Stille Seele (German Edition)
schlenderten.
26. Mai 2007, Gemeindezentrum Marble Hills, Selbstverteid igungstraining für Kinder
„Und Ben, sei artig und ärgere Julie und Jakob nicht!“ Bens Mutter strich ihm liebevoll die Haare aus der Stirn und beachtete Bens hal bherzige Versuche, sie abzuhalten, nicht. „Sie wissen gar nicht, wie dankbar wir Ihnen sind, dass Sie den Kindern Ihr Wissen weitergeben wollen. Nach dieser schrecklichen Sache mit James Bleker damals haben viele Eltern hier immer noch Angst, ihre Kinder auf die Straße zu schicken, auch, wenn es schon so viele Jahre her ist. Die Menschen vergessen zwar, aber die Angst verfliegt nie ganz.“
Jakob nickte freundlich, warf einen schnellen Blick zu Julie her über, aber sie schien den Kommentar von Bens Mutter über ihren Bruder nicht gehört zu haben.
„Also, Sportsfreund, dann wollen wir mal! Sag deiner Mom Goo dbye!“
„Bye, Mom!“
Jakob dirigierte Ben mit seiner Hand im Nacken zu der mit Matten ausgelegten Fläche in einem der größeren Räume des Zentrums. Ben erinnerte ihn an sich selbst als Kind. Er schien die Liebe seiner Eltern nur schwer annehmen zu können und seinen eigenen Weg zu suchen. Jakob hoffte, dass er sich dabei nicht selbst verlieren würde, wie es bei ihm der Fall gewesen war.
„Sie nervt manchmal so was von!“
„Sie liebt dich!“
„Hmmpf!“ Ben brachte seine Frisur wieder in das für ihn typische Chaos und stieß dabei die Luft aus seinen Lungen. In dem vergang enen Jahr, seitdem Jakob ihn kannte, war er von einem Kind zu einem schlaksigen Halbwüchsigen geworden, auch, wenn er gerade einmal neun Jahre alt war.
„Und du kannst echt kämpfen? So wie die im Fernsehen?“
Jakob nickte unbestimmt und versuchte, den Gedanken an die Zeit zu verdrängen, als er angefangen hatte, die Liebe seiner Eltern als unangenehm zu empfinden.
„Hat dir das dein Dad beigebracht?“
„Ich glaube, das kann man so nicht sagen!“ Er grinste schief. „Ich habe ihm nicht wirklich die Chance gegeben, obwohl er es wohl gekonnt hätte!“
Ben spielte gedankenverloren mit dem Bänzel seines Pullovers und kaute auf dessen Ende herum. „Mein Dad wohnt jetzt in der Nähe von Winnipeg. Er hat ‘ne neue Familie. Er würde es mir nicht beibringen wollen.“ Sein Blick verdüsterte sich. „Wahrscheinlich würde er es nicht einmal bemerken, wenn mich irgendjemand von der Straße fischt.“
„Du willst nicht hier sein?“
„Mom will, dass ich hier bin!“
„Und du nicht?“ Jakob musterte Ben, zog die Beine an seinen Körper und schlang seine Arme um die Knie.
„Es bringt Spaß mit dir und Julie!“ Er zuckte scheinbar gelangweilt die Achseln. „Ist schon okay! Wird bestimmt lustig!“
„Da bin ich ja froh!“ Jakob lachte leise. „Julie und mir würde es nämlich auffallen, wenn dich einer mitnimmt, weil du nicht weißt, wie du ihm gegen das Schienbein treten musst!“
„Macht sie das wegen ihrem Bruder?“ Ben zeigte unbestimmt in J ulies Richtung.
Jakob wandte ihm verwundert den Kopf zu. „Woher weißt du d avon? Du hast ihn nicht gekannt!“
„Meine Mom hat mir davon erzählt. Eine ihrer Taktiken, um mich davon zu überzeugen, heute hierher zu kommen. James Bleker und der schwarze Mann! Das erzählt man hier seinen Kindern, sobald sie alt genug sind, um allein loszugehen!“ Er verzog genervt das Gesicht.
„Also, dann sorgen wir mal dafür, dass sich so etwas nicht wiederholt. Auf jeden Fall nicht hier in Marble Hills!“
29. Mai 2007, Marble Hills, Supermarktparkplatz
„Na, meine Schöne! Wer genau hat dich geärgert? Ich könnte ihm bestimmt den Hintern versohlen.“ Jakob war hinter Julie aufgetaucht und küsste sie erst auf den Nacken und dann auf die Wange, während er versuchte, auf dem Weg zu ihrem Auto mit ihr Schrittzuhalten. Obwohl sie abweisend wirkte und ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammengekniffen waren, öffnete er ihr zuvorkommend den Kofferraum.
Sie verdrehte die Augen und verstaute dann die vollen Einkaufst üten in dem Kofferraum ihres Wagens.
Mit einem Seufzen setzte er sich auf die Kante des Kofferraums und strich ihr zärtlich über den Oberarm. „Was ist los, Julie?“
Prustend schüttelte sie seine Hand ab und bedeutete ihm mit einer eindeutigen Geste aufzustehen, damit sie die Tür schließen konnte.
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