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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ging zu ihr und blickte aus dem Fenster auf den frühen Morgen. »Ist das alles, was Ruth wollte?« Ich griff nach einem trockenen Teller und stellte ihn weg. »Hat sie Varays Tod erwähnt? Hat Alicia entschieden, beim Stadtrat Beschwerde einzureichen?«
    »Ich weiß nicht, was Alicia entschieden hat. Niemand ist gekommen, um mir etwas mitzuteilen.« Nava reichte mir die letzte abgetrocknete Tasse und legte das feuchte Geschirrhandtuch weg. »Ich werde mich jetzt mit dem Stadtrat treffen. Für dich ist heute ein normaler Arbeitstag.«
    So viel zu meinen Fragen über Ruth. Ich betrachtete Navas Rücken, als sie die Küche verließ.
    Joseph kam herein und rieb sich die Augen. »Wo ist Tom?«
    »Er war nicht mehr da, als ich aufwachte, hat aber eine Nachricht auf der Anrichte hinterlassen. Er ist zu Paloma und Alicia gegangen.«
    Wir beeilten uns mit dem Frühstück. Ich erzählte ihm, dass Ruth da gewesen war. Er verzog das Gesicht, gab aber keinen Kommentar ab. In letzter Zeit schwieg er lieber, als zu reden. Als wollte er das, was wir sagten, eigentlich gar nicht hören. »Nava meinte, dass wir heute arbeiten sollen.«
    »Passt.« Er blickte auf die Küchenuhr.
    »Wir haben noch eine halbe Stunde.« Ich grinste und betrachtete das Geschirr, das wir benutzt hatten. Ich lachte. Der Abwasch konnte warten. »Damit bleibt uns genug Zeit, zu Paloma zu gehen.«
    Er sah mich grinsend an, und für einen Moment verzogen sich die dunklen Wolken von seiner Miene. »Also los.«
    Wir liefen den Weg zur Stadt hinunter und bogen auf die Straße, die zu Palomas Haus führte. Joseph war mir zehn Schritte voraus, als er die Tür erreicht hatte.
    Kayleen und Paloma wohnten in einem Viererhaus. Jede der vier Familien hatte ihre privaten Räume an einer Wand, und im Zentrum gab es einen Garten und einen Gemeinschaftsbereich. Joseph legte die Hand neben den Kranz aus getrockneten Kräutern, der fast die gesamte Holztür verdeckte, und klopfte an.
    Kayleen öffnete uns. Der intensive Duft nach Minze, wildem Bergfarn, Rotbeere und Basilikum drang aus dem Zimmer, in dem Paloma ihre Kräuter und Blätter trocknete, um daraus Tee und Salben wie die herzustellen, die Joseph mir für mein Bein besorgt hatte.
    »Oh, gut, dass du hier bist.« Die Ringe unter Kayleens Augen waren fast so dunkel wie die von Alicia in der vergangenen Nacht, und ihr Stimme klang heiser. Aber sie lächelte uns an. »Kommt rein. Alicia hat Paloma zum Stadtrat mitgeschleift, wo sie eine Beschwerde einreichen will. Alicia hat gezittert, aber sie wollte es unbedingt durchziehen. Ihr hättet den Blick in ihren Augen sehen sollen! Paloma hat mir aufgetragen, zu Hause zu bleiben. Ihr könnt einfach arbeiten gehen. Habt ihr Bryan heute früh schon gesehen?«
    Ich lachte. »Guten Morgen. Nein, Bryan habe ich noch nicht gesehen. Aber Ruth war bei uns, als ich aufgestanden bin, und hat sich mit Nava unterhalten. Sie hat die Nacht in unserem Haus verbracht. Sie kamen mir wie alte Freundinnen vor.«
    Kayleen riss die Augen auf. Sie beugte sich vor, als würde sie befürchten, jemand könnte uns belauschen. »Hast du gehört, worüber sie gesprochen haben?«
    »Nein, ich habe ja geschlafen. Aber heute früh haben sie gelacht.«
    Kayleen runzelte die Stirn. »Ich traue ihnen nicht über den Weg. Möchtest du ein Glas Saft?«
    »Nein. Ich muss zur Mühle, also sollte ich nicht zu viel Zeit verlieren. Kommst du zu mir, falls es wichtige Neuigkeiten gibt?«
    Kayleen nickte. »Klar. Ich kann jederzeit bei dir vorbeischauen – es wird niemanden stören.« Ihr Lächeln milderte den sarkastischen Unterton in ihrer Stimme. »Im Ernst, ich werde sehen, was ich tun kann. Heute arbeite ich mit Gianna zusammen, also kann ich mich vielleicht davonstehlen.«
    Wir winkten zum Abschied, dann machten Joseph und ich uns auf den Weg zu unseren Arbeitsplätzen. Als ich die Brücke überquerte, blickte ich zu den Wagen der Vagabunden hinüber. Sie wirkten dunkler und nicht mehr so farbenfroh wie noch vor zwei Tagen.
    In der Mühle versiegelte ich Mehlsäcke und markierte sie mit dem Datum, dann stapelte ich sie, damit sie verteilt werden konnten, bevor die Vagabunden aufbrachen. Jedes Mal, wenn ich am Fenster vorbeikam, blickte ich hinaus und stellte mir vor, dass jede Person, die über die Brücke kam, zu mir unterwegs war, um mir zu sagen, dass der Stadtrat mich sprechen wollte.
    Die Zahl der Mehlsäcke schien unendlich zu sein.
    Die Schicht endete, ohne dass ich etwas Neues gehört hatte. Also

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