Sterntaler: Thriller (German Edition)
vor dem Fenster. Erst haben wir ihn gar nicht bemerkt, doch dann schrie er auf, als ob irgendetwas ihn erschreckt hätte, und wir…«
»Wer ist wir ? Wer war bei Ihnen?«
Tränen traten ihr in die Augen. »Ich kann nicht… Verzeihen Sie mir.«
»Doch, Sie können sehr gut!« Seine Stimme war jetzt ein einziges Zischen. »War es Johan, Ihr Sohn?«
Thea riss die Augen auf. »Nein, er war nicht hier. Niemals!«
»Wer war es dann?«
Eine neue Kunstpause. Dann die Worte, die Peder das Blut in den Adern gefrieren ließen.
»Morgan Axberger.«
Peder erhob sich langsam. Axberger, dieser Teufel. Ein Mann aus der Peripherie ihrer Ermittlungen, den als verdächtig einzustufen niemand gewagt hatte.
»Was ist geschehen?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe nur gesehen, wie Morgan Ihren Bruder mitgenommen hat. Seither hat er nichts mehr von sich hören lassen. Verzeihen Sie mir, bitte verzeihen Sie mir…«
Verzeihen? Was denn? Peder war krank vor Sorge. »Worüber haben Sie gesprochen, als Jimmy Sie belauschte?«
»Über die Vergangenheit.«
Die Zeit lief ihm davon. Eigentlich wollte er Theas ganze Geschichte anhören, doch das würde er hier und heute nicht mehr schaffen. Wichtig war jetzt nur Jimmy. Wo zum Teufel war er?
»Okay, Sie wissen also nicht, was mit Jimmy geschehen ist. Aber was glauben Sie denn, was geschehen sein könnte?«
Thea verbarg das Gesicht in den Händen und weinte. »Ich habe Angst um Ihren Bruder. Wenn er noch am Leben ist, dann müssen Sie ihn eiligst finden, denn Morgan Axberger hat noch nie einem Menschen irgendeine Gnade erwiesen.«
Keine Gnade. Die Worte sanken ein und bekamen eine neue Bedeutung. Wenn Jimmy tot war…
Dann kenne ich keine Gnade.
»Wo finde ich ihn? Wo ist Morgan Axberger jetzt? Die Polizei hat ihn in seiner Firma gesucht, aber da war er nicht mehr.«
»Der Axberger-Konzern hat vor einigen Jahren ein Gebäude erworben, und zwar auf Storholmen, direkt vor Lidingö. Suchen Sie ihn da. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich woanders verstecken könnte.«
»Können Sie mir sagen, wo genau das Gebäude liegt?«
Theas Blick wurde sanft, es sah aus, als wollte sie lächeln. »Er hat das alte Haus meiner Eltern gekauft. Wir hatten uns ein paarmal mit den Sterntalern dort getroffen. Und Morgan meinte, er habe das Haus gekauft, weil er das Lusthaus immer schon geliebt habe…«
Das entscheidende Verhör. Nicht das letzte, aber das wichtigste. Alex Recht atmete ein paarmal tief durch. Wenn es ihnen nicht gelang, aus Valter Lund die letzten Informationen herauszubekommen, die sie für ein vollständiges Bild benötigten, dann waren sie verloren.
Peder ging nicht an sein Handy. Seine Ehefrau wusste nicht, wo er war, seine Mutter auch nicht. »Wie steht es um Jimmy?«, hatte sie gefragt, als Alex angerufen hatte. »Habt ihr ihn gefunden?«
Noch jemand, der einen nahen Angehörigen vermisste. Noch jemand, der sich vergewissern wollte, dass Alex alles in seiner Macht Stehende tat, um den Vermissten wiederzufinden.
Alex musste an die Bagger denken, die nach Midsommarkransen zurückgekehrt waren. Sie konnten nicht noch einmal von Hand graben, diesmal mussten sie schneller sein. Mit jeder neuen Schaufel, die sich in die Erde wühlte, war Alex überzeugter, dass Fredrika recht hatte. Jimmy wartete auf sie, tief in der Erde. Tot und begraben.
Und so schloss sich der Kreis. Alex hatte noch einer Familie ein Grab geschenkt, an dem sie trauern würde.
Das Weinen stieg aus dem Nichts auf, es wollte heraus. Alex hielt die Luft an und versuchte, die Contenance wiederzuerlangen. Fredrika saß bereits bei Valter Lund. Es war ihm ein Rätsel, wie sie nach all dem, was geschehen war, die Beherrschung zu wahren vermochte.
Dann rief Diana an. Sein erster Impuls war, das Gespräch wegzudrücken, doch er riss sich zusammen und ging ran. »Ich habe gerade keine Zeit…«
»Das macht nichts. Ich wollte nur deine Stimme hören.«
Und ich deine.
Konnte es so einfach sein? Dass Diana seine neue Frau war? Wollte sie das?
Will ich das?
Fredrika schlug die Tür zum Verhörraum auf und sah auf den Flur hinaus.
»Kommst du?«
Nach Storholmen kam man nur übers Wasser. Peder stand auf dem Anleger und sah auf Stockholms betörend schöne Schären hinaus. Überall kleine Inseln. Jede mit ihren eigenen Geheimnissen. Bewohnt von den unterschiedlichsten Menschen.
Ausgerechnet an diesem verdammten Tag war die ganze Landschaft in märchenhaft goldenen Sonnenschein gehüllt. Es war in jeder
Weitere Kostenlose Bücher