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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ich.
    Er lachte. »Vielleicht. Aber ich werde nach ihr suchen.« Damit stand er auf und lief zur Bühne zurück, um sich seinen Leuten anzuschließen.
    Auf dem Heimweg warf Joseph mir einen Seitenblick zu und fragte: »Wen würdest du vorziehen – Liam oder Bryan?«
    Darauf konnte ich ihm keine Antwort geben. Ich liebte beide. Aber eines Tages würde ich mich für einen Partner entscheiden müssen. Falls wir lange genug lebten. Einen Modifizierten. Wie könnte ich jemanden ertragen, dessen Sinne nur halb so scharf waren wie meine, der nur halb so schnell und halb so stark wie ich war?

Kapitel 6
    MARKTTAG
     
     
     
     
     
     
     
     
    Als ich aufwachte, verspürte ich die übliche Aufregung des Markttages. Ich dachte nicht an die Toten, nicht an Joseph, nur an den Markttag. Einen Tag voller Geschichten und Gesprächen mit Freunden. Mit Liam.
    Plötzlich ließ mich ein bedrückendes Gefühl ins Bett zurücksinken. Zum ersten Mal seit Jahren hatte ich nichts einzutauschen. Ich hatte Therese vor Augen, wie sie in der Nähe des Samtwaldes nicht weit von der Grenze kniete und im Sonnenschein leise vor sich hin summte. Mit ihren langen Fingern pflückte sie duftende Kräuter, die sie für die Suppe verwenden wollte, die wir für den heutigen Markttag geplant hatten. Wir wollten Strohkörbe flechten, um die Suppe darin zu transportieren, und sie mit gelben und roten Herbstblumen schmücken. Mit dem Kräutersammeln hatten wir eine Woche vor dem Erdbeben begonnen.
    Ich schüttelte den Kopf, um die Bilder zu vertreiben. Jetzt spielte es sowieso keine Rolle mehr. Ich konnte mir nicht vorstellen, die Suppe ohne sie zuzubereiten.
    Ich stand auf und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Im Haus war es ruhig. Nava und Tom waren vermutlich schon losgegangen.
    Unschlüssig sah ich mich in meinem Zimmer um. Was könnte ich anbieten? Ungewöhnliche Steine und getrocknete Blätter lagen auf meinem einzigen Regalbrett. Sonst nichts. An den Wänden hingen Bilder, die Joseph oder ich gezeichnet hatten, hauptsächlich Szenen aus Artistos, aber künstlerisch nicht wertvoll genug, um sie gegen etwas eintauschen zu können. In meinem Schrank entdeckte ich ein paar Kleidungsstücke, aus denen ich herausgewachsen war. Die Hosen waren für fast jeden zu lang, aber sie ließen sich kürzen. Ich faltete drei Hemden und zwei Hosen zusammen und legte sie vorsichtig in einen Rucksack. Dann ging ich hinüber, um Joseph zu wecken.
    Zweimal pro Jahr gab es einen Markttag, im Frühling und im Herbst. Im Frühling brachten die Vagabunden selbst hergestellte Stoffe mit, die sie mit Rotbeere, Sonnenkelch oder Schwarzwurz gefärbt oder im natürlichen blassen Olivton der Hanffasern belassen hatten. Im Frühling gab es Schmuck aus polierten Steinen und Tonperlen sowie kleine Malereien, handgeschnitzte Holzflöten, die mit farbigen Federn verziert waren. Schöne Dinge, die sich mit einfachem Werkzeug und Geduld machen ließen, die wenig Raum und keine industrielle Infrastruktur benötigten. Hauptsächlich handelten wir mit Töpfen, Gabeln, Messern, Nägeln und Rädern – praktischen Dingen, die aus der Schmelzhütte oder der Holzwerkstatt kamen.
    Sophia entwarf bestickte Hemden, die bei den Vagabunden sehr beliebt waren. Eric hatte Lederbeutel im Angebot, die zu seinen Schuhen und Stiefeln passten. Therese und ich hatten zweimal Seife aus Ziegenmilch gekocht, die wir mit Kräutern und Blütenölen verfeinert hatten.
    Auf dem heutigen Herbstmarkt hatte Artistos Äpfel, Heu, Getreide, Kürbisse, Bohnen und Tomaten im Angebot. Dafür gab es Wild und gesammelte Früchte des Waldes. Die Vagabunden würden sich Lebensmittel und Milchziegen aus den Herden dieses Jahres aussuchen. Auch Kunsthandwerk, Schmuck und Kleidung würden den Besitzer tauschen, aber die meisten Waren sollten den Regen und die Kühle des Winters erträglicher machen.
    Als ich Joseph fand, war er dabei, seine Taschen mit kleinen Holztieren zu füllen, die er geschnitzt hatte, einige vor dem Erdbeben, einige danach.
    Joseph und ich gingen zum Park – in langsamem Tempo, weil mein Bein seit der vergangenen Nacht wieder ein wenig schmerzte. Eine leichte Brise kühlte meine Wangen, und Singvögel zwitscherten in den Bäumen am Wegesrand.
    »Guten Morgen!«, rief Paloma hinter uns.
    Wir blieben stehen und drehten uns um.
    Kayleen und Paloma liefen auf uns zu. Paloma trug ordentlich gepresste Arbeitskleidung aus grünem Hanf. Kayleen war in eine grüne Arbeitshose und eine handbestickte

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