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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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Brücke auf und ab zu gehen, bis sie nicht mehr zitterte.
    „Danke“, sagte sie schließlich. „Ich scheine mich bei dir für alles zu bedanken, nicht?“
    „Das wirst du dir schon wieder abgewöhnen“, erwiderte Greville mit ausdrucksloser Miene.
    „Ja … Ich weiß nicht einmal, wie du heißt.“
    „Nenn mich Greville.“
    „Ist das alles?“
    „Es reicht.“
    Liz seufzte. „Also, was willst du mit mir anfangen, Greville?“
    „Weiß ich nicht. Muß ich mir wohl überlegen.“
    „Überleg’s dir nicht zu lange. Und wenn du dein Pfund Fleisch nicht willst, dann werde ich versuchen, ein wenig näher an Jane heranzukommen.“
    Er lachte. „Deine Chancen, Jane zu finden, sind ungefähr so groß, wie die Nadel in dem sprichwörtlichen, aber jetzt veralteten Heuschober zu finden.“
    „Das kann dir ja egal sein“, sagte Liz müde. „Wir sind alle zusammen verrückt. Außerdem habe ich so was wie einen eingebauten Fährtensucher. Und darüber hinaus ist es ja wohl gleich, wie ich meine Zeit verschwende, oder?“
    „Es ist mir aber nicht egal“, sagte Greville. Plötzlich stellte er verblüfft fest, daß dies der Wahrheit entsprach. „Es ist schon ganz schön lange her, seit ich mit jemandem gesprochen habe“, sagte er, als würde das alles erklären. „Ich glaube, ich nehme dich mit nach Hause. Vielleicht kannst du dich sogar nützlich machen.“
    „Ich bin zu nichts gut als zum Vögeln“, kam es brutal von Liz.
    „Nach allem, was ich weiß, bist du möglicherweise noch nicht einmal dafür gut. Außerdem, da wir gerade davon sprechen, versuch doch mal, ein anderes Wort dafür zu finden.“
    „Verletze ich damit dein Feingefühl?“
    „Nein“, sagte er ruhig. „Nur mein ästhetisches Gefühl. Also, wenn du mit deinen Gefühlsaufwallungen fertig bist, sollten wir uns mal Gedanken über das Frühstück machen.“
     

5
     
    Zum Frühstück gab es sehr salzigen Schinken, grobes selbstgemachtes Brot und dazu Flaschenbier. Sie verzehrten es in der Nähe von ‚Cleopatra’s Needle’ am Themseufer. Es war lange her, seit Liz zum letztenmal in London gewesen war, und sie wollte sehen, was die Zeit, die Transnormalen und die Herrschaft der Katzen und Hunde daraus gemacht hatten. Sie wurde nicht wie Greville von Geistern aus der Vergangenheit verfolgt, und sie war fünfzehn Jahre jünger. Außerdem hatte sie die normale Welt nie wirklich gekannt, denn ihr gesamtes Wachstum und fast die gesamte Erforschung ihrer Umwelt waren während der entsetzlichen zehn Jahre der Omega-Strahlung erfolgt. Sie konnte daher das Gefühl der Traurigkeit, wie es Greville empfand, nicht nachvollziehen, und sie konnte die ungeheure Tragödie der Zerstörung einer großen Stadt nicht wie er wahrnehmen. Wenn sie die Öde um sie herum nicht so sehr zu empfinden schien, so kam das daher, daß die Erfahrung sie gelehrt hatte, daß diese Öde natürlich war: Sie war ein Teil ihres Lebens.
    Sie verzehrten ihre Mahlzeit in dem Auto und beobachteten die Sonne, wie sie sich langsam mit dem Versprechen eines weiteren warmen Tages erhob. Das Essen gehörte zu den Rationen, die Greville zu seinem zwanghaften jährlichen Besuch der Chelsea-Brücke mitgebracht hatte. Er hatte natürlich auch eine praktische Entschuldigung für die lange – und gefährliche – Expedition von seiner Hütte in Norfolk in die Großstadt. Er wollte plündern – Feuerwaffen, Munition, Schuhe, Kleider, Werkzeuge, Bücher und was er sonst noch erwischen konnte.
    Er hatte seit ungefähr achtzehn Monaten in East Anglia gewohnt. Es hatte ihn dorthin verschlagen, und er hatte die Hütte, die er zu seinem privaten Stützpunkt gemacht hatte, aus reinem Zufall gefunden. Als sich das Freiwilligenkorps Leicester – zusammen mit praktisch jeder anderen quasi-sozialen Organisation – 1993 aufgelöst hatte, hatte er sich auf den Weg nach Süden gemacht. Auf seinen Wanderungen war er mit verschiedenen kleinen Gruppen von der einen oder anderen Art in Berührung gekommen, aber er hatte solche Kontakte immer wieder schnell abgebrochen. Er hatte sich nie jemandem angeschlossen oder es sich gestattet, eine persönliche Bindung einzugehen, und zwar aus dem einfachen Grund, weil er wußte, daß die meisten der Gruppen, auf die er stieß, zum Untergang verurteilt waren. Manche von ihnen waren nicht mehr als Amateur-Räuberbanden, andere waren kleine Stämme, die grob auf einer Familienstruktur beruhten und als Bindung nur echte oder symbolische Verwandtschaft akzeptierten,

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