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Sternwanderer

Titel: Sternwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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sicher.
    Als Lichtstrahl taumelte die Sternschnuppe über den Nachthimmel und fiel irgendwo im Südwesten auf die Erde nieder.
    »Dort«, flüsterte der einundachtzigste Lord, stürzte auf den Steinboden des Gemachs und blieb reglos liegen. Er atmete nicht mehr.
    Primus kratzte sich am Bart und blickte auf das in sich zusammengesunkene Häufchen hinab, das sein Vater gewesen war. »Ich hätte fast Lust, den Leichnam des alten Bastards aus dem Fenster zu werfen«, meinte er. »Was war denn das für ein idiotischer Quatsch?«
    »Das sollten wir aber lieber nicht tun«, erwiderte Tertius. »Wir wollen doch weder, daß Stormhold in Schutt und Asche zerfällt, noch können wir einen Fluch über unseren Häuptern gebrauchen. Laßt ihn uns in die Ahnenhalle bringen.«
    Primus hob den Körper seines Vaters hoch und schleppte ihn zurück auf die Pelze im Bett.
    Die vier toten Brüder gesellten sich zu Septimus am Fenster.
    »Was er wohl denkt?« fragte Quintus seinen Bruder Sextus.
    »Er fragt sich, wo der Stein hingefallen ist und wie er ihn als erster erreichen kann«, antwortete Sextus und erinnerte sich an seinen eigenen Sturz hinab auf die Felsen und hinein in die Ewigkeit.
    »Das will ich auch verdammt noch mal hoffen«, sagte der verstorbene einundachtzigste Lord von Stormhold zu seinen vier toten Söhnen. Aber die drei lebenden Söhne hörten von all dem nichts.
     
     
    * * *
     
    Auf die Frage »Wie groß ist das Feenland?« gibt es keine simple Antwort.
    Schließlich ist das Feenland kein einheitliches Land, Fürstentum oder Herrschaftsgebiet. Landkarten vom Feenland sind unzuverlässig, man sollte ihnen also nie trauen.
    Wir sprechen über die Könige und Königinnen des Feenlands genauso wie über die von England. Aber das Feenland ist weit größer als England und auch größer als die Welt (denn seit Menschengedenken hat jedes Land, das von Forschern und Helden durch den wissenschaftlichen Beweis seiner Nichtexistenz von der Landkarte verdrängt wurde, im Feenland Zuflucht gesucht; deshalb ist das Feenland jetzt, da wir darüber berichten, ein Ort von wahrhaft immensen Ausmaßen, der alle Arten von Landschaften und Terrains um-
faßt). Hier gibt es sogar Drachen. Außerdem Greife, Hippogryphen, Basilisken und Hydras. Ansonsten leben im Feenland auch noch alle möglichen vertrauteren Tierarten, zutrauliche und hochnäsige Katzen, noble und feige Hunde, Wölfe und Füchse, Adler und Bären.
    Mitten in einem großen, dichten Wald stand ein kleines Haus, mit Wänden aus Holz und Lehm, einem Strohdach und einer höchst ominösen Ausstrahlung.
    Die Hütte bestand aus einem einzigen Raum. Neben einem verwitterten Krokodilskelett hingen geräucherte Fleischstücke und Würste von den Dachbalken. Ein Torffeuer qualmte in einem großen Kamin, und der Rauch entwich durch einen langen Schornstein. Auf den drei Betten – eines davon war groß und alt, die anderen beiden waren niedrige Rollbetten – lagen drei Decken.
    In einer Ecke befand sich das Kochgeschirr, in einer anderen ein momentan leerer Holzkäfig. Die Fenster waren so schmutzig, daß man nicht hindurchsehen konnte; auch sonst war alles mit einer dicken öligen Staubschicht bedeckt.
    Das einzig Saubere im Haus war ein Spiegel aus schwarzem Glas, der an der Wand lehnte und so groß war wie ein hochgewachsener Mann und so breit wie eine Kirchentür.
    Das Haus gehörte drei alten Frauen. Sie schliefen abwechselnd in dem großen Bett, bereiteten abwechselnd das Abendessen, stellten abwechselnd Fallen für kleine Tiere auf und holten abwechselnd Wasser aus dem Brunnen hinter dem Haus.
    Die drei Frauen sprachen kaum miteinander.
    In dem kleinen Haus gab es aber noch drei andere Frauen. Sie waren schlank, dunkel und gut gelaunt. Die Halle, die sie bewohnten, war viel größer als die Hütte; der Boden bestand aus Onyx, die Pfeiler aus Obsidian. Dahinter erstreckte sich ein Hof unter freiem Himmel; vom Nachthimmel schimmerten die Sterne. Im Hof plätscherte ein Brunnen, und über die Statue einer Meerjungfrau sprudelte und hüpfte das Wasser. Aus ihrem weit offenen Mund ergoß sich reines schwarzes Wasser in den matt schimmernden Teich und brachte die Sterne, die sich dort spiegelten, zum Wanken.
    Die drei Frauen und ihre Halle befanden sich in dem schwarzen Spiegel.
    Die drei alten Frauen waren die Lilim – die Hexenköniginnen –, die ganz allein im Wald lebten.
    Auch die drei Frauen im Spiegel waren die Lilim, aber ob sie die Nachfolgerinnen der alten Frauen oder

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