Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
Vom Netzwerk:
durch kleine Dörfer, und falls in diesen Dörfern noch jemand am Leben war, konnte man davon ausgehen, daß sie sich gegen Plünderer schützen wollten, und ganz besonders gegen solche Plünderer, die im Konvoi fuhren und eventuell in der Lage wären, jeclen Widerstand in dem Ort zu brechen und sich das nehmen zu können, was sie wollten.
    Greville sah plötzlich alle Straßen Englands – warum nur Englands? – vor seinem geistigen Auge. Alle Straßen der Welt wurden stetig von Gras und Unkraut überwuchert oder vorsätzlich von Menschen zerstört. Radio und Telefon gab es nicht mehr, die Möglichkeiten für Reisen waren auf solche Entfernungen beschränkt, die man zu Fuß zurücklegen konnte, und am Ende würde es in der ganzen Welt nichts mehr geben als Bewohner von einzelnen Oasen. Fremde würde man nicht deshalb fürchten, weil sie vielleicht gefährlich waren, sondern einfach, weil sie Fremde waren. Dann würde das Tabu sein unzerstörbares Haupt wieder erheben; jeder, der nicht zu der Familie, der Sekte, dem Clan oder dem Stamm gehörte, würde aus dem völlig einsichtigen und logischen Grund vernichtet werden, weil er nicht dazugehörte.
    Greville war am ersten Tag gezwungen, vor Einbruch der Dunkelheit zwei größere und verschiedene kleinere Umwege zu fahren. Als es dunkel wurde, versuchte er, mit den Scheinwerfern weiterzufahren, aber das ermüdete ihn zu sehr. Er sah sich mit dem ständigen Risiko konfrontiert, daß jedes Grasbüschel eine Gefahr darstellte. Selbst wenn es nur ein Schlagloch war, das ihm eine Spurstange verbog, war es doch vielleicht noch tief genug, nicht nur das Unternehmen zu einem Ende zu bringen, sondern auch noch, um ihnen jegliche Überlebenschance zu nehmen. Liz und Greville waren nämlich bereits weit von jedem bekannten Zufluchtsort entfernt. Es wäre zwar noch möglich gewesen, zu Fuß zurück nach Ambergreave zu kommen – oder dies zumindest zu versuchen –, aber diese Möglichkeit war nicht geeignet, sie mit Optimismus zu erfüllen.
    Sie fuhren von der Straße ab und verbrachten die erste Nacht auf einer kleinen Lichtung, die früher einmal ein großes Feld gewesen war.
    Liz hatte den ölkocher mitgebracht, und so konnten sie sich etwas aus ihren Büchsen aufwärmen und eine einigermaßen zufriedenstellende Mahlzeit zu sich nehmen.
    Sie schliefen unruhig und unbequem in dem Auto mit geschlossenen Fenstern. Es war gut, daß Greville, trotz Liz’ Einwänden, keine Lüftung zugelassen hatte.
    Sie kuschelten sich in Verrenkungen aneinander, die sie am nächsten Tag bitter bereuen würden, und waren noch nicht lange eingedöst, als auf das gesamte Auto ein Prasseln herunterrauschte, das sich wie heftiger Regen anhörte. Es war jedoch kein heftiger Regen, wie Greville entdeckte, als er die Innenbeleuchtung anschaltete. Es waren Ratten – Hunderte oder wahrscheinlich Tausende –, die versuchten, hereinzukommen.
    Sie rochen das Fleisch, und das Fleisch, das sie da rochen, war voller Angst. Liz starrte die Reihe von bösartigen kleinen Gesichtern auf dem Kühler an und begann unkontrolliert zu zittern. Greville lehnte sich mit einem Fluch nach vorn und drückte auf die Hupe. Die Ratten verschwanden fast sofort, aber nach ein oder zwei Sekunden waren sie wieder da.
    Greville schaltete die Scheinwerfer an und beleuchtete einen wogenden Teppich von Ratten. Die Lichtung wimmelte von ihnen. Sie schienen hin und her zu fließen, eine bösartige, hungrige Flut, die dabei war, sie und das gesamte Auto zu überschwemmen.
    Er warf den Motor an, und das Geräusch verjagte sie kurz, aber sie gewöhnten sich daran und waren bald wieder da.
    In einem Anfall von Wut, Angst und Verärgerung legte Greville den ersten Gang ein und begann, in einem engen Kreis um die Lichtung zu fahren.
    Die Ratten fielen von dem Kühler herunter. Jene, die schon auf dem Dach saßen, wurden durch die Bewegung heruntergeworfen. Dutzende wurden von dem Licht hypnotisiert und fanden ihr Ende unter den Rädern. Sie wurden sofort von denen in Stücke gerissen, die beim nächsten Mal starben.
    Schließlich dämmerte es den Ratten, daß sie in diesem Spiel nicht gewinnen konnten. Die Überlebenden – und das war die große Mehrheit – verzogen sich, aber sie ließen ihren Gestank zurück, und der Gestank war so schlimm, daß Greville gezwungen war, das Auto auf die relativ ungeschützte Straße zurückzufahren.
    Wieder versuchten sie, etwas Ruhe und Schlaf zu finden, aber der Schlaf wollte nicht kommen, und beim

Weitere Kostenlose Bücher