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Stille Seele (German Edition)

Stille Seele (German Edition)

Titel: Stille Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Lastella
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betont missbilligend zu Stan herüber und widmete sich dann eben neu eingetroffenen Gästen. Mit einer freundlichen Vertrautheit schüttelte er Hände und wartete nicht, bis die Gäste bestellten, sondern begann bereits die Getränke in Gläser zu füllen. Die kleine Gruppe schien regelmäßig hierher zu kommen und William schien ihre Wünsche zu kennen. Auf jeden Fall war er vollständig damit beschäftigt, ein guter Gastgeber zu sein, und beachtete Jakob nicht weiter.
    Dann also los. Wenn er wirklich bleiben wollte, wenn auch nur s olange seine erfundene Geschichte es zuließ, musste er heute Abend bestehen. Mit einem Ächzen schulterte Jakob das erste Fass und trug es über die Veranda zu dem grauen Pickup. Seitlich prangte in geschwungenen Buchstaben die Aufschrift: Blekers Pub, Bar and Restaurant – A familiar place to drink, eat and feel safe and secure. Nachdem Jakob das Fass auf der Ladefläche abgestellt hatte, rieb er sich die schmerzende Schulter und nahm die Worte in sich auf. Es stimmte, dieser Ort war tatsächlich ein Ort, an dem man sich von Freunden umgeben und geborgen fühlte. Selbst ihm ging es so, und er kannte diese Menschen gerade einmal eine halbe Stunde. William hatte ihm seinen Wagen gegeben, obwohl er praktisch nichts von ihm wusste, und ihm die Belieferung anvertraut. Wüsste er, wie ich wirklich bin …! In Gedanken verbesserte Jakob sich verärgert. War, wie ich wirklich war, dann würde er das mit Sicherheit nicht tun.
    „Na, machst du schon schlapp?“ William stand in der Tür und mu sterte ihn lächelnd. Sein Blick fiel auf Jakobs Schulter, die er noch immer knetete. Sofort ließ Jakob die Hand sinken und schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe mir nur Ihren Wagen angesehen. Mir fehlt nichts. Ich werde mich lieber beeilen.“ Mit diesen Worten ging er an William vorbei und schulterte drinnen angekommen das nächste Fass. Wenig später hatte er alle Getränke auf dem Pickup verstaut und betrachtete zufrieden sein Werk. Dann wandte er sich um und lief ein letztes Mal zurück in den Pub. „Soll noch irgendetwas mit zum Festplatz oder war es das?“
    William lachte tief in sich hinein. „Nein, das war‘s, aber kannst du mir mal verraten, warum du nicht die Sackkarre genommen hast?“ Jetzt lachte er schallend und deutete auf eine unscheinbare Sackkarre, die im Lagerraum an der rückwärtigen Wand lehnte.
    „Du hast nichts …!“ Jakob machte eine unbeholfene Geste und löste damit einen weiteren Lachanfall bei William aus. Auch Stan grinste breit, versuchte dies aber zu verbergen, indem er sein Glas leerte. Resigniert stieß Jakob die Luft aus und wiederholte leise: „Du hast nichts gesagt!“ Er versuchte mit aller Kraft, seinen Ärger zu unterdrücken und freundlich zu bleiben.
    „Sei mir nicht böse, aber du hast gesagt, ich soll dich testen.“ Wi lliam kicherte in sich hinein und sah dabei total albern aus, wie Jakob grimmig feststellte. „Also den Muskeltest hast du schon mal bestanden, mit dem IQ …“ Er wiegte seinen Kopf zweifelnd hin und her. „Mit dem IQ bin ich mir noch nicht so sicher!“
    Wenn William nicht sofort aufhörte, würde er Gefahr laufen, sich eine einzufangen. Prustend stieß Jakob die Luft aus seinen Lungen und ließ ihn einfach stehen. Er hatte sich geschworen, ein anderer Mensch zu werden – ein besserer, und das würde ihm wohl kaum gelingen, wenn er seinen schwer zu kontrollierenden Aggressionen nachgab und bei erstbester Gelegenheit zuschlug. Während er den Motor startete und auf Stan wartete, schluckte er seinen Ärger h inunter und versuchte, sich zu beruhigen.
     
    „Hey, wo sollen die hier hin?“ Ächzend stellte Jakob das Fass auf dem Boden ab und versuchte den Schmerz, der von seiner alten Wunde ausgehend durch seine Schulter pulsierte, zu ignorieren. Auf seinem Weg über den gut gefüllten Festplatz hatte Stan ihn begleitet und ihm den Weg gewiesen. Jetzt war er allerdings im allgemeinen Getümmel verschwunden, nicht ohne Jakob an sein Versprechen, ihn später zu fahren, zu erinnern. Jakob hatte genickt und stand jetzt neben dem Stand der Blekers. Williams Tochter stand mit dem Rücken zu ihm am anderen Ende des Tresens. Sie war dabei, die riesige Menschenmenge vor dem Stand mit Getränken zu versorgen. Als sie sich umdrehte, sah Jakob in ein hübsches, ebenmäßiges Gesicht. Ein freches, selbstbewusstes Funkeln in den schokoladenbraunen Augen brachte es zum Leuchten und gab ihm Tiefe. Ihr dichtes, dunkles Haar fiel in Wellen bis auf

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