Stille Gefahr #2
Moment wurde sie kreidebleich, ihr Blick verfinsterte sich und Furcht spiegelte sich in ihren Augen wider. Die inzwischen wohlbekannte Wut stieg in ihm auf, doch er ignorierte sie und legte das Messer beiseite.
Dann umrundete er den Tresen, stellte sich hinter sie und sagte leise ihren Namen.
»Hope?«
Sie erstarrte und schaute ihn mit glasigen Augen an.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Ich …«
Sie befeuchtete ihre Lippen und blickte wieder auf ihr Weinglas. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß nicht, ob ich das trinken sollte …«
Er schaute erst auf das Weinglas, dann zu ihr. »Warum nicht? Gibt es einen Grund, der dagegenspricht?«
Bleib ruhig und rational! Lass sie einfach erzählen.
»Einen Grund?«
Er strich ihr über den Rücken, rechnete jedoch fast schon damit, dass sie sich ihm entzog. Aber stattdessen baute sie Gegendruck auf, und als er noch näher trat, schmiegte sie sich schließlich an ihn und lehnte den Kopf gegen seine Brust. Sein Herz schlug wie wild, und er musste sich beherrschen, um nicht die Arme um sie zu legen. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass dies in der momentanen Situation nicht besonders hilfreich wäre. Aber, verdammt noch eins, er hätte sie am liebsten ganz fest an sich herangezogen.
»Ja, spricht denn etwas dagegen, dass du Wein trinkst? Wird dir davon schlecht oder so?« Doch das konnte es nicht sein. So viel war schon jetzt klar.
»Nein. Nein, das ist es nicht«, murmelte sie kopfschüttelnd. Dann setzte sie sich wieder auf und starrte wie gebannt auf das Weinglas, um schließlich zu ihm hoch zu sehen. »Du weißt doch Bescheid über meinen Exmann, oder?«
Atmen, Jennings! Atmen! Sie kann es nicht gebrauchen, wenn du jetzt auch noch verärgert bist.
Also schluckte er seine Wut hinunter, und als er ihr über die Wange strich, zitterte seine Hand kein bisschen. »Ja, ich weiß Bescheid.«
»Als ich das erste Mal ernsthaft versuchte, von ihm wegzukommen, habe ich Alkohol und Medikamente genommen – ich wollte mich umbringen.« Sie blickte auf die Narben an ihren Handgelenken. »Normalerweise hätte ich so etwas nie und nimmer gemacht – ich kann nämlich kein Blut sehen. Aber der Wunsch, von ihm wegzukommen, war so groß, dass ich tatsächlich Selbstmord begehen wollte. Ich hatte Schlaftabletten, Antidepressiva, den ganzen Mist eben, den man verschrieben bekommt, wenn man unglücklich ist, obwohl man vor Freude überschäumen müsste … Also habe ich so viele Tabletten genommen, wie ich konnte, und sie mit Joeys bescheuerter Sammleredition von Maker’s-Mark-Whisky runtergespült. Ich durfte diese blöde Flasche eigentlich nicht mal anfassen, deshalb habe ich getrunken und getrunken, bis ich ohnmächtig geworden bin.«
Sie gab einen heiseren Laut irgendwo zwischen Lachen und Weinen von sich.
Dann presste sie sich plötzlich die Hand vor den Mund und wich von ihm zurück.
Remy fasste sie an den Schultern. »Tu das nicht«, sagte er leise. »Geh bitte nicht weg.«
»Hörst du nicht, was ich sage?« Torkelnd entriss sie sich seiner Berührung.
Remy begriff, dass es besser war, sie gehen zu lassen, und ließ sie los. Doch es tat weh, zusehen zu müssen, wie sie immer weiter auf Abstand zu ihm ging. Hope wirbelte zu ihm herum und schaute ihn mit ihren großen, dunklen Augen zornig an. »Kapierst du’s nicht?«, fauchte sie ihn an. »Ich bin total kaputt, wollte mich sogar umbringen. Anstatt ihn einfach zu verlassen , habe ich versucht, Selbstmord zu begehen. Super Entscheidung, oder? Was zum Teufel stimmt nicht mit mir? Und was stimmt nicht mit dir? Warum willst du überhaupt etwas mit mir zu tun haben?«
»Du hast bei einem manipulativen Schwein festgesessen«, antwortete Remy, vergrub die Hände in den Hosentaschen und zwang sich dazu, sich nicht von der Stelle zu rühren. Sie brauchte gerade ihren Freiraum, das konnte er sehen. Auch wenn er trotzdem nichts lieber wollte, als zu ihr hinüberzugehen. »Wahrscheinlich hat er dich mit aller Macht davon zu überzeugen versucht, dass du nichts und niemanden außer ihm hättest. Warum solltest du also davon ausgehen, dass dir noch andere Möglichkeiten offenstanden? Außerdem hast du ihn doch letztlich trotzdem verlassen, oder?«
Sie schaute ihn einfach nur an. Ihre Augen waren immer noch ganz glasig, in ihrem Blick lag Panik.
Sie zitterte.
Ihr Anblick brach ihm fast das Herz. Schließlich ging er zu ihr und zog sie an sich, legte ihr einen Arm um die schmale Taille, während er mit der anderen Hand ihren
Weitere Kostenlose Bücher