Sterntaler: Thriller (German Edition)
erzählt hatte.
»Er hat mich gefilmt«, flüsterte Malena.
»Wie bitte?«
»Er hat es mir hinterher gezeigt. Er hat mich dabei gefilmt, wie ich den Film angeschaut und dann versucht habe zu fliehen. Total krank.«
Fredrika dachte nach, gab Malena Zeit, sich wieder zu fangen. »Sie werden aussagen müssen, Malena.«
»Ich weiß.«
»Noch etwas.« Fredrika las in ihren Notizen. »Sie haben gesagt, der Mörder habe in die Kamera gelacht. Wer hat die Kamera gehalten? Konnten Sie ihn sehen?«
»Nein, aber…« Malena schluckte schwer, und als sie fortfuhr, schauderte es Fredrika. »Er war es. Morgan hat es mir erzählt. Als er die Axt über mich hielt, hat er sich vorgebeugt und gesagt: ›Ich war es, der die Kamera gehalten hat, kapierst du das jetzt?‹«
61
PEDER RYDH VERLIESS JIMMYS ZIMMER durch dieselbe Tür, von der er annahm, dass auch sein Bruder hindurchgegangen war. Durch die Terrassentür. Die Betreuerin und Micke im Rücken, ging er mit langen Schritten über den Rasen und direkt zu Thea Aldrins Wohnung hinüber.
Sie fuhr zusammen, als er den Raum betrat.
»Sie sollten hier nicht bei sperrangelweit offener Tür sitzen.« Seine Stimme klang selbst in seinen eigenen Ohren fremd.
Thea sah ihn an und ließ das Buch sinken, in dem sie gerade gelesen hatte.
»Sie haben neulich vergessen, meiner Kollegin und mir ein paar wichtige Details zu erzählen. Wenn Sie schon nicht reden können, dann müssen Sie es eben aufschreiben. Denn ich gehe hier nicht eher weg, bis Sie mir erzählt haben, was mit meinem Bruder passiert ist. Mit dem Jungen, der auf der anderen Seite des Rasens gewohnt hat und der gestern zu Ihnen herübergekommen ist.«
Als Thea weiterhin schwieg, spürte Peder, wie der Zorn in ihm aufflammte. Er packte die Schultern der alten Frau mit seinen starken Händen und zog sie auf die Füße.
»Sie! Sollen! Reden!«
Thea machte einen schwachen Versuch, sich aus seinem Griff zu lösen, aber sie wusste, dass es sinnlos war.
»Reden Sie!«
Ihr Schweigen entschied die Sache.
Er sah sie lange an, dann flüsterte er: »Wir wissen, wer Ihnen die Blumen schickt.«
Die Worte zeigten unmittelbare Wirkung. Thea schüttelte den Kopf und versuchte erneut, sich loszumachen. Aber Peder hielt sie fest. »Endlich wissen wir es. Dass Valter Lund in Wirklichkeit Ihr verschwundener Sohn Johan ist. Das Einzige, was wir nicht wissen, das ist, warum dieser Haufen Scheiße glaubt, Ihnen danken zu müssen. Jeden verdammten Samstag!«
Sie weinte nicht. Aber sie schüttelte weiterhin den Kopf… und dann redete sie.
Sie redete.
Peder war so überrumpelt, dass er sie losließ.
»Bitte, bitte.«
Ihre Stimme war heiser und kratzig. Dennoch funktionstüchtig.
»Sie können sprechen…«
Er verfluchte seine eigenen Worte, die kindisch klangen und ihn seiner Autorität beraubten.
»Das kann fast jeder«, erwiderte Thea trocken.
Sie war immer noch verschreckt. Die Beine trugen sie nicht, und sie musste sich wieder auf den Stuhl setzen. »Halten Sie Johan aus all dem heraus. Hören Sie mich?«
Auch Peder musste sich setzen. In seinem Kopf ging es drunter und drüber. Die Sorge um den Bruder entglitt ihm für einen Augenblick. Tag um Tag hatten sie eine Spur nach der anderen verfolgt. Jedes Mal hatten alle Spuren bei Thea Aldrin geendet. Und jetzt saß er hier bei ihr und wusste nicht, wie er je wieder loskommen sollte.
»Ich will nur eine einzige Sache wissen.« Sein Herz schlug so heftig, dass er es an den Rippen spürte. »Ich will wissen, was mit Jimmy passiert ist.«
Thea umklammerte die Armlehne des Stuhls. »Johan hat nichts mit seinem Verschwinden zu tun.«
»Erzählen Sie, was passiert ist.«
Er sollte Alex und Fredrika anrufen und ihnen berichten, was er soeben in Erfahrung gebracht hatte. Dass die große Schriftstellerin ganz und gar nicht stumm war. Dass der Sohn ihr wunder Punkt und dass sie offensichtlich bereit war, alles für ihn zu opfern. Sogar den Schutz, den ihr das Stummsein geschenkt hatte.
Sie räusperte sich mehrmals und hustete trocken. Kurz dachte Peder, die Stimme würde ihr versagen.
Dann muss sie eben schreiben.
»Er hat zufällig ein Gespräch mitgehört, das er besser nicht gehört hätte.«
Peder sah, dass sie zögerte und ihre Worte mit großer Sorgfalt wählte. »Hören Sie.« Er hob einen Finger und sah, dass er zitterte. »Wagen Sie es nicht, mich anzulügen. Ich warne Sie. Wagen Sie das nicht.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich lüge nicht. Es war so. Er stand draußen
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