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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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auf dem Rücken und schoß blind auf die versteckten Sterne, bis sein Magazin leer war.
    Die Erschütterung hörte auf, und er wußte, daß er sich um nichts mehr Gedanken zu machen brauchte.
    Er dachte verschwommen, daß er einen harten Tag hinter sich hatte und daß es jetzt an der Zeit sei, sich zum Schlafen zu legen.
     

29
     
    Greville schlug die Augen auf. Er lag in einem bequemen Bett zwischen sauberen, süß riechenden Bettüchern. Der Staub, der in einem Sonnenstrahl tanzte, faszinierte ihn. Die Bewegungen, die die Staubkörner vollführten, waren mühelos und folgten dem Zufall.
    Wie kleine Sterne, dachte er träge, die in einem Miniaturkosmos von einem Nichts ins nächste Nichts tanzten.
    Er spürte einen unbestimmten Schmerz, der sich über die gesamte linke Seite seines Körpers zu erstrecken schien, aber gegen die überwältigende Müdigkeit, die sich wie ein Vorhang vor sein Bewußtsein senkte, kam der Schmerz nicht an.
    Hinter dem Sonnenstrahl, halb im Schatten versteckt, konnte er das Gesicht einer Frau erkennen. Sie sah Liz ein wenig ähnlich, aber Liz konnte es ja wohl offensichtlich nicht sein. Die Anstrengung der Konzentration wurde zuviel für ihn.
    „Hallo“, murmelte er. „Du bist jemand anders, nicht wahr?“
    Dann seufzte er tief und schlief wieder ein.
    Sechs Stunden später, als aus dem Sonnenlicht Zwielicht geworden war, wachte er schweißgebadet auf und schrie: „Liz! Liz! Oh, Liz!“
    Jemand steckte eine Öllampe an, und da war Liz. Sie stand bei seinem Bett, hielt ihm die Hand, wischte ihm den Schweiß von der Stirn, und er sah sie an und hätte schwören können, daß sie wirklich da war.
    „Da siehst du es, was mit dir passiert, wenn ich nicht bei dir bin und auf dich aufpasse“, sagte Liz. „Du hast dich ganz schön in die Scheiße hineingeritten, findest du nicht auch?“
    „Ich dachte … Ich dachte …“, plapperte er. „Verdammt noch mal, was ist eigentlich hier los?“
    Er versuchte sich aufzusetzen, und die Anstrengung brachte ihn zum Stöhnen. Riesige Messer aus Schmerz stachen ihm in die Muskeln seiner Schulter. Er brach schluchzend zusammen.
    „Hier“, sagte Liz. „Trink das. Es sind keine Schmerzmittel mehr übrig.“
    Der Cognac schwappte über sein Kinn, aber der größte Teil fand seinen Weg in seine Kehle. Das brennende Gefühl war herrlich. Das Zimmer wurde dunkel, und vor seinen Augen erschien ein schöner dunkler Wirbel. Er brauchte nur ganz genau in seine Mitte hineinzuspringen.
    „Schlaf jetzt“, befahl ihm Liz. „Du hast dein Glück sowieso schon zu sehr strapaziert. Wenn du wieder aufwachst, bin ich hier.“
    Er schlief wieder ein und wachte vor der Morgendämmerung auf. Durstig, aber kühl. Die Schmerzen waren nicht mehr da.
    Liz war noch da. Die Lampe brannte noch.
    „Meine Liebste“, sagte Greville. „Ach, meine Liebste!“
    Liz lächelte ihm zu. „Du bist also immer noch im Delirium, was?“ Sie lehnte sich über das Bett und küßte ihn auf den Mund. „Falsche Fünfziger tauchen immer wieder auf, wußtest du das nicht?“ flüsterte sie.
    „Jetzt schlaf wieder, bis es Tag ist.“
    „Ich will was zu trinken.“
    „Cognac?“
    „Nein, Wasser.“
    Liz gab ihm ein Glas.
    „Du mußt jemand anders sein. Der Mann, den ich gekannt habe, hätte das nicht angerührt.“
    Greville trank gierig und schloß wieder die Augen.
    Der Morgen kam. Er öffnete seine Augen, und noch immer war Liz da. Sie hatte sich in dem Lehnstuhl zusammengerollt und war eingeschlafen.
    Während das Licht der Lampe mit dem stärker werdenden Tageslicht den Kampf verlor, sah Greville sie sich genau an. Ihre Nase glänzte, und ihr Mund hatte sich geöffnet. Sie trug ein Kleid aus stumpfem braunem Tuch, das ihr paßte wie ein Kartoffelsack.
    Greville fühlte sich wie ein König.
    Er wollte nichts sagen, weil er sie nicht aufwecken wollte. Wenn er ein frommer Mann gewesen wäre, hätte er jetzt gesagt: „Ich danke dir, Gott, für die Wunder, die du an mir vollbracht hast.“
    Er war jedoch kein frommer Mann. Er war einfach nur froh, daß er noch am Leben war und daß Liz in dieses Leben wieder eingeschlossen war. Er schaute auf die Rundung ihres Bauchs. Unter dem Kartoffelsack, unter der Haut war sein absolutes Testament – eine eifrige kleine Zellkolonie, die eines Tages die Kühnheit besitzen würde, sich menschlich zu nennen.
    Was machte es schon, wer der Vater war? Das konnte nur ein Vater in einem engen biologischen Sinn sein. Wie die albernen Tatsachen auch

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