Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition)
Hubertus, während rechter Hand die Silhouette der Bad Dürrheimer Salztürme zu sehen war. »Ich meine natürlich über den Mord.«
Riesle nickte und wurde wieder ernst: »Also, es gibt nichts Neues. Die normalen Polizeiberichte von wegen: Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Und: keine heiße Spur. Einen Teufel werde ich tun, vorab die Rechercheergebnisse zu verbreiten. Das hebe ich mir für den Schluss auf. Das wird eine Megageschichte, Huby.«
Hubertus war wie immer der Vorsichtigere von beiden: »Meinst du nicht, wir sollten Kommissar Müller mal wieder anrufen? Oder wenigstens diesen Winterhalter? Der schien mir etwas zugänglicher.«
Klaus winkte ab: »Warum denn? Erst wenn wir was Entscheidendes wissen. Noch haben wir nur Verdachtsmomente, keine Beweise.«
Kurz darauf lenkte er den Wagen am Villinger Friedhof vorbei. »Ich setze dich in der Innenstadt ab. Sollte nämlich noch nach Schwenningen, meine Liebste abholen.«
»Darüber hätte ich jetzt gerne endlich mal genauere Informationen«, fiel Hubertus ein. Vor lauter Elke und Mord war dies wirklich in den Hintergrund gerückt. »Wohnt die denn auch in Schwenningen?«
»Ja, beim Uhrenmuseum«, bestätigte Riesle kurz. »Lass uns jetzt erst einmal zwei Tage Pause machen. An Heiligabend und am ersten Feiertag erreichst du eh niemanden, und am sechsundzwanzigsten treffen wir uns wieder im Bistro.«
Hubertus widersprach nicht. Verständlich, dass Klaus etwas Zeit mit seiner neuen Freundin verbringen wollte.
Und er?
Mal sehen.
9. STILLE NACHT
Heiligabend. Weihnachten, das Fest der Liebe, auf das sich Hubertus immer schon seit Oktober freute.
Dieses Jahr war das anders. Wenn nicht noch etwas Unvorhergesehenes passierte, würde es eine im wahrsten Sinne des Wortes stille Nacht werden.
Zwar hatte er Elke in ihrem Ein-Zimmer-Apartment mindestens fünf Mal auf den Anrufbeantworter gesprochen, sich für seinen Auftritt in der Rietstraße entschuldigt – »Wir Hummels sind nun mal impulsiv, Schatz« – und sie gebeten, baldmöglichst zurückzurufen, doch bislang war ihr Rückruf ausgeblieben. Dabei ließ er sein Handy mittlerweile sogar nachts an, weil er hoffte, vielleicht würde sich Elke, von weihnachtlicher Einsamkeit übermannt, bei ihm melden.
Elke wohnte mittlerweile im Stadtbezirk Marbach in einem der Hochhäuser des Terra-Wohnparks, die dreieckig über den kleinen Ort ragten.
Ihre Telefonnummer hatte er von Martina.
Er versuchte es ein letztes Mal, wie er sich einredete, doch wieder meldete sich der Anrufbeantworter – und der sagte etwas, was ihm die vergangenen Male auch schon negativ aufgefallen war: »Hier ist Elke Riegger.«
Riegger.
Ihr Mädchenname. Es versetzte ihm einen Stich.
»Elke, wenn du da bist, dann nimm bitte ab«, rief er in den Hörer.
Nichts.
»Elke, ich weiß, dass du da bist.« Schweigen.
Er legte auf.
Verdammt. Wo sie wohl stecken mochte? Bitte nicht bei Anwalt Bröse oder bei diesem Stadtrat Schulz …
Den späten Vormittag verbrachte Hummel damit, etwas Ordnung im Haus zu schaffen. Genauer gesagt: Er entdeckte im Schlafzimmer in einer Kiste einige persönliche Sachen von Elke, darunter auch Briefe, die sie sich gegenseitig geschrieben hatten. Er konnte sich kaum davon losreißen.
Eher widerwillig packte er den Weihnachtsschmuck aus und behängte damit provisorisch die kleine Tanne, die er erstanden hatte. Elke war ganz eindeutig kreativer als er. Wehmütig erinnerte er sich daran, wie er manches Mal über die vielen Strohsternchen, Laternchen und Figürchen gelästert hatte, die Elke in irgendwelchen Volkshochschulkursen angefertigt hatte. Er strich ein Sternchen zwischen seinen Fingern glatt und hängte es ans Flurfenster, von dem aus man in den verschneiten Garten sehen konnte.
Wo war eigentlich Martina? Im vergangenen Jahr hatte er beschlossen, sich mehr um sie zu kümmern, doch jetzt überlagerten seine eigenen Probleme die Erziehung der Tochter.
Er seufzte.
Es war Zeit, sich auf den Weg in die Innenstadt zu machen.
Der munter fallende Schnee verstärkte seine Melancholie nur noch. In der Fußgängerzone brannten die Lichter der Weihnachtsbäume, die im stadteigenen, riesigen Wald gefällt worden waren. Es herrschte eine schöne, wenn auch etwas hektische Stimmung.
Hubertus kam es vor, als wären außer ihm nur Pärchen unterwegs. Nein, nicht nur, denn da kam ein einzelner Mann auf ihn zu.
»Herr Hummel, Sie haben sich gar nicht mehr bei uns gemeldet«, sagte Müller.
»Herr Kommissar!«,
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