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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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Robert Cherrys. Jetzt aber ins Bett.“
    Greville ging jedoch nicht sofort ins Bett. Der Regen hatte aufgehört, der Himmel war klar und Liz mit ihrer Arbeit fertig. Sie wollte noch kurz Luft schnappen, und so führte er sie rund um die winzige Insel. Sie sahen über den See und betrachteten den matten Glanz der Sterne in einem verwaschenen Himmel. Und bevor sie in das Haus zurückgingen, küßte er sie. Er hatte sie schon gebumst. Er hatte sie schon umbringen wollen. Dieses aber war das erste Mal, daß er sie küßte. Es überraschte ihn festzustellen, daß es auf eine merkwürdige Weise schmerzte wie ein Messerstich.
    Sie legten sich züchtig in das Bett und drückten sich in einer seltsam unpersönlichen Zärtlichkeit aneinander. Eine Zeitlang unterhielten sie sich mit leiser Stimme über Belanglosigkeiten, fast so, als hätten sie Angst davor, daß jemand ihnen zuhörte. Greville hatte dieser Kuß Schwierigkeiten gemacht. Die Schwierigkeiten hatten noch nicht aufgehört – also versuchte er es rein experimentell noch einmal. Und wieder waren die Schmerzen da.
    Eigentlich war es nicht Schmerz, viel eher eine schreckliche Enge. Die Enge begann in seiner Brust und schien sich um seinen Körper zu schlingen, bis seine Atemzüge flach wurden und er auf seinem Kopf die Feuchtigkeit von Schweiß spürte. In der Dunkelheit begannen seine Gedanken, sich Pauline zuzuwenden. Er wollte nicht an Pauline denken, aber der Kampf dagegen war heftig und ihm bewußt; und die Enge breitete sich von seinem Körper in die Muskeln seiner Arme und Beine aus.
    Liz bemerkte seine Spannung, sagte aber nichts dazu. Sie war schon mit vielen Männern zusammengewesen, die die Belastungen, denen sie sich ausgesetzt fühlten, auf viele verschiedene Arten zeigten. Sie glaubte sich stolz selbst dazu in der Lage, diese Dinge zu nehmen, wie sie kamen; und zur Zeit hatte sie Bequemlichkeit, Sicherheit und Gesellschaft gefunden. Sie hatte das Gefühl, daß es nicht mehr gab, was man hätte verlangen können – außer wenn der Tod einmal kommen würde. Dem würde sie nicht ausweichen können, und sie hoffte nur, daß er schnell und schmerzlos sein würde.
    Sie hielten sich noch immer in den Armen und versanken nach einiger Zeit in einen unruhigen Schlaf. Liz hatte Alpträume und wachte einmal schreiend auf. Sie träumte, sie säße nackt in einem großen übelriechenden Raum in einem Käfig. Sie träumte, daß ihr jemand zwischen den Stäben hindurch eßbare Brocken hereinwarf und daß man ihr eine Schale hereinreichte, aus der sie trank. Als sie jedoch trank, brannte die Flüssigkeit in ihrer Kehle. Kurz darauf ging die Tür auf, und Männer kamen in ihren Käfig. Sie waren groß und grob und schwitzten vor Lust. Sie begannen damit, Dinge mit ihr anzustellen, und das Entsetzliche dabei war, daß sie sich nicht wehren konnte. Noch entsetzlicher war, daß sie anfing, Spaß daran zu gewinnen. Sie haßte deren üblen Mundgeruch, die Grunzlaute, das Gewicht auf ihr, den plötzlichen Schmerz, der sie durchzuckte. Sie haßte es, wie ihre Gliedmaßen darauf reagierten, wie ihr Mund sich öffnete, wie ihre Brüste anfingen, gegen sie zu arbeiten, als seien sie unabhängige Saboteure. Die ganze entsetzliche Situation war ihr zutiefst zuwider, aber irgendwie wollte sie doch nicht, daß sie aufhörte.
    Und es war das Gefühl, daß es Zwänge gab, die sie dazu brachten, das, was sie haßte, zu mögen, das sie zum Schreien brachte.
    Greville schüttelte und schlug sie. Die Schreie lösten sich zu unterdrücktem Stöhnen auf, und das Stöhnen verwandelte sich in haltloses Schluchzen. Schon bald fühlte sie sich erschöpft und ausgehöhlt. Bald darauf schlief sie wieder ein – aber Greville mußte sie so sehr festhalten, daß ihm schon bald die Arme schmerzten. Es dauerte lange, bis der Morgen kam.
    Als er dann endlich kam, war es, als sei – abgesehen von einer gewissen Frische – der Regen von gestern überhaupt nicht gefallen. Die Sonne stieg in einen wolkenlosen blauen Himmel hinein.
    Und Tag drei war, wie Greville später in seinem Tagebuch vermerkte, die glücklichste Zeit, die er in seinem ganzen Leben erlebt hatte. Trotz der Jahre der Transnormalität und der Not, trotz des millionenfachen Todes der normalen Menschen, trotz des Ausflugs in ein London der Toten und Sterbenden, trotz mörderischer Halbwüchsiger, Erniedrigung und Hinterhalt fühlte sich Greville, als gäbe es keinen Kummer in der ganzen Welt.
    Nach dem Frühstück schlug er ein Picknick

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