Stille Gefahr #2
davon überzeugt, dass Nia nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. Wenn sie ihnen nun hinterherfuhr, würde das die Sache wahrscheinlich nicht unbedingt besser machen, richtig?
Seufzend machte sie einen Schulterblick und fuhr los.
Ein Auto kam von hinten angerast, Bremsen quietschten, jemand hupte. Nia setzte einen Fuß ab, drehte sich um und funkelte den Fahrer wütend an.
Durch die Windschutzscheibe des unauffälligen, hellblauen Wagens hindurch konnte sie sein Gesicht erkennen. Es war recht kantig. Zudem hatte der Mann eine rötliche Haut und kurze, weißblonde Haare. Wutentbrannt blickte er sie an.
Aus dem Weg! Die Botschaft war eindeutig.
Doch Nia war noch ziemlich wütend auf sich selbst und die Welt im Allgemeinen und streitsüchtig obendrein. Also schob sie sich die Sonnenbrille auf die Nasenspitze, schaute den Fahrer über den Rand hinweg an und hielt seinem Blick stand.
Zwing mich doch!
Für eine Weile starrten sie sich an.
Schließlich blinzelte er, und sie drehte sich wieder um.
»Arschloch«, brummte sie.
Beim Umrunden des Marktplatzes fuhr sie absichtlich etwas langsamer als erlaubt war. Im dichten Mittagsverkehr konnte er sie nicht überholen, und sie musste grinsen, als er dicht auffuhr.
Himmel, wenn er glaubte, sie damit ärgern zu können, zeigte das nur seine Ahnungslosigkeit darüber, was sie in letzter Zeit durchgemacht hatte. Kurz vor dem Büro des Sheriffs bremste sie auf Schritttempo ab und bog erst in allerletzter Sekunde auf den Parkplatz. Als der Typ an ihr vorbeiraste, zeigte sie ihm den Stinkefinger und merkte sich das Kennzeichen sowie den Namen der Autovermietung, der auf einem Aufkleber stand.
Blöde Schlampe , dachte Joe, während er an der Tussi auf dem Motorrad vorbeizog.
Eine Lesbe , beschloss er dann grinsend für sich selbst.
Eine von diesen beknackten Motorradlesben – sollte dringend mal flachgelegt werden.
Verdammt noch mal, nun hatte er Jennings und Hope verloren.
Wo zum Teufel waren sie bloß hin?
Nachdem sie das Inn verlassen hatten, war er davon ausgegangen, dass sie wieder zurück zu Reilly fahren würden. Aber dem war nicht so. Und nun hatte er keine Ahnung, wo sie sich gerade aufhielten, schließlich konnte er nicht einfach herumfahren und nach ihnen suchen.
Nicht hier. In so einer kleinen Stadt würde er nur auffallen.
Wobei ihm das ohnehin soeben passiert war.
Die Schlampe auf dem Motorrad hatte ihn bemerkt.
Sie war nicht von hier – zumindest nicht ihrem Kennzeichen nach zu urteilen, aber sie hatte vor dem Büro des Sheriffs angehalten, und das schmeckte ihm gar nicht.
Außerdem war ihm aufgefallen, wie sie ihm nachgeschaut hatte – gerade lange genug, um sich sein Nummernschild zu merken.
Verflucht!
Wohin waren sie nur verschwunden?
Hope saß am Küchentresen, drehte gedankenverloren ein Glas Wein zwischen den Händen und sah zu, wie Remy Gemüse schnibbelte. Es ging ihm mühelos von der Hand, als wäre er es gewohnt, oft zu kochen, statt einfach nur Spaghetti mit Fertigsoße zu essen.
»Schmeckt dir der Wein?«
Sie schaute aufs Glas hinunter. »Ähm …«
Remy grinste sie an. »Du findest es heraus, indem du mal einen Schluck nimmst.«
Sie schnitt eine Grimasse. Joey war zwei Jahre lang ein totaler Weinfanatiker gewesen, und auch wenn sie einige der Tropfen probiert und gemocht hatte, verabscheute sie diese trockenen roten Weine – die mit Wörtern wie eichig und lebendige Säure beschrieben wurden und die er bevorzugt getrunken hatte.
Sie betrachtete die blassrosa Flüssigkeit in ihrem Glas und trank einen winzigen Schluck davon.
Hope machte große Augen. Okay, bei Joey hatte kaum – Hör auf! Sofort! Hör einfach auf damit! Entschlossen, künftig nicht immer alles ständig damit zu vergleichen, wie es zu ihrer Zeit mit Joe war, nahm sie noch einen Schluck und genoss das leichte, fruchtige Aroma. »Was ist das?«
»Das ist ein Rosé von einer Winzerei aus der Gegend. Ich kenne die Besitzer und kaufe das Zeug kistenweise.« Er hob eine Augenbraue. »Schmeckt’s dir?«
»Ja.« Sie war versucht, das Glas in einem Zug zu leeren, aber sie wusste nicht genau, was das mit ihrem Kopf anstellen würde. Es war lange, lange her, dass sie etwas getrunken hatte …
Unvermittelt setzte sie das Glas ab.
Sie fühlte sich, als würde sich eine bleierne Last auf ihre Schultern senken, und ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Du lieber Gott …
Den einen Augenblick war sie mit ihrer Aufmerksamkeit bei ihm und lächelte ihn an.
Im nächsten
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