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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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ausgerechnet du bei mir erschienen bist? Was mich betrifft, so habe ich mich nirgends in der Zeit bewegt. Ich bin erst gestern von den Hyaden zurückgekommen.«
      »Klar!« unterbrach er mich. »Du bist doch der frühere! Wenn du den Vorschlag annimmst, gebe ich dir mein Chronozykel, und du begibst dich dorthin, wohin du sollst.«
      »Das ist keine Antwort auf meine Frage. Sag mir, wie du in das
    27. Jahrhundert geraten bist!«
      »Ich habe mich mit dem geeigneten Zeitvehikel dorthin begeben, das ist doch klar. Und dann bin ich von dort in dein Jetzt und dein Hier gekommen.«
      »Aber wenn ich nirgends mit einem Zeitvehikel gereist bin, dann bist auch du, der du ja ich bist…«
      »Schwafele nicht! Ich bin später als du, also kannst du ja noch gar nicht wissen, was dir zustoßen wird, wenn du ins 27. Jahrhundert reist.«
      »Ach was, du spinnst!« murmelte ich. »Wenn ich diesen Vorschlag annehme, gerate ich sofort ins 27. Jahrhundert. Ist es nicht so? Ich werde dort diesem TEOPAGHIP vorstehen und so weiter. Aber woher bist du dorthin ge…«

      »Auf diese Weise können wir die ganze Nacht durchschwatzen! Was soll das Geschwafel? Übrigens, weißt du was? Bitte doch Rosenbeißer, daß er dir das erklärt. Schließlich ist er ein Zeitspezialist und nicht ich. Im übrigen ist die Sache, obschon schwer zu begreifen, wie das bei einer Zeitschleife immer ist, gar nichts im Vergleich zu meiner, das heißt deiner Mission. Das ist doch eine historische Mission, oder? Also wie? Bist du einverstanden? Das Chronozykel funktioniert. Ihm ist nichts passiert, ich habe alles geprüft.«
      »Laß mich mit deinem Chronozykel zufrieden. Ich kann doch nicht gleich so auf der Stelle…«
      »Du solltest aber! Es ist deine Pflicht. Du mußt!«
      »Na, na! Nur nicht diese Töne. Kein ›du mußt‹! Du weißt, daß ich das nicht mag. Ich kann, wenn ich will, wenn ich erkenne, daß die Lage es erfordert. Wer ist denn dieser Rosenbeißer?«
      »Der Wissenschaftliche Direktor des INTs. Er wird dein nächster Untergebener sein.«
      »Des INTs?«
      »Des Instituts für Temporistik.«
      »Und was geschieht, wenn ich nicht einwillige?«
      »Du kannst nicht ablehnen… du wirst es nicht tun… Das würde ja bedeuten, daß du gekniffen hast…«
      Während er dies sagte, verzogen sich seine Lippen zu einem unterdrückten Lächeln. Das stimmte mich mißtrauisch.
      »Bitte. Und warum das?«
      »Weil… ach, weshalb soll ich dir das lange erklären. Das hängt mit der Struktur der Zeit selbst zusammen.«
      »Erzähl keinen Unsinn. Wenn ich nicht einwillige, dann rühre ich mich nicht von hier fort, dann wird mir also kein Rosenbeißer etwas erklären können, und ich werde keine Geschichte regulieren.«
      Ich sagte das einerseits, um Zeit zu gewinnen, denn man entscheidet solche Probleme nicht im Handumdrehen, andererseits aber – obschon ich nicht begriff, warum er, das heißt ich zu mir gekommen war –, weil ich verschwommen fühlte, daß darin eine Finte, ein Haken verborgen war.
      »In achtundvierzig Stunden gebe ich die Antwort!« sagte ich.
      Er bedrängte mich, ich solle mich auf der Stelle entscheiden, aber je mehr er drängte, desto weniger gefiel mir die Sache. Schließlich begann ich sogar an seiner Identität mit mir zu zweifeln, immerhin hätte er ja auch ein zurechtgestutzter Sendling sein können! Kaum hatte ich das gedacht, nahm ich ihn auch schon ins Verhör. Ich mußte ihm eine geheime Frage stellen, die außer mir niemand beantworten konnte.
      »Warum ist die Numerierung der Reisen in meinen ›Sterntagebüchern‹ lückenhaft?« versetzte ich unverhofft.
      »Haha«, lachte er, »du zweifelst also schon an mir? Deshalb, mein Lieber, weil die einen Expeditionen im Raum stattfanden und andere in der Zeit, es kann also gar keine erste geben. Man kann sich nämlich immer dorthin zurückziehen, wo es keine gegeben hat, und irgendwo hinfahren, dann wird jene, die die erste war, die zweite werden, und so weiter ohne Ende!«
      Das stimmte. Aber die Sache war immerhin doch ein paar Leuten bekannt. Zwar waren es meine vertrauten Bekannten aus dem tichologischen Institut des Professors Tarantoga. Ich verlangte nun den Identitätsbeweis. Seine Papiere waren in Ordnung, aber das wollte noch nichts besagen; so etwas läßt sich ja fälschen. Er zerstreute meine Zweifel mit der Behauptung, daß er alles singen könne, was ich nur dann singe, wenn ich auf Reisen und

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