Stille Seele (German Edition)
Tresen.
„Gute Laune heute Morgen?“
„Ja, aber ich verrate noch nicht, weshalb. Erst, wenn Julie und Stan hier sind. Ich habe sie angerufen!“
„Julie hat wieder bei dir geschlafen?“ William musterte Jakob ei ngehend und verzog beleidigt das Gesicht. „Ich verstehe einfach nicht, wieso ihr nicht bei mir im Haus wohnen könnt! Ich meine, es ist doch genug Platz für uns drei. Stattdessen gibst du lieber Geld für ein Motelzimmer aus und ihr lasst mich alleine versauern!“
„Ich könnte dir gute Gründe nennen, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass du die nicht hören wollen würdest!“
Jakob spürte den Luftzug, als William versuchte, ihn mit seinem Geschirrtuch zu schlagen. Klatschend traf er den Tresen und grinste enttäuscht. „Halt ja die Klappe!“
„Ihr seid ja schon wieder in Höchstform heute Morgen!“ Julie b etrat gefolgt von Stan die Bar und drückte Jakob im Vorbeigehen einen Kuss auf die Lippen.
„Ist ja gut jetzt!“ William wandte sich mit einem angewiderten Grinsen ab und schenkte vier Becher Kaffee ein. „Ach ja, Jay, deine Großmu tter hat angerufen. Sie wollte dich sprechen!“
„Ich weiß!“ Jakob schmunzelte. „Ich habe eben noch mit ihr telef oniert! Sie sagt, mein Vater springt immer noch im Dreieck, weil sie ihm nicht sagt, wo ich bin!“ Sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen traurig und amüsiert.
„Du solltest es ihnen sagen, Jakob!“ William musterte ihn strafend.
Diese Diskussion hatten sie schon etliche Male mit William geführt. Seine Position war klar und verständlich. Er war natürlich der Meinung, ein Vater sollte wissen, wo sich sein Sohn befindet. Jakob hatte eine ganz andere Meinung. Je weniger Menschen von seinem Aufenthaltsort wussten, umso besser, und gerade sein Vater, der einer der gesetzestreuesten Menschen war, die Jakob kannte, sollte nicht in Versuchung gebracht werden, dieses Wissen an die Behörden weiterzugeben. Es seiner Großmutter zu sagen, hatte ihn schon Überwindung gekostet, aber für seine Eltern, William und für sich selbst hatte er diesen Schritt gewagt. Jakob schüttelte den Kopf und sah flehend zu Julie hinüber.
Sie schaltete sofort, lächelte ihn zärtlich an und wechselte das Th ema. „Also, was gibt es denn so Wichtiges? Ich wollte noch ein paar Erledigungen machen!“ Julie nippte an ihrem Kaffee und kräuselte die Nase, als sie sich die Lippen verbrannte.
„Falls du die Softdrinks meinst, die habe ich schon geholt, und ich habe Casper mitgenommen. Sein Wagen ist kaputt und er wollte allen Ernstes zu Fuß in die Stadt, um ihn aus der Werkstatt abzuholen!“
Julie schüttelte lächelnd den Kopf. „Und wegen dieser bahnbrechenden Geschichte sollten wie alle herkommen?“
„Nein! Ihr solltet kommen, weil, taratata !“ Umständlich zog Jakob zwei scheckkartengroße Plastikkärtchen hervor. „Wenn ich vorstellen darf. Jakob Benjamin Atkins‘ Führerschein und Ausweis! Ich habe sie heute Morgen abgeholt! Duften noch ein wenig nach Druckerpresse, aber ich finde, sie wirken recht überzeugend!“ Mit einem Lachen legte er sie auf den Tresen und gab Julie einen stürmischen Kuss.
William zog anerkennend eine Augenbraue nach oben. „Wie viel musstest du dafür hinlegen?“
„Sagen wir mal, ich muss wieder etwas arbeiten, wenn ich nicht verhungern will. Zum Glück ist das Motel schon bis Ende des Monats bezahlt!“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich bin jetzt ziemlich pleite, aber das ist es wert!“ Zärtlich zog er Julie an sich heran und sog ihren vertrauten Geruch ein.
„Wenn du Geld brauchst, sagst du es!“ William sah ihn ernst an.
„Bleib locker, Will! Du weißt, warum wir im Motel wohnen. Ich lebe von Luft und Liebe!“ Diesmal traf das Handtuch sein Ziel und Jakob rieb sich die schmerzende Wange.
„Und Cas ist bei dir eingestiegen?“ Julie sah ihn zweifelnd an.
„Warum nicht? Er ist ein echt netter Typ und ich auch, wenn er dich nicht gerade bedrängt. Wir sind uns einfach zu einem falschen Zeitpunkt begegnet, aber ich glaube, mittlerweile hat er mir verziehen. Und hey, meine Entschuldigung war einsame Spitze! Wenn du nicht aufpasst, werden wir noch beste Freunde!“ Fröhlich pfeifend begann Jakob, einen Eimer mit Wasser zu füllen und die Tische abzuwischen.
25. Mai 2007, Sportplatz, Marble Hills
Jakobs Atem ging stoßweise und Schweiß rann ihm den Rücken hinab. Es war ein erbitterter Zweikampf zwischen ihm und Cas, den Jakob schließlich gewann.
„Ha!“ Der
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