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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Still Missing
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mit der Lotion eincremte, summte er ein Lied, und ich zählte die Wachstropfen
an den Kerzen.
    Ich machte
Inventur von allem, was ich sah. Ich multiplizierte und dividierte die Zahlen.
Sobald sich ein anderer Gedanke oder ein Gefühl in mein Bewusstsein schlich,
kickte ich es raus und begann wieder von vorn.
     
    Als er zum
zweiten Mal versuchte, mich zu vergewaltigen, bewegte ich mich nicht, weinte
nicht, sondern starrte nur an die Wand neben dem Bett. Solange ich nicht
reagierte, bekam er keinen hoch. Hilfe musste unterwegs sein, ich musste nur
durchhalten, bis sie mich fanden. Also zählte ich oder dachte an Flugzeuge,
während ich wie eine Stoffpuppe dalag, egal, was er mit mir anstellte. Er
packte mein Gesicht, sah mir direkt in die Augen und versuchte weiterhin,
seinen schlaffen Penis in mich hineinzuzwingen. Ich zählte die Blutgefäße in
seinen Augen. Sein Schwanz wurde weicher. Er schrie mich an, ich solle seinen
Namen sagen. Als ich es nicht tat, hämmerte er mit der Faust auf das Kissen
neben meinem Ohr und brüllte mit jedem Schlag: »Du dumme blöde Schlampe!«
    Die
Schläge hörten auf. Sein Atem wurde ruhiger. Auf dem Weg ins Badezimmer begann
er zu summen.
    Während er
duschte, presste ich mir das Kissen vors Gesicht und schrie hinein. Du krankes
Schwein! Du schlappschwänziges Arschloch! Du hast dich mit der Falschen angelegt. Als Nächstes dämpfte das Kissen meine Schluchzer. Sobald ich hörte,
wie die Dusche abgestellt wurde, drehte ich das Kissen um, legte es mir mit der
trockenen Seite nach oben unter den Kopf und wandte das Gesicht zur Wand.
     
    Leider
entmutigten die Misserfolge ihn nicht. Es war jedes Mal der gleiche Ablauf,
erst das Bad - dabei redete er am meisten -, dann die Rasur, das Eincremen und
anschließend das Kleid. Ich kam mir vor wie eine Schauspielerin am Broadway:
Abend für Abend dieselbe Bühne, dieselbe Kulisse, dieselbe Beleuchtung und
dasselbe Kostüm. Das Einzige, was sich änderte, war seine wachsende Frustration
und wie er damit umging.
    Nach dem
dritten missratenen Versuch schlug er mich zweimal ins Gesicht, so hart, dass
ich mir auf die Zunge biss. Dieses Mal empfand ich keine auch noch so bittere
Befriedigung. Ich erstickte meine Schluchzer mit dem Kissen und fürchtete mich
vor dem Moment, in dem er mit dem Duschen fertig sein würde.
    Am vierten
Abend schlug er mich zweimal in den Bauch - mir blieb die Luft weg, und die
Heftigkeit des Schmerzes schockierte mich - und einmal gegen das Kinn. Es tat
unerträglich weh. Der Raum verschwamm. Ich betete darum, dass mir vollkommen
schwarz vor Augen würde, doch das geschah nicht. Ich hörte auf, ins Kissen zu
weinen.
    Am fünften
Abend drehte er mich um, kniete sich auf meine Hände und drückte mein Gesicht
in die Matratze, so dass ich keine Luft mehr bekam. Meine Brust brannte. Das
machte er dreimal, jedes Mal hörte er auf, kurz bevor ich ohnmächtig wurde.
    Die
meisten Abende endeten damit, dass er mit ausdrucksloser Miene aufstand, und
dann hörte ich eine Weile die Dusche. Wenn er wieder ins Bett kam, legte er die
Arme um mich und redete über Belanglosigkeiten - wie die Ureinwohner Fleisch
haltbar gemacht hatten, welche Sternenbilder er auf seiner nächtlichen
Patrouille gesehen hatte, welche Früchte ihm schmeckten und welche nicht.
    Doch eines
Abends legte er sich neben mich und sagte: »Ich frage mich, wie es Christina
geht. Sie ist immer so ruhig und kontrolliert. Was wäre wohl nötig, damit eine
Frau wie sie die Beherrschung verliert?«
    Ich bekam
nur mühsam Luft, als er seine Finger durch meine steifen Hände schlang und mich
sanft mit dem Daumen streichelte.
    Als er
neben mir schnarchte, quälte mich die Vorstellung seiner Hände auf Christinas
Körper oder dass sie auch nur eine Sekunde lang das Entsetzen erlebte, das ich
empfand. Das durfte ich nicht zulassen. Mein Plan funktionierte nicht, solange
es nicht mein Ziel war, dass er mich, und möglicherweise auch Christina,
umbrachte. Es dauerte zu lange, bis ich gefunden wurde, und er würde bestimmt
nicht eines Tages zu mir sagen: »Das scheint nicht zu funktionieren, deshalb
bringe ich dich jetzt nach Hause.« Mit meinem eigenen Leben hätte ich
vielleicht noch länger spielen können, aber nicht mit Christinas.
    Ich würde
ihm dabei helfen müssen, mich zu vergewaltigen.
     
    Sein
Verhalten zu verstehen war von entscheidender Bedeutung. Ich kratzte alles
zusammen, das ich je über Vergewaltiger gelesen, jede Fernsehsendung, die ich
über sie gesehen

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