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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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ruhte. Sie war nackt. Zuvor hatten Frauen ihren Körper mit einer übel riechenden Salbe eingerieben, die ihre Haut dunkler werden ließ. Von Weitem sah sie wie ein lebloses kleines Mädchen aus, dessen Tod von den Dorfbewohnern betrauert wurde.
    Der Julianische Korund war tiefschwarz geworden.

    Als Hände nach Aphykits Kleidung griffen, wich sie zurück.
    »Wehren Sie sich nicht«, sagte der Missionar. »Die Tropikalen sehen Kleidungsstücke als Hindernis an, ein Hemmnis für die Wirksamkeit der Pflanzen. Sie brauchen sich nicht zu fürchten: Die Zeremonien schließen jedes Schamgefühl aus.«
    Nach diesen Worten ließ sich die junge Frau ohne Widerstand entkleiden. Dann geleiteten die Tropikalen Aphykit zum Stein des Lebens und rieben ihre Haut mit derselben Salbe ein, die sie für Yelle benutzt hatten.
    Aphykit fror, denn es war kalt in der Höhle, und die Salbe hatte einen kühlenden Effekt. Sie wehrte sich nicht, auch nicht, als die Hände der Frauen das Innere ihrer Schenkel sanft massierten und tiefer eindrangen. Manchmal hielten sie inne und sahen Aphykit eindringlich an. Dann sagten sie etwas in ihrer singenden Sprache zu ihr. Besonders das Haar Aphykits in seiner goldenen Fülle schien sie zu faszinieren.
    Als sie ihre Arbeit beendet hatten, ließen sie Aphykit neben dem Stein allein. Die Emulsion trocknete und verhärtete sich zu einer starren Kruste, die ihre Bewegungen erschwerte. Doch nach und nach spürte sie – vom Becken ausgehend – eine große Hitze in sich aufsteigen; gleich brennenden Nadeln, die sich in ihren Bauch, ihre Brust und ihren Schädel bohrten. Der Schmerz wurde so unerträglich, dass sie nicht mehr stehen konnte und zu Boden fiel. Tränen traten in ihre Augen, nur verschwommen erkannte sie die braunen Gestalten der Tropikalen, die nun in einem harmonischen Rhythmus hin und her zu schwingen begannen. Dazu stimmten sie einen Gesang an, der das Rauschen des unterirdischen Flusses übertönte. In der
Mitte der Eingeborenen stand der Missionar, der nun ebenfalls nackt war. Auch er wiegte sich und sang. Phoenix und San Francisco standen etwas abseits, neben einem Stalagmiten. Sie umarmten sich.
    Aphykit rollte auf dem Boden, weil sie ihre Schmerzen lindern wollte. Doch sie schürfte sich nur die Haut auf. Sie hatte das Gefühl, in einen Strom glühende Lava eingetaucht zu sein, und fragte sich, wie Yelle auf diese unerträgliche Hitze reagierte. Als sie den Blick auf ihre Tochter richtete, stieß sie einen Schrei aus.
    An der Stelle, wo Yelle liegen sollte, sah sie ein Skelett!
    Die wiegenden schwingenden Bewegungen der Tropikalen wurden immer schneller, auch ihr Gesang schwoll an. Eine mörderische Wut überkam Aphykit: Von ihrer Tochter waren nichts als ein paar Knochen übrig geblieben, der Ring des Muffis und eine Strähne ihres goldenen Haars.
    Diese Menschenfresser und ihr Missionar haben Yelle mit ihren Kräutern vergiftet!, dachte sie, vergaß ihre Schmerzen, packte einen scharfkantigen Stein, stand auf und stürzte sich schreiend auf die Dorfbewohner. Die Tropikalen wichen nicht zurück, sie fuhren mit ihren Bewegungen und ihrem Gesang fort. Aphykit schlug mit aller Kraft einer Frau den Stein auf den Kopf. Trotz des Angriffs reagierte die Dorfbewohnerin kaum. Sie wischte sich nur das Blut aus dem Gesicht.
    Nun völlig außer sich geraten, schlug Aphykit die Frau so oft, bis diese zusammenbrach. Sofort wurde ihr klar, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben gewalttätig geworden war. Doch seltsamerweise hatte sie kein Schuldgefühl. Ihr schien, als würden die Tropikalen sie immer enger einkreisen, wie eine Horde wilde Tiere. Mit den Augen suchte sie nach Phoenix und San Francisco, doch die
beiden standen nicht mehr an dem Platz, wo sie noch vor ein paar Minuten gestanden hatten. Von Hectus Bar hatte sie keine Hilfe zu erwarten. Seine Körpersprache signalisierte, dass er sich, wie alle Dorfbewohner, in einem tranceähnlichen Zustand befand.
    Plötzlich verwandelten sich Aphykits Schmerzen in einen brennenden Juckreiz. Sie ließ den Stein fallen und fuhr mit den Händen hektisch über ihren Körper, als wollte sie die Flammen löschen, die sie umzingelten. Sie warf sich zu Boden und rollte sich wie ein Blatt Papier zusammen, das vom Feuer verzehrt wird.
    Trotz ihrer unerträglichen Schmerzen glaubte sie, die Worte des Gesangs zu verstehen: »So wird das Leben immer triumphieren, weil wir es preisen, und wir jubilieren …«
    Aphykit verlor das Bewusstsein.
     
    Als sie die Augen

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