Sternenwind - Roman
kommen mit.« Kayleen schob ihren nackten Fuß in den Stiefel.
Paloma stand auf. »Gut. Ich wecke die anderen. Wir kommen dann nach.«
Alicia hatte die Augen weit aufgerissen. Joseph schlief noch, die Decke über den Kopf gezogen.
Kayleen und ich stürmten zur Tür hinaus und zogen sie hinter uns zu.
Ein Blitz erhellte Toms Gestalt, die neben den ängstlich zusammengedrängten Gebras stand. Es donnerte, noch bevor der Blitz verblasst war. Tintes rechtes Bein hatte sich in ihrer Leine verheddert. Zuckerweizen war völlig ruhig, aber neben ihr wich Sand zurück, die Augen weit aufgerissen, und versuchte sich loszureißen. Dann wurde es wieder dunkel, und die mondlose Nacht machte mich fast blind, abgesehen von ein paar undeutlichen Schemen.
Kayleen und ich liefen zu den nervösen Tieren hinunter, wobei wir uns an ihren Hufgeräuschen, ihrem hektisch keuchenden Atem und ihren ängstlichen Rufen orientierten.
Beim nächsten Blitz sah ich, wie Tom auf das andere Ende der Leine zeigte. Seine Worte waren im Sturmgeheul kaum zu verstehen. »Trennt die Tiere voneinander. Vorsichtig. Eins nach dem anderen.«
Kayleen beugte sich über die verhedderte Führungsleine eines Packgebras und versuchte sie zu entwirren. Es schien ewig zu dauern. Ich ging zu ihr und zog die Halteleine straff, um ihr die Arbeit zu erleichtern. Sie lächelte mir mit einem kurzen Blick zu, schaffte es endlich und reichte mir die Führungsleine. Ich trat zurück und zog das Gebra mit, wobei ich seinen trampelnden Hufen auswich, als es nervös neben mir tänzelte.
Etwas schrie rechts von mir. Ein Raubtier. Eine Tatzenkatze? Jedenfalls kein Dämonenhund. Keine Zeit zum Nachdenken. Es konnte nur eine Tatzenkatze sein. Mein Herz pochte wild.
Kayleen hatte das zweite Packtier befreit, als Joseph, Paloma und Alicia zu uns gelaufen kamen.
Ich drückte Paloma die Leine in die Hand, spürte, wie sich ihre Finger darum schlossen, und kehrte zu den anderen Tieren zurück. Ein weiterer Blitz erhellte grell die Umgebung.
»Joseph!«, brüllte Tom. »Hierher! Zu mir!«
Joseph rannte los, und Tom trat zurück, während er seine Betäubungswaffe zog. Er hielt den Lauf zu Boden gerichtet und blickte sich um. »Schnapp dir Sand!«, schrie er Joseph zu.
Joseph gehorchte und löste das verängstigte Tier von der Leine. Sand bäumte sich auf, den Kopf zurückgeworfen, das Maul zu einem Schrei geöffnet. Joseph wich ihren Hufen aus und zerrte kräftig an der Leine. Dann stand Sand wieder auf allen vieren, zitternd und mit geblähten Nüstern.
»Lasst die Packgebras frei«, rief Tom.
Paloma griff nach dem Karabinerhaken, um die Leine von dem Tier zu lösen, das sie hielt. Es versetzte ihr einen Kopfstoß. Sie ging zu Boden und landete auf der Seite. Ihr Fuß stand in einem schiefen Winkel ab, und ein kleiner Schmerzensschrei kam ihr über die Lippen. Dann zog sie sich an der Führungsleine wieder hoch.
Ich hatte gerade beide Hände frei, deshalb lief ich hin zu dem Tier und griff nach dem Geschirr. Das Gebra bäumte sich erneut auf und hätte mich beinahe umgerissen, aber ich zog, löste die Leine und stürzte zu Boden. Ich rollte mich ab, um den hektisch trampelnden Hufen zu entgehen – dunkle gefährliche Hämmer vor einem finsteren Himmel. Sobald es frei war, hielt es inne und blickte auf mich herab. Es stand ruhig da, aber die Augen bewegten sich in panischer Angst.
Paloma benutzte die Leine als Peitsche, worauf es umdrehte und fortrannte.
»Warum?«, rief ich ihr zu, als wir uns wieder der Halteleine zuwandten.
»Damit es sich selbst schützen kann«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Dann ging sie erneut zu Boden und hielt sich den Fußknöchel.
Ich beugte mich hinunter, um ihr zu helfen, doch sie winkte ab. »Mach die anderen Tiere los«, sagte sie mit schmerzverzerrter Miene.
Tom erschien neben ihr. Sein Haar war nass und zerzaust. »Geh!«, drängte er mich. »Lass das zweite Packtier frei. Versuch die Reittiere zusammenzuhalten, und bring sie in die Nähe der Hütte.«
Ich machte mich an die Arbeit.
Alicia hatte Schwierigkeiten, Tinte und Sand gleichzeitig im Zaum zu halten. Tinte blieb neben ihr, während Sand versuchte, sich loszureißen. Zuckerweizen war nicht angeleint, aber sie rührte sich nicht von der Stelle und blickte sich wachsam um.
Zuckerweizen war die Schlüsselfigur, so etwas wie das Leittier der Herde. »Joseph!« Ich streckte die Hand nach Sprinters Führungsleine aus. »Hol dir Zuckerweizen. Führe sie
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