscheinen, und Kayleen und ich wechselten einen bekümmerten Blick, als wir erklärten, wir hätten schließlich die Gebras wiedergefunden. Aber ich war noch nicht bereit, Paloma Dinge anzuvertrauen, die Jenna geheim halten wollte, obwohl ich es mir wünschte, da sie entschieden hatte, bei uns zu bleiben.
Als wir fertig waren, blickte sich Liam über die Schulter um, wahrscheinlich um nach Akashi zu sehen. Die Spitzen der Gräser wurden nun vom Sonnenschein glasiert. Liam runzelte die Stirn.
Kayleen sah ihn mit einem erschöpften Lächeln an. »Erzähl uns von den Drachenvögeln.«
Liam lächelte zurück. »Sie fingen an zu krächzen, als wir noch etwa zwei Kilometer vom Drachensee entfernt waren. Sehr laut, als würden sie schreien. Das Gleiche taten sie, als wir sie einfingen. Dann sahen wir eine ganze Familie der Vögel, die wie fliegende Rotbeerenbüsche aussahen und den Wagen verfolgten. Ich wette, dass es mindestens zehn waren. Die beiden im Käfig schrien immer lauter, je näher die
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