Sterntaler: Thriller (German Edition)
Bekanntenkreis umgehört und die Befragten zu Stillschweigen verpflichtet. Sie wollten noch nicht, dass die Schwangerschaft in den Medien bekannt wurde. Von der Schwangerschaft hatte nicht ein einziger von ihnen gehört, wohl aber von der Internetgeschichte. Wie war das möglich?
Die Antwort war einfach: Es war nicht möglich.
Nicht beides jedenfalls. Jemand mit einem derartigen Geheimnis würde sich nicht Studium, Babyschwimmen, Kirchenchor, Freunden und einem Mentorennetzwerk widmen.
Die Schwangerschaft war unbestritten, ein medizinisches Faktum. Doch die Gerüchte, dass sie sich online zum Sex angeboten hätte, waren das nicht. Und irgendwie passten sie auch nicht ins Bild.
Gedankenverloren kehrte Fredrika ins Schlafzimmer zurück und legte sich wieder neben Spencer. »Kannst du nicht schlafen?«, hörte sie ihn murmeln. Sie antwortete nicht, sondern kroch nur näher an ihn heran und legte den Kopf auf seinen Arm.
Sie dachte an Rebecca Trolle.
An die Leiche in den Plastiksäcken.
An die Gewalt, der sie ausgesetzt gewesen war.
Die Motorsäge. Die sagte etwas über den Mörder aus– etwas, das Fredrika nicht greifen konnte. Und plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf: Routine. Er mordet mit Routine.
Vernehmung der Zeugin FREDRIKA BERGMAN , 02.05.2009, 17 :30 Uhr (Tonbandaufnahme) Anwesend: Urban S., Roger M. (Verhörleiter 1 und 2), Fredrika Bergman (Zeugin)
US : Obwohl Sie noch ein weiteres Opfer fanden, haben Sie also an der Theorie festgehalten, dass Håkan Nilsson der Mörder war?
Bergman : Wir haben an gar nichts festgehalten. Wir haben alles offengelassen.
RM : Und das andere Opfer, wie ging es damit weiter?
Bergman : Die Identifizierung zog sich hin.
US : Weil Sie Fehler gemacht haben.
Bergman : Weil wir uns an die Fakten hielten.
RM : Und Peder Rydh? Hielt er sich an die Spielregeln?
Bergman : Die ganze Zeit, ja.
RM : Und Alex Recht?
Bergman : Auch er hielt sich an die Spielregeln.
US : Ich dachte mehr an seinen seelischen Zustand.
Bergman : Es ging ihm unverändert gut.
RM : Und Sie selbst?
Bergman : Mir ging es auch gut.
US : Wir dachten mehr an die Sache mit den Spielregeln.
(Schweigen)
Bergman : Ich verstehe die Frage nicht.
US : Wir wollen wissen, ob Sie in der Ausführung Ihrer Arbeit alle Gesetze und Regeln berücksichtigt haben.
Bergman : Natürlich.
RM : Sie haben keine Beweise unterschlagen?
(Schweigen)
Bergman : Nein.
US : Auch nicht, als Sie Rebeccas Hinterlassenschaften aus der Garage durchgesehen hatten?
Bergman : Nein.
(Schweigen)
RM : Was war mit Thea Aldrin? Die mussten Sie zu der Zeit doch schon entdeckt haben?
Bergman : Nein, hatten wir nicht.
US : Ist das nicht verdammt seltsam?
Bergman : Die Ermittlungen sind dadurch erschwert worden, dass das Opfer schon so lange unter der Erde gelegen hatte. Wir mussten verschiedene Untersuchungen und Testergebnisse abwarten. Das brauchte Zeit.
US : Das ist ganz klar der Nachteil daran, wenn man gründlich ist. Dass es so elend langsam geht.
RM : Was ist dann passiert? Sie waren drauf und dran, sowohl Håkan Nilsson als auch den Tutor Gustav Sjöö zum Verhör zu bestellen. Aber Sie sind wie üblich Ihren eigenen Weg gegangen, nicht wahr?
(Schweigen)
US : Die Sachen aus der Garage. Es war doch schließlich Ihre Idee, die durchzusehen, oder?
Bergman : Ja.
RM : Und was haben Sie da gefunden?
(Schweigen)
RM : Haben Sie da die Hinweise auf Spencer gefunden?
Bergman (flüstert) : Ja.
Freitag
13
EINE ZWEITE LEICHE GLEICH DANEBEN .
Thea nahm einen Schluck Kaffee aus derselben lächerlichen Tasse wie immer und stellte sie mit einem Knall auf dem Tisch ab. Der Schock schnürte ihr die Brust ab. Wer war der Mann, der nur wenige Meter neben Rebecca Trolle begraben worden war? Die Polizei wollte den Fall nicht weiter kommentieren, sondern verriet lediglich, dass der Tote ein Mann war und schon mindestens zwei Jahrzehnte, wenn nicht drei, dort vergraben lag.
Zwei Jahrzehnte. Das war eine lange Zeit, um jemanden zu vermissen.
Thea streckte sich nach der Morgenzeitung. Die zwei Toten nahmen jede Menge Raum ein. Von den zahlreichen Neuigkeiten, die eine Redaktion erreichten, waren offenbar nur wenige so spannend wie ein Doppelmord. In den Zeitungen fragte man sich, ob es trotz der langen Zeit, die zwischen den Todesfällen lag, eine Verbindung gab.
Und die Polizei schwieg.
Sie schwiegen, weil sie nichts wussten.
Theas Vater war Polizist gewesen, und sie meinte zu wissen, wie Polizisten dachten. Ein
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