Sternenwind - Roman
Mundwinkel zu einem Lächeln, und sie seufzte übertrieben. »Noch hat niemand eine offizielle Beschwerde eingereicht. Ich rechne eher damit, dass zuerst Bryan und Liam Ärger bekommen, weil sie einen Wagen aufgebrochen haben. Wenn überhaupt irgendeine Beschwerde eingeht, gegen wen auch immer, werde ich tun, was mir richtig erscheint, nachdem ich beide Seiten angehört und die Meinung des Stadtrats eingeholt habe.« Sie stand auf und stellte ihre Tasse in die Spüle. »Und jetzt werde ich ins Bett gehen.«
»Schlaf gut.«
Joseph kam mit Kayleen und Paloma herein, die Alicia mitnahmen. Wir verteilten uns auf unsere Zimmer, als gäbe es nichts mehr zu besprechen. Ich setzte mich auf mein Bett und zupfte an einem Blutstropfen, den Alicia auf dem Laken hinterlassen hatte. Dann nahm ich die Flöte und übte ein wenig. Ich spielte so leise wie möglich und beruhigte mich mit den sanften Tönen.
Kapitel 8
ENTSCHEIDUNGEN
Sonnenschein und Vogelgesang strömten durch mein Fenster herein. Ich lag im Bett, streckte die steifen Muskeln und versuchte die Traumbilder von Hüpfer und der Tatzenkatze, von Ruth und Alicia aus meinem Kopf zu vertreiben.
Die arme Alicia, die täglich mit so viel Feindseligkeit leben musste. Dagegen verblasste sogar Navas geschäftsmäßige Kälte. Alicias Schwierigkeiten konnten auch uns in Gefahr bringen. Therese und Steven hätten jede Frage nach unseren Rechten zurückgewiesen. Nachdem sie nicht mehr da waren, erkannte ich viel deutlicher, wie sehr sie uns geschützt hatten.
Ich wälzte mich aus dem Bett, zog mich an und ging ins kleine Bad. Dort klatschte ich mir kaltes Wasser ins Gesicht und kämmte mir das verfilzte Haar mit einer Bürste.
Der Duft nach warmem Tee trieb durch den Korridor, und leise Stimmen waren aus der Küche zu hören. Als ich die Küchentür öffnete, stutzte ich überrascht. Ruth und Nava saßen gemeinsam am Tisch und lachten. Navas rote Mähne und Ruths schwarzes Haar mit den grauen Strähnen hätten sich fast vermischt, so nahe waren ihre Köpfe beeinander. Nava wirkte so fröhlich und zufrieden wie schon seit Wochen nicht mehr.
Sie blickten auf und bemerkten mich. Ihr Lachen verstummte.
Nava erhob sich vom Tisch und räumte das Geschirr ab. »Ruth?«, sagte sie vorsichtig mit einem Blick über die Schulter. »Hast du Chelo schon kennengelernt?«
Wir waren uns des Öfteren begegnet, wenn auch nur kurz. Sie war nie höflich zu mir gewesen. Ich wartete auf ihre Antwort, während ich einen neutralen Gesichtsausdruck wahrte und darauf achtete, mir nichts von meiner Wut anmerken zu lassen.
Ruths kalte Augen standen im Widerspruch zum Gelächter, das ich gehört hatte, und die Fältchen um ihre Augen waren wie spitze dunkle Schatten. Ihr Blick glitt über mich hinweg, fast, als wäre ich gar nicht da, und kehrte zu Nava zurück. »Ja, ich kenne Chelo. Ich werde jetzt gehen. Danke für das Frühstück.« Sie stand auf, schob vorsichtig den Stuhl zurück an den Tisch und ging, ohne mich noch einmal direkt anzusehen. Als sie an mir vorbeikam, war es, als würde ein kalter Windhauch meine Haut streifen.
Ein kleiner roter Vogel hüpfte auf dem Sims vor dem Küchenfenster, dann bemerkte er Nava und flog davon. Nava begann mit dem Abwasch. »Chelo?«, sagte sie, während sie mir immer noch den Rücken zugewandt hatte. »Da ist noch etwas Tee in der Kanne.«
Worüber hatten Ruth und sie gelacht? Ich goss mir eine Tasse Tee ein, schnupperte am Minzduft und zwang meine Stimme dazu, ruhig zu bleiben. »Ich hatte nicht vor, so spät aufzustehen. Wann ist Ruth gekommen?«
»Sie hat die Nacht hier auf der Couch verbracht. Sie kam irgendwann mit Tom und wollte wissen, mit welchem Recht wir Alicia festhalten.«
»Was hast du ihr geantwortet?«
»Dass Alicia aus freien Stücken gekommen ist und die Sache nichts mit mir zu tun hat.« Nava wandte sich mir zu. Ihre Stirn lag in tiefen Falten. Es gefiel ihr nicht, dass ich ihr solche Fragen stellte. Das erkannte ich an ihren angespannten Kiefermuskeln und der Rötung ihres Halses und ihrer Wangen.
Aber sie wirkte nicht wütend, sondern nur frustriert.
Trotzdem musste ich in Erfahrung bringen, was los war. »Wusste Ruth, dass Alicia eingesperrt wurde? Dass sie sich befreien konnte?«
Nava war mit dem Geschirrspülen fertig und nahm sich ein Handtuch.
Ich nippte an meinem Tee und wartete.
Nava schwieg eine Weile. »Ich weiß es nicht«, sagte sie schließlich. »Sie hat nichts dazu gesagt.«
Ich
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