Stille meine Sehnsucht, Geliebter!
Die einzigartige Lage an der malerischen Steilküste bot einen spektakulären Blick auf das Mittelmeer und die farbenprächtige mediterrane Vegetation.
„Werden wir im selben Hotel wie damals übernachten?“, fragte sie stockend.
„Nein. Warum vertraust du mir nicht einfach und lässt dich überraschen?“
„Das versuche ich ja“, entgegnete sie leicht zerknirscht.
„Sehr gut.“
Cristiano verfiel wieder in sein geheimnisvolles Schweigen, während sie an der steil ins Meer abfallenden Felsküste entlangfuhren.
Das war Sizilien von seiner authentischsten Seite – die faszinierende Mischung aus Berglandschaft und Meer, gespickt mit unzähligen archäologischen Schätzen. Eingebettet in einem Hang konnten sie jetzt das Teatro Greco sehen, das antike Theater unmittelbar außerhalb von Taormina, welches eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Insel war.
Doch schon bald hatten sie den von ihr so geliebten Ort hinter sich gelassen und befuhren eine abgeschiedene Landstraße. Die Orangen- und Zitronenhaine füllten die Luft mit dem unverwechselbaren mediterranen Duft, und für einen Moment lang schloss Laurel die Augen und atmete nur tief ein und aus.
„Hast du den Schlüssel?“
Cristianos Stimme riss sie aus ihrer Versunkenheit. Laurel öffnete die Augen und starrte verwundert auf das riesige schmiedeeiserne Tor vor ihnen. „Der Schlüssel öffnet dieses Tor?“
„Probier es aus.“
Laurel stieg aus dem Cabrio aus und spürte mit einem Mal die brennende Hitze. Für die Reise ins neblige London hatte sie eine lange Jeans angezogen, und ohne die kühlende Fahrtbrise des Cabrios war es natürlich unerträglich heiß.
Trotz der wenig vertrauenerweckenden Rostschicht auf der Klinke glitt der Schlüssel problemlos ins Schloss. Doch bevor sie ihn umdrehen konnte, öffnete sich das Tor bereits automatisch.
Cristiano ließ langsam den Wagen neben sie rollen. „Ich muss gestehen, dass ich auf etwas modernen Komfort nicht verzichten wollte“, erklärte er mit einem entschuldigenden Lächeln. „Der Schlüssel hat also mehr symbolischen Charakter. Komm, spring wieder ins Auto. Es zu weit, um zu laufen.“
„Um wohin zu laufen?“, fragte Laurel neugierig, doch Cristiano blickte konzentriert auf den holprigen Sandweg, der durch schier endlose Reihen von Weinstöcken führte und sicherlich nicht für ein tief liegendes Auto gedacht war. „Wie du sehen kannst, muss hier noch einiges verbessert werden“, sagte er und lenkte den Wagen über eine letzte enge Kurve auf einen schattigen Vorplatz.
Laurel blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen, als sie das riesige Gebäude aus honigfarbenem Stein sah. „Ist das ein Schloss?“
„Willkommen im Castello di Vicario. Der östliche Teil des Gebäudes wurde im zwölften Jahrhundert als Kloster gebaut. Doch schon kurze Zeit nach der Fertigstellung schmiss ein sizilianischer Prinz, der den irdischen Freuden sehr zugetan war, die Mönche raus, um das Kloster zu seiner Sommerresidenz auszubauen und hier seine zahlreichen Geliebten unterzubringen.“ Cristiano lehnte sich entspannt zurück und ließ seinen Blick befriedigt über das castello schweifen. Eine purpurrote Bougainvillea rankte sich an dem alten Gemäuer hoch, während auf den Balkonen in aller Vielfalt und Farbenpracht Blumen und lokale Kräuter zusammengesetzt waren. „Aufgrund seines unglaublichen Panoramas und der völligen Abgeschiedenheit hat dieser Ort Künstler und Schriftsteller aus ganz Europa angezogen.“
„Und wer ist jetzt der Besitzer?“, fragte Laurel neugierig.
„Wir.“ Und als wäre dies die normalste Antwort der Welt, sprang Cristiano aus dem Wagen und begrüßte die zwei Dobermänner, die in diesem Moment um die Ecke gestürmt kamen.
Laurel stieß einen Freudenschrei aus. Das hatte Cristiano also mit dem „mehr als zuverlässigen Sicherheitsdienst“ gemeint. Keine Sekunde später kniete sie bereits im Staub und umarmte abwechselnd die schwanzwedelnden Hunde, die übermütig über sie herfielen.
Als sie und Cristiano geheiratet hatten, waren ihr die Leibwächter und die ganzen Sicherheitsvorkehrungen überflüssig und störend vorgekommen. Mit den Hunden hatten sie den idealen Kompromiss gefunden – sie waren die ständigen Begleiter auf ihren Erkundungsspaziergängen gewesen. Cristiano hatte sie mit seinem üblichen trockenen Humor Rambo und Terminator getauft.
Belustigt beobachtete Cristiano den Freudentanz, den Laurel und die Hunde aufführten. „Warum hast du
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