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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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kann. Ruth ist als Richterin ungeeignet, weil sie die Angelegenheit selbst ins Rollen gebracht hat.« Ich sah Alicia an, um sicherzugehen, dass ich ihre Aufmerksamkeit hatte. »Sie haben vorgeschlagen, dass Alicia wegen der Gerüchte eine offizielle Beschwerde gegen Ruth einreicht. Das Problem ist nur, dass es weder Beweise für ihre Schuld noch für ihre Unschuld gibt. Also könnte Alicia am Ende trotzdem schuldig gesprochen werden.«
    Nava kaute auf der Unterlippe. »Wenn es zum Prozess vor dem Stadtrat kommt, werde ich die Richterin sein, und ich muss unparteiisch bleiben. Das bedeutet, dass du hier nicht bleiben darfst.« Sie warf mir einen Blick zu. »Chelo, kannst du versuchen, sie bei Paloma unterzubringen?«
    Zu meiner Überraschung meldete sich Joseph zu Wort. »Ich werde zu ihr gehen.«
    Nava nickte. »Danke.«
    Joseph ging sofort hinaus. Er gab sich keine Mühe, die Tür lautlos zu öffnen und zu schließen.
    Nava wandte sich wieder an Alicia. »Was willst du tun?«
    Alicia beugte sich vor, straffte die Schultern und nahm einen tiefen, zitternden Atemzug. Sie sprach mit deutlicher und fester Stimme. »Ich will nicht mehr zur Sippe zurückkehren, nicht zu Bella und Michael. Ich möchte mich Akashis Sippe anschließen. Ich möchte meine Unschuld beweisen. Ich möchte normal behandelt werden. Ich habe nicht darum gebeten, anders zu sein oder hier zu leben. Ich kann nichts dafür, dass ich so bin, wie ich bin.«
    Nava schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich dir nichts versprechen, außer dass du für diese Nacht Unterschlupf in der Stadt finden wirst. Weiß irgendwer, dass du hier bist?«
    »Wahrscheinlich. Verschiedene Leute haben uns gesehen.«
    Nava blickte zu Tom auf.
    Er schien ihre unausgesprochene Botschaft verstanden zu haben, da er sofort antwortete. »Ich werde zur Ostsippe gehen und sie informieren, dass Alicia hier ist.«
    Nava stand auf. »Chelo, komm mit mir in die Küche. Ich brauche eine Tasse Tee.« Es klang wie ein Befehl. Sie ging hinaus.
    »Ich bin gleich bei dir«, rief ich ihr nach. Ich sah Alicia an, und mit einem leichten Nicken gab sie mir zu verstehen, dass alles in Ordnung war. Ich ging zu meinem Kleiderschrank und nahm eine saubere Hose und ein weißes Hemd heraus, das gut zu ihrem langen dunklen Haar passte. »Hier – vielleicht geht es dir besser, wenn du duschst und dir frische Sachen anziehst.«
    Sie lächelte zum ersten Mal an diesem Abend. »Danke.«
    Ich beobachtete, wie sie aufstand und mit unsicheren Schritten zum Bad ging. Dann machte ich mich auf den Weg zur Küche, in der es bereits nach Minze und Rotbeere roch.
    Nava saß am Tisch. Vor ihr stand eine Tasse mit heißem Tee, eine zweite wartete ihr gegenüber vor einem freien Stuhl. »Setz dich«, sagte sie. »Deine Freunde hätten Alicia nicht hierherbringen sollen.«
    Ich ließ mir Zeit, nahm einen langsamen Schluck Tee und dachte nach, bevor ich antwortete. »Sie haben Alicia zu mir gebracht.«
    »Ich werde über diesen Fall urteilen müssen.«
    »Alicia hat Varay nicht ermordet. Sie hat ihn geliebt. Ich bin mir sicher, dass Ruth das missfallen hat. Sie hasst Alicia.« Dann wagte ich mich auf unsicheres Territorium. »Ruths Familie kam im Krieg ums Leben. Sie hat ihren Ehemann und ihren Vater verloren.« Das ließ ich kurz wirken, damit Nava ihre eigenen Schlüsse ziehen konnte. Vielleicht erinnerte sie sich an ihren Vater, der ebenfalls im Krieg starb. »Und nun ist Ruths Neffe tot. Sie kann nicht akzeptieren, dass es ein Unfall war. Es ist leichter, demselben Feind die Schuld zu geben, der für den Tod ihrer übrigen Angehörigen verantwortlich ist.«
    Nava lachte, und in ihren Augen stand ein ironisches Funkeln. »Chelo, ich war zwei Sommer bei der Ostsippe. Ruth ist nicht so einfach gestrickt.«
    »Entschuldigung.« Ruth hatte die Sippe angeführt, seit ich mich erinnern konnte. Ich drehte die Tasse in meinen Händen und suchte nach den richtigen Worten. »Bitte sei offen, Nava, wenn die Sache morgen verhandelt wird. Unsere Eltern haben gegen euch Krieg geführt, aber nicht wir. Uns ist klar, dass wir alle zusammenarbeiten müssen.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Wirklich?«
    Natürlich spielte sie auf Joseph und seine Verweigerung an. »Nava, ich weiß, dass wir euch brauchen.«
    Sie runzelte die Stirn.
    »Und ihr braucht uns.«
    »Aber nicht, um Kanalisationsrohre zu flicken.«
    Ich lachte, und das schien bei ihr etwas auszulösen.
    Für einen Moment verzog sich ihr

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