Stich ins Herz - Robb, J: Stich ins Herz - Origin in Death (Death 21)
seiner Akte finden, er hatte keine politischen Beziehungen, die vielleicht zu einem Anschlag hätten führen können, er hat nicht gespielt, war nicht bei Prostituierten, hat keine verbotenen Geschäfte gemacht, keine Patientinnen über den Tisch gezogen, nichts.«
»M anche Menschen sind eben einfach gut.«
»J emand, der so gut ist, hätte längst schon Flügel und einen Heiligenschein. Irgendetwas stimmt nicht mit dem Kerl. Jeder Mensch schleppt irgendwo ein tiefes, düsteres Geheimnis mit sich rum.«
»I rgendwie steht der Zynismus Ihnen wirklich gut.«
»I nteressanterweise war er der rechtliche Vormund ausgerechnet des Mädchens, das später sein Sohn zur Frau genommen hat. Ihre Mutter – ebenfalls eine Ärztin – kam bei einem Aufstand in Afrika ums Leben, und ihr Vater – offenbar ein Künstler – ließ seine Familie bereits kurz nach der Geburt des Töchterchens im Stich und wurde wenig später in Paris von dem eifersüchtigen Ehemann seiner Geliebten umgebracht.«
»Z iemlich viele tragische Zwischenfälle für eine einzige Familie, finde ich.«
»N icht wahr?« Eve hielt vor dem Stadthaus in der Upper West Side, in dem der Dr. Icove, der noch lebte, mit seiner Familie zu Hause war. »M acht einen nachdenklich.«
»M anchmal werden Familien von Tragödien heimgesucht. Das ist so etwas wie ein negatives Karma.«
»G lauben Hippies denn an Karma?«
»A ber sicher doch.« Peabody stieg aus. »N ur nennen wir es das kosmische Gleichgewicht.« Über eine kurze Treppe trat sie vor eine reich verzierte Tür, die entweder eine ausgezeichnete Kopie oder vielleicht sogar die alte Originaltür war. »W as für ein Schuppen.« Während die Überwachungsanlage nach ihren Namen fragte, strich sie ehrfürchtig mit einer Hand über das Holz.
»L ieutenant Dallas und Detective Peabody.« Eve hielt ihre Dienstmarke gut sichtbar vor den Scanner, fügte aber trotzdem noch hinzu: »V on der New Yorker Polizei. Wir würden gern mit Dr. Icove sprechen.«
Einen Augenblick, bitte.
» S ie haben noch ein Haus in den Hamptons«, fuhr Peabody fort, »e ine Villa in der Toskana, ein Stadthaus in London, eine kleine grasgedeckte Hütte auf Maui, und durch Icove seniors Tod kommen noch zwei tolle Anwesen dazu. Warum ist McNab kein reicher Doktor?«
Doch auch wenn er nicht vermögend war, sah Peabody den heißen elektronischen Ermittler, mit dem sie zusammenlebte, als die große Liebe ihres jungen Lebens an.
»S ie könnten ihn ja einfach fallen lassen und sich einen reichen Arzt suchen«, schlug Eve ihr rüde vor.
»N ee. Dazu bin ich einfach zu verrückt nach seinem knochigen Arsch. Gucken Sie mal, was er mir geschenkt hat.« Sie zog eine Kette mit einem vierblättrigen Silberkleeblatt unter ihrem Hemd hervor.
»W ozu?«
»Z ur Feier des Endes meiner Reha und meiner vollständigen Genesung, nachdem ich in Ausübung des Dienstes schwer verwundet worden bin. Er sagt, die Kette soll mich davor schützen, dass mir je noch mal so was passiert.«
»V ielleicht böte sich dafür eher eine schusssichere Weste an.« Peabody verzog beleidigt das Gesicht und erinnerte Eve dadurch daran, dass man sich im Rahmen einer Partnerschaft – und vor allem einer Freundschaft – entgegenkommender verhielt. »S ie ist wirklich hübsch«, fügte sie deshalb hinzu, griff nach dem kleinen Glücksbringer und sah ihn sich genauer an. »U nd vor allem ist das wirklich nett von ihm.«
»W enn’s drauf ankommt, ist er echt ein Schatz.« Peabody steckte die Kette wieder unter ihr Hemd. »W enn ich diese Kette trage, wird mir einfach warm ums Herz.«
Eve dachte an den Diamanten – groß wie eine Babyfaust – den sie selbst unter dem Hemd verborgen trug. Sie kam sich deshalb ein bisschen dämlich vor, aber er wärmte ihr ebenfalls das Herz. Außerdem hatte sie sich inzwischen an sein Gewicht gewöhnt.
Nicht an sein physikalisches Gewicht, gestand sie sich, wenn auch widerstrebend, ein, sondern an das Gewicht der Emotionen, das Gewicht der Liebe, die mit diesem Stein verbunden war.
Die Tür wurde geöffnet und sie sahen die Frau von dem Porträt. Ihre Haare schimmerten im weichen, goldenen Licht der Eingangshalle, und trotz der vom Weinen rot verquollenen Augen war sie geradezu überirdisch schön.
3
»E s tut mir leid, dass ich Sie habe warten lassen, vor allem bei dem Regen.« Ihre warme, vom Weinen etwas raue Stimme passte hervorragend zu ihr. »I ch bin Avril Icove. Bitte kommen Sie herein.« Sie trat einen Schritt zurück und ließ
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