Stille mein Sehnen
zum Beispiel. Ich gebe kein Geld für unnützen Luxus aus, wenn es woanders gebraucht wird.“
Faith war sprachlos. Für einen Familienmenschen hätte sie ihn nicht gehalten. Manchmal überschattete die Gier nach Sex alles. Man sah den Menschen dahinter nicht mehr. Luca nahm auf dem Fahrersitz Platz und sah sie unverwandt an. Sie wurde unruhig, wusste nichts auf seine Worte zu entgegnen. Seit Jahren hatte sie keine Familie mehr und keinen Gedanken daran verschwendet.
„Du musst mir sagen, wo ich dich hinfahren soll.“
„Oh, ja. Thames Street 8.“
Wenige Augenblicke später war Faith eingeschlafen. Immerzu musste er sie betrachten. Ihr Atem ging gleichmäßig und ruhig. Um ihre Lippen spielte ein sanftes Lächeln. Seit fünf Minuten stand er vor der eleganten Stadtvilla und sah sie an. Ihr rotes, fransiges Haar lag zerzaust auf ihren blassen Wangen.
Er fühlte sich in ihrer Nähe ruhig und ausgeglichen. Warum wusste er nicht. Statt diesen merkwürdigen Umstand zu hinterfragen, genoss er die Momente der Zufriedenheit.
„Faith“, flüsterte er und konnte sich nicht beherrschen, streichelte ihr sanft über die Wange. Ihre Haut fühlte sich warm und weich an – so unendlich weich.
„Hmmm“, brummte sie im Schlaf.
„Wir sind da. Wo hast du den Schlüssel?“
„Bill ist da. Er macht dir auf.“ Sie dämmerte bereits wieder weg.
Ein schmerzliches Brennen fuhr ihm in die Brust. Sie war mit Bill Pullman zusammen?
In diesem Moment öffnete sich die Haustür, und er kam auf den Wagen zu.
„Was ist mit ihr?“ Bills Ton klang scharf und feindselig.
„Sie ist eingeschlafen. Reg dich nicht auf.“
Luca stieg aus dem Wagen und wollte Faith aus dem Auto heben, doch Bill kam ihm zuvor. Das Brennen in der Brust wurde schlimmer, als er zusah, wie sie sich in dessen Arme schmiegte, seinen Nacken umarmte und seinen Hals küsste.
„Bleib bei mir. Ich will nicht, dass du gehst.“
Wie angewurzelt blieb Bill stehen und sah ihn mit Hass in den Augen an.
„Sei mir nicht böse, Luca, aber ich könnte es nicht ertragen, du und sie … in meinem Haus.“
„Schon gut, Bill. Ich kann sowieso nicht bleiben.“ Eine Weile sah er den Mann, der Faith in seinen Armen hielt, schweigend an. „Was ist zwischen euch?“
Luca glaubte bereits, Bill würde nicht antworten, da sagte dieser traurig: „Außer Sex ist nichts zwischen uns. Sie liebt mich nicht, sosehr ich es auch will. Ich kann ihr nicht geben, was sie sucht. Warum sie ausgerechnet auf Typen wie dich steht, werde ich nie verstehen. Lass dir versichert sein, Luca Jones, ich werde dich im Auge behalten, und solltest du ihr wehtun, bringe ich dich um.“
Luca lächelte boshaft.
„Ich meine nicht den Schmerz, nach dem sie süchtig ist. Wenn du ihr das Herz brichst, gnade dir Gott.“
Kapitel 6
„Guten Morgen, Mr. Jones.“
„Guten Morgen, Siena. Wie geht es ihr?“
„Es ist ein guter Tag, Mr. Jones. Heute Morgen hat sie mich sogar angelächelt.“
Gleichmütig folgte Luca der Krankenschwester zum Zimmer seiner Schwester. Siena meinte es gut, doch Grace lächelte immer. Das war noch kein Beweis, dass es ihr gut ging.
Ohne das Geringste von der Umgebung wahrzunehmen, saß Grace in einem Sessel am Fenster und starrte in den Park. Luca ergriff einen Stuhl und nahm neben ihr Platz.
„Hallo Grace.“
Sie bewegte sich nicht. Nichts ließ darauf schließen, dass sie ihn bemerkte. Ihr Atem ging weiterhin ruhig und gleichmäßig, und auch das abwesend wirkende Lächeln veränderte sich nicht.
Luca griff nach der kleinen Hand und bettete diese in seine. Grace war unendlich blass und abgemagert. Das graublonde Haar fiel ihr schlaff und glanzlos über die Schultern.
„Ich habe eine Frau kennengelernt“, begann er zu erzählen. „Ihr Name ist Faith. Sie hat kurzes rotes Haar und ganz dunkle Augen, und ihr Lächeln lässt mein Herz höherschlagen. Du wirst es nicht glauben, sie ist fast so groß wie ich. Wenn sie vor mir steht, will ich sie immerzu küssen.“ Er lächelte in sich hinein, wurde einen Augenblick später ernst.
„Sie hat Angst vor mir, obwohl sie nicht verbergen kann, dass sie dieselbe Anziehungskraft verspürt. Ich kann verstehen, dass sie mir nicht vertraut. Seit der Sache mit Steven … Ich bin unbeherrscht, wütend. Manchmal ist derart viel Hass in mir. Ich bin nicht mehr Herr meiner selbst. Du fehlst mir. Komm zu mir zurück.“ Er presste die kleine, kalte Hand an seine Stirn und schluckte all die unvergossenen Tränen hinunter.
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