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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Still Missing
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klopfte sich auf den Bauch. Ich
musste es noch einmal versuchen.
    »Wenn du
mir erlauben würdest, in den Büchern nachzulesen, könnte ich vielleicht
herausfinden, welche Kräuter und Pflanzen, die hier oben wachsen, sich als
Medizin eignen. Das ist ganz natürlich, und du könntest auch nachlesen, was
man ihr geben kann.«
    Er warf
einen Blick auf ihr Bett und sagte: »Ihr fehlt nichts.«
    Aber das
stimmte nicht. In den nächsten Tagen litt sie unter heftigem Fieber. Ihre
seidige Haut glühte, und ich hatte keine Ahnung, was ich für sie tun konnte.
Sie hustete so heftig, bis sie nach Luft rang, und ich legte ihr warme Waschlappen
auf die Brust in dem Versuch, ihre Verstopfung zu lösen, doch davon schrie sie
nur umso mehr, und bei kalten Waschlappen wurden die Schreie noch lauter.
Nichts half. In der Nacht wachte sie jede Stunde auf, und ich schlief gar nicht
mehr richtig - ich lag halbwach in einem permanenten Zustand der Furcht.
Manchmal hörte ich, wie ihr Atem aussetzte, und mein Herz stand still, bis ich
sie wieder Luft holen hörte.
    Der Psycho
entschied, dass wir sie ignorierten, wenn sie tagsüber schrie, damit sie
lernte, sich zu beherrschen, aber für gewöhnlich hielt er es vielleicht zehn
Minuten aus, ehe er hinausstürmte und schrie: »Erledige du das!« Wenn sie
nachts weinte, nahm ich sie rasch hoch, doch wenn er aufwachte, warf er mit dem
Kissen - auf sie, auf mich, oder er legte es sich über den Kopf. Manchmal boxte
er auf das Bett.
    Sobald er
wieder eingeschlafen war, versteckte ich mich mit ihr im Badezimmer, bis sie
sich beruhigt hatte. Eines Nachts stellte ich die Dusche an, in der Hoffnung,
der warme Dampf könnte ihr das Atmen erleichtern, doch ich fand nie heraus, ob
es geholfen hätte. Wie rasend stürzte er herein und brüllte mich an, das Wasser
abzudrehen.
    Nach
wenigen Nächten glich ich einem Zombie. In der vierten Nacht kam es mir vor,
als würde sie alle halbe Stunde aufwachen, und ich hatte immer größere Mühe,
wach zu bleiben. Ich erinnere mich, dass meine Lider so schwer waren, dass ich mich
nur für eine Sekunde ausruhen wollte, doch dann musste ich eingeschlafen sein,
denn ich wachte mit einem Ruck auf. Mein erster Gedanke war, wie still es in
der Hütte war, und froh, dass sie endlich zur Ruhe gekommen war, ließ ich die
Lider wieder sinken. Dann stellte ich fest, dass ich den Psycho nicht neben mir
spürte, und schreckte hoch.
    In der
Hütte war es dunkel. Obwohl es Sommer war, war es in der Nacht zuvor kalt
gewesen, und er hatte ein kleines Feuer entfacht. Im Schimmer der glühenden
Asche konnte ich seine Umrisse am Fußende des Bettes ausmachen. Er hatte sich
leicht vorgebeugt, so dass ich dachte, er würde sie hochnehmen, doch als er
sich umdrehte, sah ich, dass er sie bereits im Arm hielt. Erschöpft streckte
ich die Arme aus. »Tut mir leid, ich habe sie nicht schreien gehört.«
    Er reichte
sie mir, schaltete das Licht an und begann sich anzuziehen. Ich begriff nicht,
warum. War es schon Zeit aufzustehen? Warum hatte er nichts gesagt? Das Baby
lag ruhig in meinen Armen, und ich zog die Decke von ihrem Gesicht.
    Zum ersten
Mal seit Tagen war es nicht vor Unwohlsein verzogen, und ihre Wangen waren
nicht mehr rot oder verschwitzt. Doch ihre Blässe schien auch nicht richtig zu
sein, und ihr rosenförmiger Mund hatte einen bläulichen Schimmer. Ich hielt
mein Ohr an ihren Mund, und meine Brust war wie eingeschnürt, als ich selbst
nach Luft rang. Ich hörte nichts. Spürte nichts. Dann legte ich mein Ohr auf
ihre Brust. Ich war mir der wimmernden Geräusche im Raum bewusst. Mein Herz
wurde von Freude überflutet - bis mir klarwurde, dass es mein eigenes Wimmern
war. Zwischen den Versuchen, sie wiederzubeleben, presste ich mein Ohr an ihren
Mund.
    »Bitte, o
bitte, atme! Gott, bitte hilf mir, bitte!«
    Es war zu
spät. Sie war schon kalt.
     
    Steif saß
ich auf dem Bett und versuchte verzweifelt, die Tatsache zu leugnen, dass ich
meine tote Tochter in den Armen hielt. Der Psycho starrte mit unbewegter Miene
auf uns herunter.
    »Ich habe
dir gesagt, dass sie einen Arzt braucht. Ich habe es dir gesagt!« Ich schrie
ihn an, während ich mit einer Hand auf seine Beine einhämmerte und mit der
anderen mein Kind an mich drückte.
    Er schlug
mich ins Gesicht und sagte mit tonloser Stimme: »Gib mir das Baby, Annie.«
    Ich
schüttelte den Kopf.
    Mit einer
Hand packte er mich an der Kehle, die andere griff nach ihrem Leichnam. Wir
starrten uns an. Die Hand an meiner Kehle begann

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