Sternhagelgluecklich
nebenan.
Draufsetzen statt lesen!
Auch wenn der Versuch mit dem Kurs ein Reinfall war, so bin ich von der positiven Wirkung der Meditation an sich nach wie vor überzeugt. Ich schreibe eine E-Mail an Ashrita. Vielleicht weiß er Rat, was ich tun kann, um mich beim Meditieren besser konzentrieren zu können. Von meiner Flucht aus dem Workshop schreibe ich vorsichtshalber nichts.
Seine Antwort ist kurz und einfach zu begreifen: »Versuche es einfach weiter, es gibt keine besonderen Tricks oder Abkürzungen – eine bestimmte Technik ist viel weniger wichtig als stetige Übung.« Der Ehemann einer Bekannten, von dem ich weiß, dass er schon lange meditiert, rät mir das Gleiche: »Natürlich kann man ständig Kurse besuchen und jede Menge Bücher lesen, die sich mit dem Thema Meditation beschäftigen«, sagt Karl, als ich ihm in einem indischen Restaurant von meiner Suche nach dem Glück erzähle. »Aber ich halte es mit dem Satz, den mir einmal ein weiser Lehrer gesagt hat: Bücher über Meditation sind sehr gut – um darauf zu sitzen!« Wiederholung und Regelmäßigkeit seien auch für ihn das Wichtigste. »Mach es einfach zu einer Angewohnheit wie das Zähneputzen am Morgen«, rät er mir. »Denk gar nicht groß darüber nach, sondern konzentrier dich vielleicht mal eine Zeit lang auf andere Dinge. Was, glaubst du zum Beispiel, sind die Gefühle, die dich am häufigsten davon abhalten, glücklich zu sein?«
Eine gute Frage, über die ich mir bislang tatsächlich noch nicht viele Gedanken gemacht habe. Oft kann ich an Tagen, an denen ich unzufrieden oder schlecht gelaunt bin, gar nicht genau sagen, woran es liegt. »Ist eben einer von diesen Tagen«, denke ich mir dann und erinnere mich an einen Artikel, den ich vor Jahren gelesen habe, in dem jemand die These vertrat, auch Männer hätten einen Monatszyklus, der sich auf ihre Laune auswirkt. 21 Oft schiebe ich es auch aufs Wetter.
»Ich glaube, damit machst du es dir ein bisschen zu einfach«, sagt Karl, als wir uns verabschieden. Mein Mund brennt wie eine explodierte Bohrinsel von dem scharfen Hühnchen Vindaloo, und ich bin versucht zu sagen: »Mein größtes Hindernis auf dem Weg zum Glück ist deine Restaurantauswahl.« Aber stattdessen trinke ich mein Mango-Lassi in einem großen Zug aus und verspreche ihm, mir zu dem Thema noch ein paar tiefergehende Gedanken zu machen.
Doch wie so oft im Leben: Statt mir Gedanken zu machen, mache ich zu Hause als Erstes den Computer an. Zwei neue E-Mails über die Mittagspause, immer ein gutes Zeichen. Als Nächstes schaue ich nach dem Amazon-Verkaufsrang meiner Bücher.
Nicht dass jetzt jemand denkt, ich würde jeden Tag nachsehen, wie sich der Amazon-Rang entwickelt hat. Nein, Gott bewahre! Es ist leider viel schlimmer: Ich besuche extra eine Webseite namens Novelrank.com, die stundenweise den Verlauf des Amazon-Rangs in ein Diagramm einträgt und zusätzlich die viel interessantere Zahl daraus berechnet, wie viele Exemplare denn heute oder gestern oder vorgestern oder vorletzten Monat tatsächlich verkauft worden sind. Ich schäme mich ein wenig dafür – aber es ist eine Scham, die vergleichbar ist mit jener, die man als dreizehnjähriger Junge empfindet, wenn man sich mit einem Unterwäschekatalog auf der Toilette einschließt. Es ist einem irgendwie peinlich, man tut es trotzdem – und irgendwann findet man heraus, dass die Freunde es auch taten.
In der Tat bekennen sich fast alle meine Freunde, Bekannten und Kollegen, die Bücher geschrieben haben, dazu. Zu der Amazon-Manie wohlgemerkt, aber nach den Unterwäschekatalogen frage ich sie als Nächstes.
Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl, auch als ich an diesem Tag die Statistiken durchklicke. Denn ich sehe mir nicht nur meine eigenen Zahlen an – sondern auch die genau jener Freunde, Bekannten und Kollegen. Wer verkauft wie viel, wer verkauft mehr als ich, wer erhält welche Kundenbewertungen und so weiter und so fort. Von der Anzahl der Sterne bis zur Anzahl der Auflage liefert die Webseite jede Menge Zahlenmaterial für jemanden, der den Wettstreit sucht. Und während ich hier klicke und dort vergleiche, fällt mir mit einem Schlag auf, was ein großes Hindernis auf dem Weg zum Glück ist – für mich, aber vermutlich auch für manch anderen: Neid.
Seit Jahrzehnten steigt in den westlichen Ländern das Einkommen der Menschen. Trotzdem sind die Menschen im Durchschnitt nicht glücklicher als früher. Daran ist der Neid schuld. Denn schließlich gibt es
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