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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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sagte sie.
    ‚Woher weißt du das?’
    ,Das fühle ich.’
    ,Reicht deine übersinnliche Wahrnehmung auch aus, um dir mitzuteilen, wo der Gegner steckt?’
    ,Nein.’
    ,Dann konzentriere dich darauf.’
    Francis hatte eine kleine aufladbare Taschenlampe mitgenommen. Wir konnten ihren tanzenden Lichtschein auf den Innenwänden der Bücherei erkennen. Viele von den Fenstern waren zerbrochen. Ich hatte das Gefühl, daß er ein wenig enttäuscht sein würde. Wahrscheinlich hatten die Ratten die meisten Bücher schon aufgefressen.
    Es kam mir wie eine lange Zeit vor, aber wahrscheinlich waren es nur zwei oder drei Minuten, bis er schwer mit Büchern beladen aus dem Haus gewankt kam. Er warf sie hinten in den Lieferwagen und legte sie unordentlich auf unsere übrigen Schätze.
    , Viel ist nicht mehr da’, sagte er, vor Anstrengung schnaufend.
    ,Die Britannica scheint aber noch relativ unberührt zu sein. Wenn ich noch zweimal reingehe, habe ich die anderen Bände auch noch.’
    ,Wozu, zum Teufel, brauchst du ein Lexikon?’ fragte ich gereizt.
    ,Wozu, zum Teufel, willst du noch weiterleben?’ gab Francis zurück.
    ,Dann beeile dich. Liz glaubt, daß wir nicht allein sind.’
    ‚Gut’, sagte Francis ungerührt. ‚Einsamkeit ist nicht der Weg zum Glück.’ Er trottete in die Bibliothek zurück.
    Der zweite Ausflug dauerte nicht so lange.
    ,Ich habe Geräusche gehört’, sagte er unbekümmert, während er seine Bücher verstaute. Er lachte leise. Vielleicht ist das ein später Kunde in der Romanabteilung.’
    ‚Steig ein. Wir hauen ab.’
    ,Nicht, bis ich nicht den Rest der Britannica auch noch habe.’ Wieder rannte er in das Haus.
    Die Minuten verstrichen. Es dauerte lange, bis er zurückkam. Ich wollte gerade hineingehen, um ihn herauszuholen, als ich seine unverkennbare, bücherbeladene Gestalt im Halbdunkel ausmachte.
    Er verstaute die Bücher zwischen dem Rest unserer Beute. ‚Ratet mal’, sagte er aufgeregt, ‚was ich gefunden habe. Ich habe einen Jungen gefunden, der ist nur mit einem Fell bekleidet.’
    ,Wie schön’, sagte ich. Jetzt steig ein. Wir sind schon viel zu lange hier.’
    ,Nein’, sagte Francis. ‚Mir ist gerade etwas eingefallen. Ich brauche ein gutes Wörterbuch … der Junge ist am Verhungern. Meinst du vielleicht …’
    ‚Nein, verdammt noch mal, ich meine nichts dergleichen. Steig jetzt endlich ins Auto ein, bevor ich dich erschieße.’
    Francis lachte. ‚Stoße nie eine Drohung aus, die du nicht auch ausführen würdest. Nur noch eine Minute … Äh, der Junge. Könnten wir nicht wenigstens …’
    ,Gar nichts könnten wir wenigstens!’ fuhr ich ihn ärgerlich an und zielte mit dem Schrotgewehr auf ihn. Steig jetzt ein, bevor ich dich zur Hölle schicke.’
    Francis seufzte. ‚Tut mir leid, wenn ich euch hier zur Last falle. Ich hole nur noch das Wörterbuch!’
    Und weg war er.
    Ich hatte große Lust, ihn zu erschießen, ihm sein verrücktes Hirn mit dem Kolben einzuschlagen. Aber ich tat nichts dergleichen, sondern saß nur da und kochte.
    Liz versuchte mich mit einer seltsamen Methode zu besänftigen. ‚Was macht das schon? Was macht schon irgend etwas? Reg dich nicht über ihn auf. Er braucht eben etwas, das er abends mit ins Bett nehmen kann.’ Sie kicherte. ‚Auch wenn es nur ein Wörterbuch ist.’
    Kurz darauf kam Francis aus der Bibliothek. Er trug mehr als nur ein Wörterbuch. Er hatte eine undeutliche, aber entfernt menschliche Gestalt in den Armen. Er taumelte ein wenig, und ich wäre ausgestiegen und hätte ihm geholfen – wenn ich nicht wieder so eine verdammte Wut auf ihn gehabt hätte. Verdammt noch mal, ich hatte diesem Mann das Leben gerettet, und es war ihm völlig egal, was ich dachte oder fühlte oder wollte. Ich ließ ihn über den Platz mit seiner Last aus Haut und Knochen torkeln. Ich konnte das Kind nicht sehr gut erkennen, dachte aber, daß ich mein kleines Haus ebensogut in eine Mischung aus Obdachlosenasyl und Waisenhaus verwandeln könnte.
    Francis hatte die Autotür schon fast erreicht, als jemand – entweder aus Glück oder geplant – einen ausgezeichneten Schuß landete.
    Im selben Augenblick glaubte Liz am anderen Ende des Platzes eine Bewegung zu erkennen und feuerte ihr Schrotgewehr ab. Ich auch. Beide Läufe. Jemand schrie.
    Dann drehte ich mich um, um nach Francis zu sehen. Er war auf die Knie gesunken, hielt aber noch immer sein erbärmliches Menschenbündel umklammert. Es hatte den Anschein, als würde er sich nur noch mit reiner

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