Stille mein Sehnen
derartige Ekstase versetzt, dass ich dachte, ich schwebe. Es ist ein unglaubliches Gefühl. Du hast nicht die leiseste Ahnung, wie überwältigend ein Orgasmus sein kann. Ich habe bei Karl die größte Erfüllung erlebt, und anschließend hat er mich in die tiefsten Abgründe gestürzt. Sechs Jahre lang habe ich danach enthaltsam gelebt. Ich kann und will nicht mehr auf die Auslebung meiner Wünsche verzichten. Damit wirst du dich abfinden müssen.“
Bill sprang auf, kniete sich vor sie und nahm ihre Hände in seine. Eindringlich sah er zu ihr auf. „Du musst dir helfen lassen, Faith. Deine Vergangenheit kannst du nicht selbst bewältigen, und erst recht nicht, solltest du dich in diesem Club weiterhin diesen Spielen ausliefern.“
Faith wusste kaum noch, wo ihr der Kopf stand. Dieser ständige Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart überforderte sie. „Ich fühle mich wohl im Club. Es ist für mich wichtig zu sehen, dass nicht alle Sadisten wie Karl sind. Den Mastern im Club kann ich vertrauen.“
„Diese Master können dir deine Vergangenheit nicht nehmen. Geh nicht mehr in diesen Club. Arbeite mit mir in der Praxis. Du brauchst diesen Job nicht.“
Sie konnte Bills Gedankengänge nicht mehr nachvollziehen. Worauf wollte er hinaus? „Die Arbeit im Club macht mir Spaß. Ich mag die Menschen dort. Du kennst meine Leidenschaft für Cocktails.“
„Du hast extra Krankenschwester gelernt, damit wir die Praxis gemeinsam führen können.“
„Nein, Bill! Du wolltest, dass ich bei dir bin, wir heiraten, eine Familie gründen und Kinder in die Welt setzen. Aber das ist dein Traum, nicht meiner.“
„Ich will das immer noch.“
Faith legte ihre Hand an seine Wange. Alle Wut war aus ihr verschwunden. Scheinbar hatte er bei der Session etwas begriffen. Hoffnungslosigkeit stand in seinen Augen. Dies war sein letzter verzweifelter Versuch, sie für sich zu gewinnen. „Das wird nicht funktionieren. Ich könnte dir nicht treu sein, und das würde dich zerstören.“ Faith beugte sich zu ihm und küsste ihn sanft auf die Wange. „Du wirst auf ewig einen Platz in meinem Herzen haben.“
Sie sah förmlich, wie ihm das Herz brach. Der Schmerz zerriss sie fast. Gab sie jetzt nach, würde er nie von ihr loskommen. Es tat unsagbar weh, so hart sein zu müssen. Sie stand auf, um ihn allein zu lassen. An der Tür drehte sie sich um. Bill hockte auf dem Boden und starrte den leeren Sessel an.
„Ich werde mir schnellstmöglich eine Wohnung suchen. Als Freund will ich dich nicht verlieren.“
Das Telefon riss Bill aus dem Schlaf. „Ja?“
„Bill, bist du das?“
„Wer ist da?“
„Aidan Ross hier. Kann ich Faith sprechen? Auf dem Handy erreiche ich sie nicht.“
Bill gab sich gar nicht erst die Mühe, sie zu suchen. Seit der Auseinandersetzung vorgestern Nachmittag waren sie sich aus dem Weg gegangen. Er wartete einen Moment, bis er sagte: „Tut mir leid, Aidan. Momentan finde ich sie nicht. Kann ich ihr was ausrichten?“
„Sag ihr bitte, dass sie um sieben Uhr im Club sein soll.“
„Mache ich!“
Bill wollte auflegen, als Aidans Stimme noch einmal ertönte. „Komm am Samstag um fünf Uhr morgens in den Club.“
„Ich weiß nicht, ob ich …“
„Das war keine Bitte. Du wirst da sein!“
Aidan legte auf, und Bill starrte fassungslos den Hörer an.
„Was bildet sich der Kerl ein?“, schnaubte er verächtlich. Sein Puls schlug höher, und sein Schwanz bauschte die Pyjamahose wie ein Zelt auf. Aidan hatte die Worte hart und bestimmend gesprochen. Selbstekel stieg in Bill auf. Ihm wurde schlecht. Er rannte ins Badezimmer und spuckte bittere Galle.
„Verdammter Mistkerl! Ich werde diesen scheiß Club niemals wieder betreten!“
Nachdem Bill geduscht und sich widerwillig Erleichterung verschafft hatte, zog er sich missmutig an. Seine Laune, seit dem Bruch mit Faith ohnehin miserabel, war auf dem Tiefpunkt. Was wollte Aidan von ihm? Ob Faith ihn angerufen und ihm von dem Streit erzählt hatte? Eigentlich konnte er sich das nicht vorstellen. Faith war nicht der Typ dafür, mit anderen über Gefühle zu sprechen. Oder vertraute sie Aidan so sehr? Früher wäre sie zu ihm gekommen, doch jetzt war er selbst der Streitpunkt. Wo würde Faith hingehen, um ihr Herz auszuschütten? Wer waren ihre Freunde? Außer ihm … Waren sie noch Freunde? Zitternd holte Bill Luft und stellte die Kaffeetasse sicherheitshalber auf dem Küchentresen ab. Er vermisste Faith. Dabei lag sie nur ein Stockwerk höher in
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