Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
würde, war auf den ersten Blick nicht gerade vertrauenseinflößend. Sätze wie »Think Different« oder »Here’s to the crazy ones« waren vielleicht gute Werbesprüche, doch das Board war eher zurückhaltend, wenn es darum ging, sie zu Leitlinien der Unternehmensstrategie zu erklären. »Ich kratzte mich am Kopf und dachte, das ist ganz schön verrückt«, erinnerte sich Art Levinson, CEO von Genentech, den Jobs im Jahr 2000 in das Board von Apple geholt hatte. »Wir sind doch nur eine kleine Firma, ein unbedeutender Spieler am Rand. Ich sagte, dass ich nicht sicher sei, ob ich so einer Sache zustimmen könnte.« Auch Ed Woolard war skeptisch: »Gateway hat sich daran versucht und ist gescheitert. Dell wiederum verkauft erfolgreich direkt an die Endkunden ohne eigene Läden«, gab er zu bedenken. Jobs wusste es nicht gerade zu schätzen, wenn er aus dem Board zu viel Gegenwind bekam. Beim letzten Mal, als so etwas vorkam, hatte er die meisten Mitglieder des Board einfach ausgetauscht. Doch diesmal war es Woolard, der seine Zeit gekommen sah und zurücktrat – aus persönlichen Gründen und weil er es leid war, mit Jobs Tauziehen zu spielen. Zuvor jedoch genehmigte das Board einen Probelauf für vier Apple Stores.
Einen Unterstützer hatte Jobs im Board. 1999 hatte er Millard »Mickey« Drexler engagiert, den Einzelhandelskönig mit Wurzeln in der Bronx, der als CEO von Gap eine verschlafene Kette zu einer Ikone amerikanischer Freizeitkultur verwandelt hatte. Er gehörte zu den wenigen Menschen auf der Welt, die genauso erfolgreich und ausgebufft waren wie Jobs, wenn es um Design, Image und die Sehnsüchte der Kunden ging. Darüber hinaus bestand auch er auf umfassender Kontrolle: In den Läden von Gap wurden ausschließlich Produkte von Gap verkauft, und Produkte von Gap verkaufte man beinahe ausschließlich in den Läden von Gap. »Ich bin aus dem Warenhausgeschäft ausgestiegen, weil ich es nicht länger aushielt, nicht die volle Kontrolle über mein eigenes Produkt zu haben, von der Herstellung bis hin zum Verkauf«, sagte Drexler. »Steve denkt genauso, und ich glaube, dass er mich deshalb engagiert hat.«
Drexler gab Jobs einen Rat: Er sollte heimlich in der Nähe des Apple-Campus den Prototyp eines Ladens aufbauen, ihn innen vollständig einrichten und dann so lange darin herumhängen, bis er sich gut damit fühlte. Also mieteten Johnson und Jobs ein leer stehendes Lagerhaus in Cupertino an. Und über sechs Monate hinweg trafen sie sich jeden Dienstag dort für ein morgenfüllendes Brainstorming. Sie liefen dabei durch den Raum und verfeinerten ihre Einzelhandelsphilosophie immer weiter. Der Laden entsprach in etwa dem Design-Studio von Ive. Es war ein Zufluchtsort, an dem Jobs mit seiner visuellen Herangehensweise Innovationen einbringen konnte, indem er die Dinge anfasste und die verschiedenen Möglichkeiten, die sich herausbildeten, direkt vor Augen hatte. »Ich mochte es besonders, einfach nur hinüberzugehen und mir alles anzusehen«, erinnerte sich Jobs.
Hin und wieder lud er Drexler, Larry Ellison und andere vertrauenswürdige Freunde ein, sich das Ganze anzusehen. »Es waren einfach zu viele Wochenenden – wenn er mir nicht gerade einen neuen Ausschnitt aus Toy Story zeigen musste –, an denen er mich in das Lagerhaus mitnahm und mir die Modelle und Attrappen für den Laden vorführte«, sagte Ellison. »Er war wie besessen von jedem ästhetischen Detail und der Service-Erfahrung. Schließlich kam ich an den Punkt, an dem ich sagte: ›Ich besuche dich nicht, Steve, wenn du mich wieder dazu bringst, in den Laden zu gehen.‹«
Die Firma von Ellison, Oracle, entwickelte eine Software für ein tragbares Kassiersystem, das einen Ladentisch mit fester Kasse überflüssig machte. Bei jedem Besuch von Ellison trieb Jobs ihn dazu an, den Prozess noch weiter zu vereinfachen, indem er unnötige Zwischenschritte wegließ, etwa das Herüberreichen der Kreditkarte oder den Ausdruck eines Belegs. »Wenn man sich die Apple Stores und die Produkte dort ansieht, dann erkennt man Steves Besessenheit für Schönheit in Form von Einfachheit – diese Form der Bauhaus-Ästhetik, dieser wunderbare Minimalismus, der bis zum Prozess des Kassierens reicht«, so Ellison. »In diesem Fall heißt das: ein absolutes Minimum an notwendigen Einzelschritten. Steve machte uns ganz explizite und exakte Vorgaben darüber, wie das Kassieren aus seiner Sicht zu funktionieren hatte.«
Als Drexler den nahezu fertiggestellten
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