Stille mein Sehnen
stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Tut mir leid, Bill, aber ich muss zu ihm.“
„Ich fahre dich.“
„Das würdest du tun?“
„Selbstverständlich! In den letzten Tagen lernte ich einen völlig anderen Luca kennen. Vermutlich habe ich mich in mehr als meiner Sexualität geirrt.“
Faith wurde unruhiger, je näher sie Lucas Apartment kamen. „Ich will ihn nicht mögen, weißt du. Jeder Mann, den ich mochte, hat mir Unglück gebracht.“
„Liebe lässt sich nicht verhindern, Faith. Entweder sie ist da oder nicht.“
„Liebe? Was redest du da? Ich will ihm eine Freundin sein. Er war auch für mich da, als ich ihn brauchte.“
Faith sprang aus dem Wagen und sah durch das geöffnete Fenster. „Danke! Ich nehme mir nachher ein Taxi. Es tut mir leid, dass unser Essen so abrupt geendet hat.“
„Das holen wir nach. Wir sehen uns am Donnerstag.“
„Bis dann.“
Kapitel 13
Mit wild schlagendem Herzen drückte sie zum dritten Mal den Klingelknopf. Wo war er? Konnte es sein, dass er im Club am Umbau arbeitete? Energisch klopfte sie gegen die Tür. „Luca, bist du da?“, rief sie mit zitternder Stimme.
Ein raschelndes Geräusch ließ ihr das Herz bis in den Hals springen. Die Tür schwang auf. Luca stand vor ihr, in schwarzen Jeans, einem schwarzen Hemd und mit rot geweinten Augen. Man hätte glauben können, Grace wäre gestorben. Fragend starrte er Faith an. Sie sah deutlich, dass er nicht sprechen konnte. Seine Halsschlagadern traten bei jedem Schlucken hervor.
Ohne weiter darüber nachzudenken trat sie ein, schloss die Tür hinter sich und nahm ihn in die Arme. Minutenlang standen sie im Flur und Luca klammerte sich an ihr fest. Seine Stimme war nur ein Flüstern, als er fragte: „Warum bist du hier?“
Sie hob den Kopf und sah ihm lächelnd in die Augen. „Ich war mit Bill Essen. Er erzählte mir alles, und ich dachte, du brauchst mich vielleicht.“
„Und wie ich dich brauche, Faith. Es fühlt sich an, als hätte mir jemand das Herz aus der Brust gerissen. Ich habe keine Ahnung, wann ich sie wiedersehen werde.“
Sie küsste eine Träne von seiner Wange. „Erzähl mir von ihr. Warum ist sie so krank geworden?“
Faith begleitete Luca in ein gemütliches kleines Wohnzimmer. Er ließ sich aufs Sofa fallen, und sie wollte sich ihm gegenüber in einen Sessel setzen.
„Würdest du bitte zu mir kommen?“
Ohne zu zögern setzte sie sich auf seinen Schoß und legte ihm die Arme um den Hals. Luca verbarg das Gesicht an ihrer Schulter und sog ihren Duft in die Nase.
„Ich kann kaum glauben, dass du hier bist. Das muss ein Traum sein.“
Zärtlich streichelte sie ihm über das Haar. „Es ist keiner, ich bin für dich da, wie du es für mich warst. Erzähl mir von deiner Schwester.“
„Grace.“ Der Name war ein tiefes Seufzen. „Warum musste es so weit kommen? Ich habe sie im Stich gelassen. Sie hätte viel früher in eine psychiatrische Klinik gemusst, aber ich wollte sie nicht gehen lassen.“
Wortlos strich sie ihm übers Haar. Nichts, was sie sagen konnte, würde ihm die Schuldgefühle nehmen. Sie konnte nur hoffen, dass ihre Anwesenheit ihm die Traurigkeit nahm.
„Grace ist zehn Jahre jünger als ich. Sobald sie laufen konnte, ist sie mir nicht mehr von der Seite gewichen. Dafür habe ich sie gleichermaßen gehasst und geliebt. Es gab eine Zeit, in der konnte ich sie vor allem beschützen. Immer war ich für sie da, habe ihr Studium finanziert, ihr mit der Praxis geholfen, war Trauzeuge und der Pate ihrer Kinder. Auf einen Schlag war diese Welt verschwunden.“
Luca schwieg, presste sie fest an sich.
„Es war ein Albtraum! Wir hatten mit dem Barbecue begonnen, warteten nur auf Paul und die Kinder. Es war ein strahlend schöner Tag und wir wollten das erste erfolgreiche Jahr von Graces Praxis feiern. Wegen der Kinder musste sie das Medizinstudium abbrechen. Damit nicht alles umsonst war, hat sie eine physiotherapeutische Praxis eröffnet. Sie betreut Sportler nach einer OP. Da Grace jetzt fehlt, habe ich eine Therapeutin eingestellt. Die Praxis läuft gut und ist ausgebucht. Ich halte sie am Leben so gut ich kann.“
Faith hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Es fiel ihm offensichtlich schwer zu erzählen, was an diesem Tag geschehen war.
„Diesen Anruf werde ich nie vergessen. Ich sehe sie noch vor mir, wie sie den Hörer ans Ohr hält und ihr Lächeln zu einer Maske verkommt. Dieses Entsetzen in ihrem Gesicht – das werde ich mein Lebtag nicht vergessen. Ein
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