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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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vor. Ein weiterer extravaganter Angriff auf ihre Wein- und Konservenbestände wurde unternommen. Dann ruderten sie zum Festland, solange die Sonne noch niedrig am Himmel stand, und Greville zeigte Liz den Friedhof, auf dem Augustus Rowley beerdigt lag.
    Zusammen lasen sie die Inschrift unter der Marmorstatue:
     
    Dem unsterblichen Andenken an Augustus Rowley, Träumer, Philosoph und Literat. Geboren: 1833 – 1873 an Müdigkeit und tiefer Melancholie gestorben. Hier erwartet er seine Ehrenrettung durch Zeit und Verhältnisse, sicher in der Überzeugung, daß er seine Berufung durch seinen Schöpfer richtig erkannt hat.
     
    Greville entkorkte die Weinflasche. „Auf Augustus Rowley, Wächter und Schutzheiliger aller guten Transies.“ Er trank aus der Flasche und gab sie Liz weiter.
    „Auf Augustus“, sagte sie, „ohne dessen Träume und Philosophien zumindest zwei Transies erheblich ärmer wären.“
    Sie verbrachten den ganzen Tag auf dem Friedhof. Sie lasen noch einige Grabinschriften und liebten sich dann im hohen Sommergras zwischen einem Grabstein, der an das Begräbnis von Abigail Sarah Busterd erinnerte, die 1909 zu ihrem Schöpfer gerufen worden war, und James Jolly, der 1923 dem Ruf Gottes gefolgt war.
    Danach schliefen sie friedlich und ruhig, obwohl Grevilles Hand die ganze Zeit auf seinem Schrotgewehr blieb. Dann wachten sie auf, lasen noch einige Inschriften und tranken noch etwas Wein. Niemand störte sie, und in der Hitze der Nachmittagssonne badeten sie sich in ihrem hypnotischen Glanz und unterhielten sich voller Freude und in aller Freiheit über eine Welt, an die sie sich beide nur noch sehr schwer erinnern konnten. Schließlich, als wollten sie das weitere Ausbleiben von Katastrophen irgendwelcher Art feiern, liebten sie sich am späten Nachmittag noch einmal, bevor sie sich auf den Weg zurück zum See und zu ihrer Inselfestung machten.
    Es war ein herrlicher Tag. Sie sahen niemanden. Sie wurden von keinerlei Räubern, menschlichen oder tierischen, bedroht. Sie hätten in einer völlig normalen Welt allein einen Tag auf dem Land verbracht haben können – nur mit dem Unterschied, daß es keine Flugzeuge gab, die den Himmel mit ihren Kondensstreifen aufteilten und für plötzliche Geräusche sorgten. Auch Autos gab es nicht, die die überwucherten Straßen in Schlachtfelder hätten verwandeln können. Außerdem gab es keine gesunden Vertreter der Bürokratie, die sich über die freudige und sorglose Entweihung des Friedhofs und seines heiligen Bodens beschwerten.
    Bevor sie den Friedhof hinter sich ließen, flocht Liz aus Butterblumen und Gänseblümchen einen Kranz, den sie um den Marmorhals von Augustus Rowley hängte; und Greville stellte sorgfältig die leere Weinflasche auf den überraschend flachen Kopf der Statue.
     

14
     
    Das schöne Wetter hielt an. Die Tage gingen sanft ineinander über. Der Juli schien seinen gesamten Regenvorrat an dem einen Tag verbraucht zu haben. Greville fing an, den optimistischen Glauben zu hegen, daß Liz schließlich doch die dumme Idee aufgeben würde, sich in unbekannte Fernen aufzumachen, um ihre Zwillingsschwester zu suchen. Er hatte dabei aber nicht an die Alpträume gedacht. Sie stellten sich relativ regelmäßig ein – etwa alle zwei oder drei Tage.
    Das Mädchen in dem Käfig, so hatte ihm Liz ganz nüchtern erklärt, war nicht wirklich sie selbst, sondern Jane. Irgendwo hielten die aus dem Norden, die sie von den Leuten aus Richmond entführt hatten, Jane gefangen und behandelten sie wie ein Tier – ein Tier, das nur für primitive Unterhaltung gut war. Greville glaubte weder an Telepathie noch glaubte er nicht daran; er legte jedoch eine starke Skepsis an den Tag, um damit gegen die plötzlichen Anfälle von Ruhelosigkeit und Depressionen anzugehen, unter denen Liz zu leiden begann. Er hatte einen Grad von Zufriedenheit und Ruhe gefunden, wie er ihn vorher nicht für möglich gehalten hatte. Das würde ein Ende finden, wie alle Dinge ein Ende finden, aber er wollte es so lange anhalten lassen, wie es möglich war.
    Liz war bis zum Rand voller Konflikte. Sie fing an, sich an Greville zu gewöhnen. Er behandelte sie weitaus besser, als sie in Richmond behandelt worden war; und sie begann zu lernen, mit seinen schlechten Stimmungen fertig zu werden. Trotzdem war da noch dieser Ruf von Jane. Und da waren die Alpträume, in denen sie eigentlich und für eine kurze schreckliche Zeit Jane wurde, ihre Erniedrigungen erfuhr und die

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