Stille mein Sehnen
versuchte sie das Unbehagen mit flapsigen Worten zu überspielen.
„Hast du ein schlechtes Gewissen?“
„Warum sollte ich?“ Der Ton seiner Frage ließ sie aufhorchen.
„Ich hatte heute Nacht ein aufschlussreiches Gespräch mit einem guten Freund. Samuel Cather. Sagt dir der Name zufällig etwas?“
Natürlich kannte sie Cather. Er war Anwalt und Stammgast in ihrem New Yorker Club gewesen. „Warum ist dir meine Vergangenheit wichtig?“, fauchte sie. Ihr Herz raste, und ihre Hände wurden feucht.
„Du bist gut! Ich überlege, dir die Leitung meiner Bar anzubieten, sobald die zweite im ersten Stock fertig ist. Solltest du einen Club, der ausgesprochen erfolgreich lief, in den Sand gesetzt haben, muss ich das wissen. Lass mich nicht bereuen, auf meine innere Stimme gehört und dir vertraut zu haben.“
Faith fühlte sich geschmeichelt, obwohl ihr dieses Angebot nach einem Tag reichlich überstürzt schien. Dennoch war sie nicht bereit, vor Aidan ohne Weiteres ihr Leben auszubreiten.
„Das hatte nichts mit meinen geschäftlichen Fähigkeiten zu tun. Ich habe den falschen Leuten vertraut, und das wird mir kein weiteres Mal passieren.“
Aidans Blick bohrte sich in ihren. Seine Stimme war hart. „Warum hast du den Club verloren, Faith? Ich habe ein Recht darauf, die ganze Wahrheit zu hören.“
Das sah Faith anders. Sie focht einen inneren Kampf gegen ihren Stolz und die Müdigkeit, die von ihr Besitz ergriff. Es stand Aidan nicht zu, derart intime Fragen zu stellen, doch sie wollte bleiben dürfen. Der Job machte ihr zu viel Spaß, um ihn aufs Spiel zu setzen, und außerdem fehlte ihr für weitere Lügen die Kraft.
„Ich war dumm und glaubte, dass er mich liebt“, flüsterte sie. „Der Club lief super, und so habe ich für sein Restaurant gebürgt. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass er süchtig nach Nutten und Kokain ist. Er zog immer mehr Geld aus seinem Restaurant, beglich die Rechnungen nicht. Ich musste den Club verkaufen, um die Schulden zu bezahlen.“
„Was ist das mit Bill?“
„Ist das ein Verhör?“
„Antworte mir!“ Aidans Ton war schneidend und sein Blick unbarmherzig.
„Ich wohne bei ihm. Wir kennen uns seit Kindertagen. Er ist ein Freund.“
„Dir ist hoffentlich klar, was er für dich empfindet?“
„Ja, das ist mir klar. Deshalb wollte ich dich fragen, ob du jemanden weißt, der eine Wohnung für mich hat. Bleibe ich bei Bill, wird unsere Freundschaft keinen Bestand haben.“
Aidan nickte. „Ich werde mich umhören. Bill wird nie Frieden finden, wenn er sich nicht zu seinem Masochismus bekennt.“
„Wie bitte?“ Fassungslos starrte sie Aidan an.
„Das weißt du nicht? Faith, ich hätte dir mehr Menschenkenntnis zugetraut.“
„Ich kenne Bill viel länger als du. Er ist durch und durch Vanilla.“
„Glaub mir, das ist er nicht. Ich habe ihn oft im Club beobachtet. Er sieht gern zu und schämt sich dafür. Erregt ihn eine Session, rennt er voller Selbsthass davon.“ Aidan ließ sich vom Barhocker gleiten und drückte knurrend den Rücken durch. „Es steht uns nicht zu, über ihn zu urteilen. Er muss seinen Weg selbst gehen.“
„Das kann nicht sein. Du irrst dich! Wäre dem so, er würde längst …“ Faith hielt inne. Nein! Aidan hatte recht. Sollte das wahr sein, würde Bill eher zugrunde gehen, als sich dem zu stellen. Sie kannte seine Verachtung diesen Neigungen gegenüber.
„Aber … Mein Gott! Kannst du ihm nicht helfen?“
„Wie stellst du dir das vor? Soll ich ihn mir schnappen, anketten und auspeitschen?“
„Ein bisschen einfühlsamer könntest du durchaus vorgehen. Würdest du mit ihm reden? Bitte!“
„Hätte ich mal lieber meinen Mund gehalten! Ich glaube nicht, dass er sich auf ein Gespräch einlässt.“
Einen Moment standen sie sich schweigend gegenüber und hingen ihren Gedanken nach.
„Na los“, sagte Aidan nach einer Weile. „Lass uns nach Hause gehen. Es ist spät, und ich bin müde.“
Durcheinander folgte Faith ihm zur Tür. Die Session schien Tage her zu sein. Plötzlich fühlten sich der Club, die Erlebnisse der vergangenen Tage und die verwirrenden Neuigkeiten über Bill unwirklich an. Faith drehte sich um und ließ den Blick durch die Bar schweifen. Die schwarze Lackflügeltür stand offen. „Aidan?“
„Ja?“
„Danke, dass du mir den Job gegeben hast. Ich werde dich nicht enttäuschen, das verspreche ich.“
Er lächelte milde. „Solange du nicht noch mehr Geheimnisse hast, sehe ich keinen Anlass,
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