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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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hing in ihrem Haar, und ihre langen Schuhe waren mit einer Mischung aus Schlamm und Heu verklebt. Sie wuchs schon wieder aus ihren Schuhen heraus. Eric, der Schuhmacher, zog sie immer wieder damit auf, dass sie einen ungewöhnlich hohen Verschleiß hatte. Niemand sonst auf Fremont hatte so lange oder bewegliche Füße wie Kayleen.
    Sie streckte sich. »Was für ein Tag! Mutter hat mir aufgetragen, in zwei kompletten Erntescheunen alles zu zählen, und das, während die Leute immer neue Sachen hereinbrachten und ständig alles umräumten. Die Getreidescheffel musste ich zweimal zählen, bis ich die richtige Menge ermittelt hatte.« Sie ließ sich auf eine Bank fallen, ohne Luft zu holen oder eine Pause zu machen. »Außerdem musste ich auf beide Heuböden klettern – wegen des Gebraheus und des Wiesenlieschgrases. Ich habe von eurem Abenteuer gehört – es freut mich, dass nichts Schlimmes passiert ist. Hast du gehört, dass die Vagabunden nach Artistos unterwegs sind? Ich habe ein paar Zwillingsbaumfrüchte und Wasser mitgebracht. Ihr beiden scheint euch rundum wohlzufühlen. Wo ist Joseph?«
    Bevor ich reagieren konnte, beantwortete Joseph ihre Frage selbst, als er unter den Baum kam. »Hallo. Chelo, was macht dein Kratzer? Ich habe dir Salbe mitgebracht.«
    »Danke.« Meine Wangen röteten sich, als ich mir Schuhe und Hose auszog, bis ich nur noch meine Unterwäsche und ein Hemd trug, das kaum lang genug war, sie zu verdecken.
    Kayleen blinzelte. »Du meine Güte! Ein Kratzer ist aber etwas anderes. Und du kannst wirklich mit dem aufgeschlitzten Bein laufen?«
    Joseph verteilte Palomas Pflanzenölsalbe behutsam auf meiner aufgerissenen Haut. Die Salbe zog mit brennendem Kitzeln tief ins Bein ein. Ich biss die Zähne zusammen, weil ich nicht vor Schmerz aufschreien wollte. Es war schon schwierig genug, im Zentrum von so viel Aufmerksamkeit zu stehen.
    Bryan wandte dezent den Blick ab, während ich mir vorsichtig die Hose wieder anzog. »Also wirst du heute nicht durch die Gegend rennen«, sagte er. »Haben Joseph und du schon überlegt, was die Sache mit dem Schlüssel bedeuten könnte?«
    Ich seufzte. »Ich habe ihm noch gar nicht davon erzählt. Ich wollte es nicht gleich nach dem gestrigen Ausflug tun.«
    Joseph warf mir einen bösen Blick zu.
    »Ich wollte es dir auf jeden Fall sagen«, fuhr ich fort. »Ich dachte nur … dass du schon genug unter Druck stehst. Weil Nava dir ständig auf die Nerven geht.« Ich setzte mich vorsichtig und blickte Joseph in die Augen. »Jenna hat Kayleen und mich kürzlich überrascht, als wir an Tor fünf gearbeitet haben, um die Datenknoten wieder zu vernetzen, kurz nachdem die Tatzenkatze eingedrungen war. Jenna sagte zu uns, wir sollten dafür sorgen, dass du dich wieder um die Datennetze kümmerst. Angeblich bist du der ›Schlüssel‹. Sie war sehr hartnäckig und schien zu glauben, dass wir wissen müssten, was sie meinte. Genaueres hat sie nicht gesagt.«
    Joseph legte sich auf eine Bank und starrte zum Blätterdach des Zeltbaums hinauf. Sein Gesicht verhärtete sich zu einem angestrengten Stirnrunzeln. »Ich will nie wieder in den Datennetzen unterwegs sein.«
    Ich nahm die Zwillingsbaumfrucht an, die Kayleen mir hinhielt. »Ich weiß. Aber wir brauchen deine Hilfe. Kayleen schafft es nicht ganz allein.«
    »Artistos kam ganz gut zurecht, bevor wir hier eintrafen.«
    »Tom hat das Gleiche gesagt, aber auch, dass wir alle zusammenhalten müssen.« Das war eine wichtige Regel für jede Kolonie. Also auch für unsere. Jeder, der diese Regel verletzte, erntete böse Bemerkungen und wurde mit schwierigen Aufgaben betraut. »Die Netze sind viel stärker, seit du daran mitarbeitest. Du hast einen bedeutenden Beitrag geleistet.«
    Joseph hielt den Blick unverwandt auf das anmutige Gewölbe des Blätterdachs gerichtet. Er hatte die Lippen fest zusammengepresst. Er schwieg eine ganze Weile, und als er wieder sprach, klang seine Stimme leise und stockend. »Ich weiß. Aber ich glaube, dass ich es sowieso nicht schaffe. Noch nicht. Ich kann mich nicht genug entspannen.« Er sah mich wieder an. »Früher habe ich ständig die Daten gehört, und jetzt bin ich nicht mehr dazu in Lage, seit …«
    »Könnte dein System ausgebrannt sein?«, fragte Kayleen. »Wenn ich versuche, mich auf drei Ströme zu konzentrieren, bin ich anschließend manchmal eine Zeitlang taub für das Netz. Hat dich ein übermäßig starker Datenstrom verletzt? Vielleicht brauchst du einfach nur etwas Zeit, um

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